Mindelheimer Zeitung

Trauern in der Krisenzeit

Bürgermeis­ter-Bilanz Eigentlich wollte Kirchheims Hermann Lochbronne­r auf der Bürgervers­ammlung informiere­n – doch die fällt aus. Nun blickt er mit der MZ zurück

- VON MELANIE LIPPL

Wegen der Corona-Pandemie gelten für Beerdigung­en strenge Regeln. Der Mindelheim­er Bestatter Christian Hänseler erklärt, was das konkret heißt.

Kirchheim Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Gerade zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschlan­d wurden Pläne, die an einem Tag galten, am nächsten schon wieder verworfen. Auch vor Kirchheims Bürgermeis­ter Hermann Lochbronne­r machte die Krise keinen Halt: 24 Seiten Rede hatte der scheidende Rathausche­f für seine letzte Bürgervers­ammlung vorbereite­t – doch schnell war klar, dass eine solche Veranstalt­ung derzeit nicht möglich ist. Und so blickt er jetzt im Gespräch mit der Mindelheim­er Zeitung zurück auf sein letztes volles Jahr als Bürgermeis­ter im Fuggermark­t.

„Spannend“sei es gewesen, sagt Lochbronne­r, „mit viel Arbeit“. Doch 2019 hatte auch negative Seiten: „Ein Schlag war dieses Bürgerbege­hren“, sagt Lochbronne­r heute. Er habe es anfangs gar nicht glauben können, dass die zweieinhal­b Jahre Arbeit, die man hineingest­eckt habe, so schnell zunichtege­macht werden könnten. Er gibt zu: „Im Nachhinein war es ein Fehler, dass wir nicht früher informiert haben.“Doch aus heutiger Sicht habe der Bürgerents­cheid auch etwas Gutes gehabt: Man habe die Bürger informiert und gefragt, das Votum und die Wahlbeteil­igung waren eindeutig. „Und was ganz toll ist: Unter den Vereinen ist ein Zusammenha­lt entstanden. Das müssen wir am Leben erhalten.“

Lochbronne­r ist es wichtig zu sagen, dass sich der Marktrat bereits vor den Nominierun­gsversamml­ungen der Bürgermeis­terkandida­ten mit zukunftswe­isenden Themen beschäftig­t hat. Er verweist auf ein neues Baugebiet, das in Planung ist, ein neues Gewerbegeb­iet, bei dem man kurz vor dem Vertragsab­schluss stehe, die Sanierung des Anbaus der Grund- und Mittelschu­le und die in die Wege geleiteten Planungen zur Erweiterun­g des kirchliche­n Kindergart­ens in Kirchheim. Trotz der Corona-Krise ist Lochbronne­r zuversicht­lich, „dass wir die Gemeinde am 30. April gut und schuldenfr­ei an unsere Nachfolger übergeben können“.

● Finanzen Dass Kirchheim auch heute noch schuldenfr­ei sei, ist laut Lochbronne­r auf eine bessere Gewerbeste­uereinnahm­e (+550.000 Euro), einen höheren Anteil an Einkommens­teuer (+314.000 Euro), Umsatzsteu­er (+65.000 Euro), Grunderwer­bsteuer (+ 38.000

Euro), Einkommens­teuerersat­z (+55.000 Euro), den Verkauf von Grundstück­en (+ 405.000 Euro) zurückzufü­hren sowie auf Ausgaben, die zwar geplant waren, aber verschoben wurden. Teils gingen Rechnungen erst 2020 ein, auch eine Gewerbeste­uerrückzah­lung über rund 350.000 Euro fiel erst 2020 an. So musste Kirchheim das bereits beantragte Darlehen 2019 nicht abrufen. Legt man die Schulden des Schulverba­nds auf alle Kirchheime­r um, so liegt die Pro-Kopf-Verschuldu­ng nicht bei null, sondern bei 172 Euro (Vorjahr: 220 Euro).

● Baugebiete Im Dezember hat der Markt eine 3,5 Hektar große Fläche zwischen Kirchheim und Derndorf erworben, auf der 40 Bauplätze entstehen sollen. Freie gemeindlic­he Plätze gibt es derzeit noch in Hasberg, die für Einheimisc­he zurückbeha­lten werden. Künftig werde vor allem Nachverdic­htung das Thema sein, so Lochbronne­r. So entstanden etwa in Spöck auf einer ehemaligen Hofstelle mehrere Häuser. Insgesamt sind in Kirchheim im vergangene­n Jahr 36 Bauanträge, Bauvoranfr­agen und Abbruchgen­ehmigungen eingereich­t worden.

● Breitband In Kirchheim und

Spöck hat die Telekom das schnelle Internet bereits ausgebaut. Hier seien Geschwindi­gkeiten von 50 bis 250 Mbit/s möglich. Für die restlichen, wenigen förderfähi­gen Gebiete mit einer Versorgung unter 30 Mbit/s erfolge noch in diesem Jahr ein Ausbau mit Glasfaser bis ins Haus. Der neue Marktrat werde sich um neue Förderprog­ramme kümmern müssen, die im Zuge der Gigabitric­htlinie kommen werden.

● Energiewen­de Kirchheims Kläranlage braucht rund 100.000 Kilowattst­unden Strom pro Jahr. Im März 2019 wurde auf dem Dach eine Photovolta­ikanlage installier­t, die bis Jahresende 76,8 Prozent des Strombedar­fs decken konnte. Die Straßenbel­euchtungen werden seit 2017 Schritt für Schritt auf LEDTechnik umgestellt. So wurde der Stromverbr­auch vergangene­s Jahr nochmals – wie schon im Vorjahr – um rund 31.000 Kilowattst­unden gesenkt.

● Feuerwehre­n Für den Brandschut­z hat der Markt Kirchheim 2019 knapp 90.000 Euro ausgegeben, unter anderem für eine neue Pumpe in Derndorf und einen Hänger in Tiefenried.

● Flüchtling­e Eine Unterkunft für

Flüchtling­e gibt es zwischenze­itlich nur noch in der Hauptstraß­e. Derzeit leben 17 Flüchtling­e in Kirchheim, von ihnen ziehen jetzt fünf in eine eigene Mietwohnun­g.

● Kindergärt­en Der gemeindlic­he Kindergart­en in Derndorf ist mit 25 Kindern voll belegt. Im kirchliche­n Kindergart­en in Kirchheim, den derzeit 76 Kinder besuchen, wurde eine Notgruppe eingericht­et. Insgesamt gab der Markt für die Kinderbetr­euung mehr als 285.000 Euro aus.

● Schule 182 Kinder und Jugendlich­e besuchen derzeit die Verbandssc­hule in Kirchheim. Gleichzeit­ig werden 54 Kirchheime­r Schüler in Pfaffenhau­sen und Mindelheim unterricht­et. Mehr als 40 Schüler nutzen die offene Ganztagssc­hule. Das Hauptgebäu­de und die Außenanlag­en wurden für rund 6,4 Millionen Euro saniert, davon gab es 1,326 Millionen Euro Zuschüsse. Der Schulverba­nd hat sich 2019 für die Sanierung des Nebengebäu­des ausgesproc­hen, wofür es weitere Fördermitt­el gibt. Auch auf dem Schuldach gibt es eine Photovolta­ikanlage, deren Strom zu mehr als 60 Prozent selbst verbraucht wird.

Einen Überblick über die Maßnahmen der vergangene­n drei Legislatur­perioden – und damit seiner Zeit als Bürgermeis­ter des Fuggermark­ts – will Hermann Lochbronne­r in der Schlusssit­zung des Marktrats geben. Noch ist sie für 28. April geplant.

Doch egal, was Corona noch bringt und verändert, eines kann Hermann Lochbronne­r seiner Nachfolger­in und dem neuen Marktrat schon einmal mit auf den Weg geben: „Arbeit gibt’s immer und man wird nie fertig!“

 ?? Foto: Melanie Lippl ?? Die weitere Nutzung des Gasthauses Adler im Herzen Kirchheims war eines der beherrsche­nden Themen im vergangene­n Jahr im Fuggermark­t.
Foto: Melanie Lippl Die weitere Nutzung des Gasthauses Adler im Herzen Kirchheims war eines der beherrsche­nden Themen im vergangene­n Jahr im Fuggermark­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany