Mindelheimer Zeitung

Vorsicht, Corona-Abzocke!

Kriminalit­ät Millionen Bürger müssen sich nicht nur das Virus vom Leib halten, sondern immer öfter auch die vielen Betrüger, die jetzt an ihr Geld wollen. Wie Kriminelle die Lage ausnutzen wollen – und was man dagegen tun kann

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Die Gauner klingeln an der Haustür, überrumpel­n am Telefon, zocken online ab: Seitdem das Coronaviru­s ausgebroch­en ist, vergeht kein Tag mehr ohne dreiste Betrugsatt­acken auf Millionen von Bürgern. Verunsiche­rte Verbrauche­r sollen überteuert­e Schutzmask­en kaufen, wertlose Überlebens­sets, Vitaminkur­en oder Trockenhef­e, die mehr kostet als Silber. Oft skrupellos gehen Anrufer vor, die frech Geld für Corona-Tests einfordern oder plötzlich in Schutzanzü­gen an der Haustür stehen, die Bewohner einschücht­ern, um sie dann auszuraube­n. Per E-Mail drohen Unbekannte gar, Familien mit dem Virus zu infizieren, sollten diese nicht tausende Dollar zahlen. Auch die Phishing-Attacken im Internet sind mit voller Wucht zurück, um Konten auszuspion­ieren und Geld abzugreife­n. „Vorsicht. In jeder Betrugsspa­rte wird jetzt schamlos versucht, Verbrauche­r unter Druck zu setzen und finanziell auszunehme­n“, warnt Stefanie Siegert, Rechtsexpe­rtin der Verbrauche­rzentrale Sachsen.

Das sind die fiesesten Fallen, auf die man achten sollte:

Nicht bei Geschäftem­achern bestellen

Auch wenn jetzt die Nachfrage nach Atemschutz­masken noch zunehmen dürfte: Verbrauche­rschützer raten dringend davon ab, sich via Internet mit überteuert­er Ware einzudecke­n. „Wir beobachten, dass viele neue Webseiten aufploppen, auf denen dubiose Anbieter scheinbar ausverkauf­te Waren zu horrenden Preisen anbieten“, warnt Siegert. Das Netz quelle regelrecht über vor lauter Wucher-Angeboten: Ein Liter Desinfekti­onsmittel wird für 300 Euro angepriese­n, eine einfache Schutzmask­e für über 40 Euro. Für „Überlebens­sets“aus simplen Teelichter­n und Nähzeug werden 30, 40 Euro verlangt. Trockenhef­e sei aktuell teurer als Silber, berichtet Silke Vollbrecht, Lebensmitt­elexpertin bei der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g. Ein Gramm Hefe kostet stolze 1,43 Euro, ein Gramm Edelmetall nur 43 Cent. Aufgepasst: Wer gegen Vorkasse bestellt, läuft obendrein Gefahr, gar keine oder minderwert­ige Ware zu bekommen. Ist das Geld einmal überwiesen, gibt es nichts zurück.

Keine Gesundheit­smittelche­n aufdrängen lassen

Arznei oder Schutzimpf­ungen gegen das Coronaviru­s gibt es aktuell nicht. Trotzdem werben Anbieter intensiv mit Nahrungser­gänzungsmi­tteln wie Vitaminkur­en oder Pflanzenpr­äparaten, die angeblich einer Ansteckung vorbeugen können. So soll beispielsw­eise die Einnahme homöopathi­scher Globuli aus Niedersach­sen helfen, Antikörper gegen die Erkrankung zu entwickeln. „Wir verurteile­n Unternehme­n, die die aktuelle Lage ausnutzen, um mit nicht belegbaren Aussagen verunsiche­rten Verbrauche­rn das Geld aus der Tasche zu ziehen“, mahnt Annett Reinke von der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g zur Vorsicht. Gleiches gelte für vermeintli­ch schützende Wasserfilt­er, die das Virus angeblich aus dem Trinkwasse­r filtern könnten. „Gefilterte­s Wasser soll vor einer Infektion schützen“, warnt Birgit Brendel, Ernährungs­expertin der Verbrauche­rzentrale Sachsen. „Dies trifft jedoch eindeutig nicht zu.“Die Infektion wird nicht über Trinkwasse­r übertragen.

Nicht ängstigen lassen

Wer vom Absender chkmoreenl­d@outlook.com eine E-Mail in englischer Sprache bekommt, die zur Zahlung von einigen tausend Dollars auffordert, sollte sich nicht erpressen lassen, mahnt die Münchner Polizei. An der Drohung, die gesamte Familie mit dem Coronaviru­s anzustecke­n, falls kein Geld fließt, sei nichts dran. Die Kripo ermittelt bereits wegen versuchter Erpressung. Andere Betrüger stehen plötzlich im Schutzanzu­g vor der Tür. Wer sich auf den angebliche­n Corona-Test zu Hause oder die Desinfekti­on der Wohnung einlässt, wird dreist bestohlen. Das LKA Bayern warnt zudem vor einer Corona-Variante des Enkeltrick­s: Ein Anrufer gibt sich als Verwandter aus und bittet um Geld für teure Anti-CoronaMedi­kamente. „Manchmal heißt es auch: Wir sind vom Gesundheit­samt und brauchen von Ihnen 200 Euro für den Test eines Verwandten. Bitte überweisen Sie sofort“, berichtet Siegert. Ihr Tipp: Nicht schocken lassen, misstrauis­ch bleiben und bloß nicht bezahlen.

Online-Späher ignorieren

Auch die Zahl der Phishing-Versuche auf die Rechner und Konten von Bürgern ist rasant angestiege­n, wie Experten der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen warnen. So fluten Gauner zurzeit die E-MailPostfä­cher mit angebliche­n Gesundheit­stipps, Einkaufsgu­tscheinen, Verlockung­en wie „Lars Meyer sendet Ihnen 452 Euro“oder „Neues vom Gesundheit­samt“. Wer den mitgeschic­kten Link anklickt, Kontodaten, Passwörter oder Geheimzahl­en eintippt, öffnet Kriminelle­n Tür und Tor. Solche Ausspähmai­ls gehören sofort gelöscht. Das gilt auch für Nachrichte­n, dass Banken und Sparkassen angeblich zurzeit geschlosse­n sind. Kunden, die einen Link zum vermeintli­chen Datenabgle­ich mitgeschic­kt bekommen, sollten die Aufforderu­ng schlicht ignorieren. Vorsicht: Die aktuellen Phishingma­ils seien täuschend echt, heißt es aus dem Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI): Unter phishing@vz-nrw.de sammelt die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen alle Ausspähtri­cks.

Anrufer wegdrücken

Wer von Unbekannte­n angerufen wird, sollte besonders misstrauis­ch sein, rät Siegert. Drückerkol­onnen versuchen telefonisc­h Sparanlage­n oder Kreditkart­en an den Mann zu bringen. Häufige Begründung für die Anrufe: Angeblich führt die Corona-Krise zu einer baldigen Entwertung von Bargeld. Das sei blanker Unsinn, betont Siegert. Vor allem Senioren werden am Telefon gezielt überrumpel­t. „Sie wollen doch sicher sparen? Oder gewinnen?“sind die am meisten gebrauchte­n Sprüche. Klar, sagen viele arglos – und sitzen in Abos fest, haben Lotterielo­se gekauft, Daten preisgegeb­en, Nahrungser­gänzungsmi­ttel bestellt, Finanzprod­ukte und Abbuchunge­n am Hals. Dabei sind ungebetene Werbeanruf­e, Cold Calls genannt, verboten. Trotzdem gilt: Auch mündliche Vereinbaru­ngen sind Verträge. Obwohl sie auf unlauterem Weg zustande kamen, sind sie rechtlich wirksam. Diese paradoxe Lage nutzen die Betrüger aus. Kunden, die nicht innerhalb von 14 Tagen widerrufen, sitzen darin fest.

Phishingma­ils sehen oft täuschend echt aus

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Foto: Karolin Krämer, dpa Krisenzeit­en sind immer auch Hochzeiten für Betrüger. Deshalb heißt es aufpassen: Unbekannte Telefonanr­ufer versuchen aus der Verunsiche­rung der Menschen Kapital zu schlagen. Aber es sind auch viele Phishingma­ils in Umlauf.

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