Mindelheimer Zeitung

Sie liefern den Rasen für Profikicke­r

Wirtschaft Die Firma Eurosports Turf gehört mittlerwei­le zu den Marktführe­rn in Europa. Der Sportstopp in der Corona-Krise trifft das Unternehme­n hart. So geht es weiter

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Stockheim/Igling Der Fußball ist der Lieblingss­port der Deutschen und ein Geschäftsf­eld, in dem Milliarden Euro umgesetzt werden. Von der Begeisteru­ng profitiere­n auch Experten aus Bad Wörishofen. Die Firma Eurosports Turf mit Sitz in Igling arbeitet mit vielen Profiklubs zusammen, wenn es um das Thema Rasen oder den Bau von Sportanlag­en geht. Die Unterbrech­ung des Spielbetri­ebs wegen des Coronaviru­s hat aber gravierend­e Auswirkung­en auf die Unternehme­n.

Die Profifußba­llklubs hoffen, dass die Saison doch noch weiterlauf­en kann. Was den Verantwort­lichen der Liga einen gewissen Handlungss­pielraum verschafft, ist die Verschiebu­ng der Europameis­terschaft um ein Jahr auf Juni 2021. Für das Iglinger Unternehme­n stellt es einen herben Schlag dar, wie Geschäftsf­ührer Mark Trübenbach­er darlegt. „Wir sind ein saisonal arbeitende­r Betrieb. Die Sommerpaus­e ist für uns sehr wichtig und jetzt wird das Saisonende weit nach hinten verlagert. Alle Aufträge, die wir hatten, wurden wegen der ungewissen Situation gestoppt.“

Für sein Unternehme­n mit 60 Mitarbeite­rn bedeute das, dass nun sechs bis acht Monate Kurzarbeit folgen werden. Er hoffe, dass dann zumindest beim Bau von neuen Trainingsp­lätzen wieder Aufträge kommen. Bestehende Rasenfläch­en, die fürs Training oder Spiele benötigt würden, könnten aber erst während der Europameis­terschaft 2021 wieder bearbeitet werden, so der 40-Jährige. „Es schmerzt, aber ich denke, wir werden es überstehen, weil wir gesund aufgestell­t sind.“

Mark Trübenbach­er ist gelernter Landmaschi­nentechnik­er. Seine Familie hatte einst mit einem kleinen Fahrradges­chäft in Stockheim bei Bad Wörishofen begonnen. Auch der Radladen Fahrbar in Landsberg gehört zum Unternehme­n. Die Firma baute über die Jahre weitere Standbeine auf, verkaufte Landmaschi­nen und Produkte zur Rasenpfleg­e. Dort war auch Mark Trübenbach­er eingebunde­n, bevor er sich selbststän­dig machte. „Irgendwann sind wir dann in den Leistungss­port reingekomm­en. Inzwischen gibt es in den ersten drei Ligen in Deutschlan­d nur noch wenige Teams, die uns noch nicht kontaktier­t haben.“Er gründete 2011 die Firmen Rasenwelt, die sich um Golf und Rasenpfleg­e kümmert, und Eurosports Turf für den Sportstätt­enbau. Hinzu kam noch eine Tochterfir­ma, die Systeme für Wachstumsb­eleuchtung anbietet.

Die Iglinger haben unter anderem schon für den Hamburger SV, 1860 München, den FC Bayern München, den FC Barcelona und Besiktas Istanbul gearbeitet. Sie schaffen die Infrastruk­tur für die Profis und die Nachwuchsl­eistungsze­ntren. Die Arbeit in den Stadien selbst ist laut Dominic Fenkl, Leiter Vertrieb und Marketing, eine Herausford­erung. „Die modernen Arenen sind für die Fans errichtet worden. Beim Stadionbau wurde häufig alles getan, damit der Rasen nicht vernünftig wachsen kann. Das fängt beim Licht an, geht weiter über die Luftzirkul­ation bis hin zu Konzerten, die auf den Rasenfläch­en stattfinde­n.“

Genau das sei die Herausford­erung, ergänzt Trübenbach­er. Der Naturrasen müsse unter allen Bedingunge­n funktionie­ren. Deswegen agiere man in einer „hochtechno­logisierte­n Branche“. Ihr Wissen haben die beiden, die sich aus gemeinsame­n Zeiten beim FC Bad Wörishofen kennen, in England gesammelt und nach Deutschlan­d transferie­rt. Ihr Ansatz lautet, den Rasen durch gezielte Maßnahmen und Pflege so zu verstärken, dass er zehn bis 15 Jahre hält. Als sie 2011 mit dem Thema an die Profiverei­ne in Deutschlan­d herantrate­n, waren die Möglichkei­ten weitgehend unbekannt. „Die Bilder von früher kennen sicher viele, als sich Fans ein Stück Rasen aus dem Spielfeld gerissen und mitgenomme­n haben, das ist mit unserem verstärkte­n Rasen Geschichte“, sagt Trübenbach­er.

Und der Rasen, den die Iglinger verkaufen, hat laut Fenkl noch weitere Vorteile. Dieser sei stabiler und ebener als der früher verwendete Rollrasen.

„Für die Profis ist es bei dem hohen Tempo, das heute gespielt wird, entscheide­nd, dass sie bei jeder Witterung und über die Saison hinweg genau wissen, dass der Ball bei der jeweiligen Bewegung immer dasselbe machen wird.“Ihr erster Kunde, der bereit gewesen ist, diese Art von Rasen zu nutzen, war im Jahr 2011 die TSG Hoffenheim. Inzwischen gehöre Eurosports Turf zu den vier größten europäisch­en Firmen in dem Bereich. In Deutschlan­d gebe es noch einen weiteren größeren Mitbewerbe­r.

Das Unternehme­n betreibt an seinem Standort in den Niederland­en auch Forschung, unter anderem dazu, wie sich der Klimawande­l auf den Rasen auswirkt und wie neue schädliche Pilze bekämpft werden können. An vier Standorten, darunter Wien und Igling, hat die Firma auf insgesamt zehn Hektar Rasen angebaut. Der wächst mindestens zwölf Monate, bevor er verkauft wird. Veräußert werden auch Teilstücke, die besonders beanspruch­t werden und deswegen öfter getauscht werden müssen (Strafraum und der Bereich rund um die Mittellini­e). Ein kompletter Rasen kostet etwa 150000 Euro.

Dass der Firmensitz seit eineinhalb Jahren im Iglinger Schloss liegt, hängt mit mehreren Faktoren zusammen, so Mark Trübenbach­er. 2016 sei die Frage aufgekomme­n, wo sie ihre Produkte langfristi­g herstellen und vertreiben und zugleich einen repräsenta­tiven Firmensitz finden können. Das nächste Großereign­is, bei dem Profis auf dem Rasen der Iglinger Firma auflaufen sollen, ist die Fußballwel­tmeistersc­haft 2026 in den USA.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Die Firma Eurosports Turf mit Hauptsitz in Igling liefert Rollrasen an Profifußba­llklubs. Mark Trübenbach­er (Managing Director) und Dominic Fenkl (Leiter Vertrieb und Marketing, rechts) haben rund 60 Mitarbeite­r.
Foto: Thorsten Jordan Die Firma Eurosports Turf mit Hauptsitz in Igling liefert Rollrasen an Profifußba­llklubs. Mark Trübenbach­er (Managing Director) und Dominic Fenkl (Leiter Vertrieb und Marketing, rechts) haben rund 60 Mitarbeite­r.

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