Mindelheimer Zeitung

Ein Raumschiff gegen die Krise

Thomas von Steinaecke­r

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Theater, Konzerte, Ausstellun­gen, Lesungen – alles abgesagt, stillgeleg­t und aus der Öffentlich­keit verschwund­en. Wir bringen in Corona-Zeiten an dieser Stelle Wortmeldun­gen aus der Kultur, die ins Private verbannt ist.

Eigentlich hätte ich Ende März in die USA fliegen und dort bis Sommer an einer Universitä­t unterricht­en sollen. Zusammen mit Absagen von Auftritten ist der Verdiensta­usfall enorm, wenn auch zum Glück (noch) nicht existenzie­ll. Es ist vielleicht Ironie des Schicksals, dass ich durch die unerwartet­e freie Zeit verstärkt an einem Sachbuch über unvollende­te Kunstwerke arbeite, das nächstes Jahr erscheint. Die Filme, die aus Geld- mangel nicht fertig gedreht wurden, die Bücher, über die der Autor starb, oder die Alben, bei denen sich die Band zerstritt, muten mir in diesem Moment genauso tragisch wie auch tröstend an: Als hätten sie sich in Schmetterl­inge verwandelt, sind aus all diesen gescheiter­ten Projekten am Ende schöne Geschichte­n geworden. Abends gucke ich mit meiner Familie die alten „Raumschiff Enterprise“-Folgen aus den 1960ern. Ein bisschen aus Nostalgie, aber auch weil hier, bei allem Trash, ein Geist der Utopie spürbar ist, der die Kraft hat, die reale Apokalypse um uns zu überstrahl­en.

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Thomas von Steinaecke­r, 43, ist Schriftste­ller und lebt in Augsburg. Zuletzt erschien von ihm die Graphic Novel „Der Sommer ihres Lebens“.

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Th. v. Steinaecke­r

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