„Jammern hilft uns nicht weiter“
Corona-Krise Egal, ob Blumen, Schmuck oder Kleidung: Den Bad Wörishofer Einzelhandel trifft es in diesen Wochen schwer. Und doch ist bei allen Sorgen auch ein kämpferischer Optimismus zu spüren
Bad Wörishofen Die Corona-Krise wird mehr und mehr zur Wirtschaftskrise. Die Folgen sind noch gar nicht abzusehen. Besonders hart trifft es die Tourismus-Branche sowie die kleinen und mittleren Unternehmen, die um ihre Existenz bangen. Wie auch in anderen Städten und Gemeinden schlagen auch die Einzelhändler in der Kneippstadt Alarm. Mit einem Quäntchen Optimismus kämpfen sie ums Überleben. Wie die Krise meistern, ist die Frage aller Fragen.
„Jammern hilft uns nicht weiter“lautet das Credo von Fritz Barth. Der Vorstand der „aktiven Einzelhändler“gibt seinen Kollegen die Richtung für ein zukunftsorientiertes Handeln vor. „Wer nach hinten schaut, kann bestenfalls Geschichte schreiben, wer nach vorne blickt, muss sich etwas einfallen lassen“, sagt er und informiert: „Wir Einzelhändler schlafen nicht, sondern haben bereits ein Marketingkonzept für nach der Schließzeit auf den Weg gebracht.“Einen deutlichen Umsatzrückgang und zurückhaltendes Kaufverhalten spürt Peter Kranz. Der Optikermeister hat seine vier Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und Corona-Soforthilfe beantragt. „Die Kunden kommen derzeit nur in Notfällen“, klagt er und verrät, dass er, um zu überleben, für seine Altersversorgung vorgesehene Gelder eingesetzt hat. Kranz ist sich bewusst: „Nach der Krise wie Phönix aus der Asche aufsteigen, das funktioniert nicht.“Sein Ziel ist es, möglichst schuldenfrei die schwierige Zeit zu überstehen.
Dass sie ihr Geschäft bald wieder öffnen darf, hofft Bärbel Nägele von Spielwaren Schnegg. „Das Ostergeschäft ist total eingebrochen“, lässt sie wissen und bemerkt: „Da ist unser Liefer-Service, über den man sich auf unserer Homepage informieren kann, nur ein Trostpflaster.“Ihren Salon dichtmachen musste auch Friseurmeisterin Alexandra Kotter. „Die Einnahmen sind weggebrochen und meine Mitarbeiter, zu denen ich telefonisch Kontakt halte, sitzen zu Hause“, beschreibt sie die Situation ihrer Branche. Kotter rechnet mit viel Arbeit und einem Ansturm nach Überwindung von Corona. „Dann sind bei
Frauen und Männern die Haare mächtig gewachsen und Schneiden tut Not“, ist sie sich sicher und erklärt: „Mein Team freut sich schon sehr darauf, die Kunden wieder schön machen zu können.“
Schon seit Jahren spürt Goldschmiedemeister Siegfried Unsin einen deutlichen Umsatzeinbruch bei Luxusgütern. „Der Markt ist gesättigt und Corona gibt uns den Rest“, bilanziert er und äußert Verständnis für zurückhaltendes Kaufverhalten. „Die Leute haben derzeit andere
Sorgen, als Klamotten und Schmuck zu kaufen.“Und was Unsin sehr bedauert. „In diesem Jahr gibt es von mir keine Osterattraktion in der Fußgängerzone, eine grandiose ’Osterküken-Schule’ öffnet erst 2021.“„Einfach fatal“findet Hubert Rudi Böser vom Modehaus „Ländle“, dass er sein Geschäft wegen Corona absperren musste. „Supermärkte dürfen jede Menge Klamotten verkaufen“ärgert er sich, und ist der Meinung: Gerechterweise sollte Einkaufen diszipliniert und geordnet und mit dem nötigen Sicherheitsabstand doch auch in einem Modegeschäft möglich sein. Böser äußert im Übrigen volles Verständnis für die Vorsorgemaßnahmen der Regierung. Auch für ihn ist Gesundheit das höchste Gut.
So sieht dies auch Ute Endler von „Mode-Exklusiv“. „Gesundheit ist wichtiger als Umsatz“, lautet ihre Losung. Zu ihren Kunden aus nah und fern hält sie telefonisch Kontakt und erfüllt wenn irgend möglich deren Wünsche. „Kunden-Bindung ist für mich das A und O“, erklärt sie. Um die Krise zu meistern, hat sie Corona-Soforthilfe beantragt, aber noch nicht bekommen. Auch ihre Miete muss sie weiter zahlen. „Eine mittlere Katastrophe“ist für Michaela Berger die Corona-Krise. „Man muss seine Rechnungen bezahlen, verdient aber nichts“, wirbt sie um Verständnis. Sie hofft, dass ihr die Kunden die Treue halten und hat sich um die große Auswahl von vorrätigen Schuhen zu verkaufen, etwas einfallen lassen. Wer etwas bestellt, das er sich in den Schaufenstern ausgesucht hat, wird beliefert und mit einem „Gute-LaunePaket“belohnt.
Dass große Einkaufszentren jede Menge Pflanzen und auch Schnittblumen verkaufen dürfen, sie ihr Geschäft aber schließen musste, findet Eva Specht „total ungerecht“. „Ein Großteil unserer Frühjahrsblumen ist bereits auf dem Kompost gelandet und verwelkt“, bedauert sie. „Warum ist es nicht möglich, dass wie bei Bäckern und Metzgern ein oder zwei Kunden nacheinander unseren Laden betreten können“, fragt sie sich. Die Gärtnerei Specht hat ebenfalls staatliche Finanzhilfe beantragt und hält den Laden mit einem Liefer-Service einigermaßen am Laufen.