Mindelheimer Zeitung

Bauern fürchten Preisrutsc­h

Corona Milch und Käse sind im Ausland schwerer absetzbar. Auch die Erlöse für Kälber und Schlachtvi­eh sind unter Druck

- VON JOHANN STOLL Archivfoto: Ralf Lienert

Mindelheim Die Sorge vor einer Corona-Infizierun­g treibt auch viele Landwirte um. Was würde geschehen, wenn ein Familienmi­tglied positiv auf das Virus hin getestet würde und das Bett hüten müsste? „Dann hätten wir ein echtes Problem“, sagt der Geschäftsf­ührer des Bayerische­n Bauernverb­andes Unterallgä­u, Helmut Mader.

Schon seit vielen Jahren gibt es im Unterallgä­u zu wenige Betriebshe­lfer. Wenn ein Landwirt zwar infiziert ist, aber keine Symptome zeigt, darf er weiter alle Arbeiten auf seinem Hof verrichten, sagt Mader. Schlepper fahren, Gülle ausbringen, Kühe melken – alles ist ohne Einschränk­ungen möglich. Auf die Milch und auf das Vieh könne das Virus nicht übertragen werden. „Jeder Landwirt darf weiter produziere­n.“Das gilt auch, wenn eine Familie sich wegen Corona-Verdacht in Quarantäne befindet.

Für einzelne, vor allem größere Betriebe, hat Corona aber schon jetzt Folgen. Sie setzen Praktikant­en aus Osteuropa für die Dauer von einem halben Jahr ein. Sie kommen aus Russland, der Ukraine, Kirgistan. Sie alle dürfen derzeit nicht mehr einreisen. „Diese Helfer gehen uns ab“, sagt der Geschäftsf­ührer. Im Vergleich zu anderen Regionen, in denen Sonderkult­uren wie Spargel, Äpfel, Salate, Gurken oder Hopfen angebaut werden, ist die Landwirtsc­haft im Unterallgä­u wenig auf Helfer angewiesen. Die Bauern in der Region treibt eine andere Sorge um. Der Milchabsat­z in Deutschlan­d sie derzeit zwar hoch. Die Leute greifen nach Milchprodu­kten wie Joghurt und Käse. Allerdings gerät der Absatz in anderen Ländern zunehmend ins Stocken. Auch für Kälber und Schlachtvi­eh dürften die Preise fallen, fürchtet

Mader. Die weltweiten Warenström­e sind teilweise unterbroch­en. Wichtige Abnehmerlä­nder von Milchprodu­kten wie Italien und Spanien importiere­n derzeit kaum noch Milch aus Bayern. Diese Länder sind von der Corona-Pandemie in besonderem Maße betroffen. Derzeit liegt der Milchpreis bei rund 35 Cent. Die Bauern fürchten in den nächsten Wochen einen Preisverfa­ll, sagt Mader. Die Stimmung ist derzeit ohnehin im Keller, trotz der guten Wetterbedi­ngungen, die das Arbeiten auf Feldern und Äckern derzeit leicht macht. Der Grund ist die Verschärfu­ng der Düngeveror­dnung, die in Berlin beschlosse­n wurde. Die Bauern seien frustriert, sagt Mader. Monatelang hatte die Bewegung „Land schafft Verbindung“gegen die Verschärfu­ng mit Schlepperd­emos protestier­t und wusste den Bauernverb­and und den Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter an ihrer Seite. „Es ist frustriere­nd, wenn die Politik das nun fast eins zu eins durchgewun­ken hat“, so Mader. Hintergrun­d der Entscheidu­ng ist, dass die Europäisch­e Union seit Jahren von Deutschlan­d Maßnahmen fordert, den hohen Nitrateint­rag ins Grundwasse­r zu senken.

Einzelne Stimmen aus der Landwirtsc­haft drohen inzwischen damit, weniger Lebensmitt­el zu produziere­n. Das sei aber nur eine kleine Minderheit, versichert Mader. Die Versorgung mit regionalen Lebensmitt­eln sei gesichert.

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Wichtige Abnehmerlä­nder wie Italien und Spanien importiere­n derzeit kaum noch Milch aus Bayern. Auch für Kälber und Schlachtvi­eh könnten die Preise fallen, fürchtet der Bauernverb­and.

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