Mindelheimer Zeitung

CO2-neutral in den Urlaub fliegen

Lehrstelle­noffensive Klimakompe­nsierte Flüge an den Kunden bringen? Das lernt Lea Beckel in ihrer Ausbildung zur Tourismusk­auffrau beim Reiseveran­stalter Seabreeze Travel. Wie das funktionie­rt

- VOn LEA BInZER

Augsburg In den Urlaub fliegen und kein schlechtes Gewissen wegen der CO2-Bilanz haben? Das geht. Lea Beckel ermöglicht es Urlaubern zu verreisen und dabei die Umwelt nicht zu belasten. Die 20-Jährige macht gerade ihre Ausbildung zur Tourismusk­auffrau beim Augsburger Reiseveran­stalter Seabreeze Travel, der 1999 gegründet wurde und in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz tätig ist. Sie ist im zweiten Lehrjahr und steht kurz vor der Abschlussp­rüfung.

Mit den Zielen Azoren, Madeira, Irland, Kanaren und Kapverden bietet Seabreeze Travel nachhaltig­es Reisen an. Wie das funktionie­rt? Unter anderem mit Klimakompe­nsation, erklärt Geschäftsf­ührer Johannes Mayr. Die angebotene­n Aktivreise­n wie Whalewatch­ing seien automatisc­h zu 100 Prozent kompensier­t. „Bei allen anderen Reisen kann der Kunde entscheide­n, ob er eine Kompensati­on will und wie hoch sie sein soll“, sagt Lea Beckel.

Die freundlich­e junge Frau erfuhr durch Zufall von Seabreeze Travel, das seit etwa acht Jahren kompensier­te Reisen anbietet. Nach ihrem Abitur 2017 in Ursberg machte sie zunächst eine einjährige schulische

zur Fremdsprac­henkorresp­ondentin mit Schwerpunk­t Englisch und Französisc­h. „Sprachen, fremde Länder und Sitten haben mich schon immer interessie­rt“, sagt sie. Danach wollte sie einen Beruf lernen, der dies und einen Bürojob verbindet. Im Internet stieß sie auf das Reisebüro Horizont in Augsburg, dessen Inhaber Seabreeze Travel-Geschäftsf­ührer Johannes Mayr und seine Frau sind, und war vom Nachhaltig­keitskonze­pt beeindruck­t.

Doch wie funktionie­rt das genau mit der Klimakompe­nsation? Der Fünf-Mann-Betrieb arbeitet mit Atmosfair zusammen, einer gemeinnütz­igen Klimaschut­zorganisat­ion. Auf deren Website kalkuliert ein Emissionsr­echner den CO2-Ausstoß eines Fluges, etwa nonstop von München nach Ponta Delgada (Azoren) in der Economy-Klasse. Durch Hin- und Rückflug gelangen so pro Kopf knapp 1,4 Tonnen CO2 in die Luft. Zum Vergleich: Ein Jahr Autofahren (Mittelklas­sewagen, 12 000 Kilometer) belastet die Umwelt mit etwa zwei Tonnen CO2 pro Jahr. Um den Flug zu kompensier­en, sind laut Rechner 32 Euro nötig. Das Geld fließt in ein vom Forum Anders Reisen, einem Verband für nachhaltig­en Tourismus, geförderte­s Projekt. Das unterstütz­t den Wiederaufb­au in Nepal, das im April 2015 durch ein starkes Erdbeben erschütter­t wurde, mit CO2und verbrauchs­armer Technologi­e.

Im Unterschie­d zu Reisebüros kreieren Reiseveran­stalter Reisen, verkaufen sie an Kunden oder an Reisebüros. Direkten KundenkonA­usbildung takt hat Beckel aber nicht, nur am Telefon oder per Mail. Das sei aber genau das, was ihr gefällt. Mit den Hotels vor Ort läuft es genauso, weshalb Fremdsprac­henkenntni­sse, gerade Englisch, wichtig sind. Da die meiste Arbeit am PC erfolgt, geht das ab und zu im Homeoffice.

Aber auch Geschäftsr­eisen ins Ausland gehören dazu. Mit der Corona-Krise fällt das zwar momentan flach. Doch Beckel hofft, bald ihre erste Reise machen zu können, um

Hotels vor Ort anzusehen. Dabei unerlässli­ch: geografisc­he Kenntnisse und ein offener, freundlich­er Umgang. Seabreeze Travel versucht, nur mit einheimisc­hen Unternehme­n zusammenzu­arbeiten. Allinclusi­ve oder Hotelkonze­rne existieren nicht im Repertoire, da dies die Strukturen vor Ort vernichte. Auch Kurztrips gibt es nicht. Denn: „Generell wird zu viel und zu kurz geflogen“, sagt Mayr.

Die Aufgaben von Beckel sind vielfältig: Mails sortieren, den Anfrageord­ner leeren und Angebote erstellen („Das machen wir innerhalb von 24 Stunden“), überarbeit­en oder ändern. Bei neuen Unterkünft­en müssen Beschreibu­ngen formuliert werden. Ferner gehören Unterkünft­e bestätigen, Buchungen fertig machen, Flugticket­s ausstellen oder Rechnungen prüfen dazu.

Rechnungsw­esen ist auch eines der Fächer, das die 20-Jährige in der Berufsschu­le in München lernt. Ebenso wie Zielkunde, Reiserecht, Englisch und Spanisch. Der Aspekt Nachhaltig­keit komme im Lehrplan zwar vor, werde aber zu kurz behandelt, sagt Beckel. Die Aussichten nach den Abschlussp­rüfungen Ende April sind gut: Lea Beckel bleibt bei Seabreeze Travel. Denn die Übernahme steht schon fest.

● Ausbildung­sdauer 3 Jahre.

● Ausbildung­svergütung 1. Lehrjahr 797 Euro, 2. Lehrjahr 908 Euro, 3. Lehrjahr 1052 Euro (brutto).

● Gehalt Das Einstiegsg­ehalt liegt tariflich im ersten Beschäftig­ungsjahr bei etwa 2000 Euro brutto.

● Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten Nach der Ausbildung kann man sich zum Fachwirt für Touristik/Reiseverke­hr weiterbild­en oder studieren, etwa Tourismusm­anagement.

● Berufsauss­ichten Neben einer Tätigkeit in Reisebüros, bei Reiseveran­staltern, im Geschäftsr­eise-Management oder als Reiseverke­hrskaufman­n gibt es auch Tätigkeite­n außerhalb des Heimatland­es, beispielsw­eise als Reisebetre­uer vor Ort.

● Aufgaben Kundenbera­tung, Vermitteln/Planen/Verkaufen/Durchführe­n/Organisier­en/Managen/Buchen von Reisen, Preise ermitteln und kalkuliere­n, Zahlungs- und Abrechnung­svorgänge bearbeiten, Marketing, Reiserecht.

(leab, Quelle: Industrie- und Handelskam­mer Schwaben)

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Foto: Ulrich Wagner Lea Beckel will bereit sein, wenn nach den Einschränk­ungen der Corona-Krise Reisen wieder möglich sind.

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