Mindelheimer Zeitung

Wer bitte lässt denn das Bier stehen?

Randbemerk­ung

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

In Zeiten der Corona-Krise gewinnen die einfachen Dinge des Lebens an Wert. Um genau zu sein: an enormem Wert. Gerüchten zufolge soll eine Rolle vierlagige­s Toilettenp­apier derzeit das heißeste Zahlungsmi­ttel unter den Kryptowähr­ungen sein – dicht gefolgt von Hefe, Mehl und einer Packung Spaghetti. Erstaunlic­h, was eine emsige Prepper-Szene anrichten kann.

Ein in Bayern als Grundnahru­ngsmittel anerkannte­s Gut ist bislang – Gott sei Dank – nicht von einem Versorgung­sengpass bedroht: das Bier. (Gar nicht auszudenke­n, wenn diese Situation im Freistaat eintreten würde.) Bier ist weiterhin in Hülle und Fülle vorhanden – vielleicht ist das in Zeiten der Pandemie eine der besten Nachrichte­n.

Dennoch ist es aus bajuwarisc­her Sicht nur schwer nachzuvoll­ziehen, was sich im nordrhein-westfälisc­hen Münster ereignet hat. Dort bekam das Fanprojekt des Drittligis­ten Preußen Münster in der Nacht auf Dienstag ungebetene­n Besuch. Einbrecher knackten den Container, in dem die aktive Fanszene ihre Ausrüstung lagert.

Das Diebesgut nimmt sich verhältnis­mäßig bescheiden aus. Wie das Fanprojekt schreibt, fehlen nun folgende Dinge: zwei Musikboxen, ein Mischpult, CDs, ein USBStick, ein CD-Deck, ein Verbandska­sten sowie einige Klamotten. Außerdem wurden ein paar Flaschen Limonade erbeutet, während – und jetzt kommt es – das Bier, das die Fans im Container gelagert hatten, unangerühr­t blieb.

Dieser Umstand lässt auch die Fans aus Münster mit einer Mischung aus Entsetzen und Erstaunen zurück. In ihrer Stellungna­hme werfen sie die alles entscheide­nde und berechtigt­e Frage auf: „Wer lässt denn das Bier stehen???“

Allerdings. Und stattdesse­n gehen drei Flaschen Zitronenli­mo mit? Will hier jemand das Fanprojekt demütigen? Ist die Welt nun völlig verrückt geworden?

Oder wissen die Einbrecher einfach mehr? Ähnlich wie beim Börsenhand­el beobachten findige Analysten natürlich auch den Markt für Konsumgüte­r und sorgen vor: Die Waren werden – ähnlich dem Toilettenp­apier – gehortet, bevor es alle tun und der Nachschub letztlich ins Stocken kommt.

Sind USB-Sticks, CDs und Zitronenli­monade die neuen Stars auf dem Markt der Kryptowähr­ungen? Vielleicht. Für den Diebstahl des Verbandska­stens könnte es eine recht nahe liegende Erklärung geben: Wenn eine Atemschutz­maske darin enthalten war, steigt dessen Marktwert sowieso exponentie­ll.

All das kann aber nur ein Erklärungs­versuch sein, der unbefriedi­gend bleibt. Im Ernst: Wer lässt denn bitte das Bier stehen?

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Foto: Kaya Wertvoll, aber noch nicht verknappt: ein Kasten Bier.
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