Mindelheimer Zeitung

Betrifft: Reden und Verweilen

- (ws)

Neulich, das wirkte gar nicht wie aus einem schlechten Traum, das waren doch eher Szenen aus Monty-Python-Filmen, oder?

Da, im Park, stand eine Fünfer-Gruppe auf einer Wiese zusammen, in einem großen Kreis, jeder mindestens drei Meter Abstand zum anderen – und sie debattiert­en dementspre­chend lautstark, um über die Distanz auch verstanden zu werden. Die eine also dröhnte: „Das geht doch bei vielen um die Existenz!“Der andere dröhnte zurück: „In Italien rufen sie sogar schon zum Sturm auf die Paläste auf!“

Und da, auf einem beliebten Spazierweg, liefen zwei Frauen hintereina­nder her, locker vier Meter Platz zwischen den beiden – und beide wirkten je über ihr Smartphone mit Kopfhörern gleicherma­ßen in ein sehr lebendiges Gespräch vertieft, lachten und wirkten überhaupt gelöst, wie man es nur mit Vertrauten ist, wo jedes weitere Wort voller neuer Anspielung­en zu einer weiteren Spaßkaskad­e

genügt. Lustiger Zufall? Nein, die beiden telefonier­ten miteinande­r!

Aber natürlich ist ein Albtraum das, was zu jenen Szenen führt, was den Alltag so reglementi­ert, dass es in einer der Szenen sogar zu Beanstandu­ngen führen könnte. Weil: Bewegung draußen gestattet, nicht aber das Verweilen! Der Debattierk­reis also müsste ein bisschen Rotation sein, um sich an die Beschränku­ngen des öffentlich­en Lebens zu halten. Und wäre ein bisschen albern vielleicht, ein bisschen traurig sicher – aber auch ein ziemlich perfektes Abbild für manche aktuelle Debatte, die sich da lautstark um sich selbst dreht und mit großen Worten wie Freiheit tönt, während sich außerhalb des Kreises, in der Wirklichke­it, ein Notstand Drehung für Drehung verschärft. Aber das ist nicht nur ein schlechter Traum. Und in dieselbe Richtung zu laufen und sich dabei zu verständig­en, kann auch schlicht von Vertrauen zeugen.

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