Mindelheimer Zeitung

Dietl kommt a bisserl später

Kultur Die Enthüllung der Statue des Kultregiss­eurs wird verschoben. Warum dem Schöpfer das ganz recht ist

- VON CHRISTOF PAULUS UND MARIA HEINRICH

München Als es mit Helmut Dietl zu Ende ging, stand er noch schnell Modell. Bildhauer Nikolai Tregor erinnert sich genau an den Blick, den Dietl ihm ein halbes Jahr vor seinem Tod vor fast genau fünf Jahren auf der Straße zugeworfen hat. Tregor und der Regisseur hätten sich jahrzehnte­lang vom Sehen gekannt, sagt der Bildhauer. Dietl habe gewusst, dass er modelliert wird, und er habe gewusst, dass er von ihm modelliert wird, ist Tregor sicher. „Und mit seinem Blick hat er mir gesagt: So will ich aussehen.“

Eigentlich hätte die Statue schon fertig sein sollen, Ende April war vorgesehen, sie zu enthüllen. Doch wegen der Corona-Pandemie verschiebt sich dieser Termin um voraussich­tlich einen Monat, sagt Tregor. So hatte er mehr Zeit, um an der Figur zu arbeiten – und die hat Tregor sich auch genommen.

Seine Auftraggeb­er, Sponsoren und Angehörige Dietls seien schon mehrfach bei ihm gewesen, um seine Arbeit abzunehmen. „Sie waren begeistert“, sagt Tregor. „Aber ich war es noch nicht.“Schon vor einem

Monat wollte er mit den Arbeiten am Kopf fertig sein – doch Tregor ist eitel. „Meine Hybris hat die Arbeiten verlängert“, sagt er. Bis vor wenigen Tagen arbeitete er schließlic­h noch an Dietls Kopf.

Ende Mai also plant Tregor jetzt die Enthüllung seines Werks an der Münchner Freiheit. Ihren Platz finden soll sie dort vor dem gleichnami­gen Café, an dem Tisch, an dem bereits eine Statue von Monaco Franze steht – Dietls berühmtest­er Kunstfigur, gespielt von Helmut Fischer. Die sitzt derzeit allein an einem schiefen Tisch, eine Besonderhe­it, die sich auflösen soll, wenn Dietls Statue sich hinzugesel­lt: Tregor will den Eindruck erwecken, dass Dietls Fuß den Tisch leicht zum Kippen bringt.

Eine Inschrift soll auf Dietls Statue stehen, ein Ausspruch, den Tregors Vater zu seiner Begleitung in einem New Yorker Hotel gesagt haben soll: „I check the lobby first.“Zuerst habe er in der Hotellobby nach Frauen Ausschau halten wollen – was auch für Dietl typisch gewesen wäre. Und für den Monaco Franze, dessen Statue am gleichen Tisch ebenfalls Tregor gefertigt hat, freilich genauso.

Als Frauenheld, so will Tregor seine Figur darstellen, in Blick und Haltung soll das zum Ausdruck kommen. Zudem will er Dietls Charakter

so treffen, wie er häufig beschriebe­n wird: spöttisch, lächelnd und immer ein wenig griesgrämi­g. Jetzt, wo der Kopf fertig ist, arbeitet Tregor noch am Körper der Figur. „Das ist leicht“, sagt er. Der Bildhauer formt die Figur aus Ton, aus der dann eine Form erstellt wird, in die flüssiges Bronze gegossen wird.

Dass Bildhauer Nikolai Tregor die Figur tatsächlic­h anfertigen würde, war lange Zeit ungewiss. Als bekannt wurde, dass der Künstler angeblich Probleme mit Unterhalts­zahlungen hatte, entzog die Stadt München ihm den Auftrag für fas Werk. Nach langem Hin und Her stimmte der Kulturauss­chuss des Stadtrats dann doch der Errichtung des Denkmals zu. Eine Privatinit­iative finanziert das Projekt mit Spenden.

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Foto: Nikolai Tregor

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