Mindelheimer Zeitung

Keine Kita, keine Gebühren

Landtag Ministerpr­äsident Söder kündigt weitere Hilfen an – unter anderem für junge Familien. Die Kritik der Opposition beschränkt sich auf Einzelpunk­te. Die AfD sucht die Konfrontat­ion

- VON ULI BACHMEIER

München Die Staatsregi­erung weitet ihre Hilfen in der Corona-Krise noch einmal um 500 Millionen Euro aus, führt von kommender Woche an eine Maskenpfli­cht in Geschäften und im öffentlich­en Nahverkehr ein und verspricht obendrein, sich bei den Milliarden­ausgaben einer stärkeren parlamenta­rischen Kontrolle zu unterwerfe­n. Das kündigte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am Montag in einer Regierungs­erklärung im Landtag an. Die Opposition­sfraktione­n von Grünen, SPD und FDP stellten sich im Grundsatz hinter diese Entscheidu­ngen und übten nur an einzelnen Punkten Kritik. Einzig die AfD suchte die Konfrontat­ion und warf der Staatsregi­erung Versagen vor.

Die wichtigste­n Neuerungen betreffen junge Familien, Kliniken, soziale Einrichtun­gen, Sportverei­ne und Künstler. Für zunächst drei Monate, so sagte Söder, sollen Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kitas geben können, keine Gebühren mehr zahlen müssen. Zugleich soll die Notfallbet­reuung ausgeweite­t werden. Außerdem wolle die Staatsregi­erung Reha-Kliniken mit Geld die Arme greifen, die zur Bewältigun­g der Krise einen Teil ihrer Betten zur Versorgung von Patienten zur Verfügung gestellt hatten. Hilfszahlu­ngen soll es auch für Privatklin­iken, Jugendherb­ergen, Schullandh­eime, Sozialeinr­ichtungen, Familienbe­ratungen und Studentenw­erke geben. Gleiches gelte für Sportverei­ne und Sportstätt­en – hier werde die Pauschale verdoppelt. Und auch die rund 30 000 freischaff­enden Künstler, die in der Künstlerso­zialkasse registrier­t sind und deren Einkommen zur Zeit bei null liegt, sollen mit 1000 Euro pro Monat unterstütz­t werden.

Reagiert hat Söder auch auf die Kritik des Obersten Rechnungsh­ofs am Corona-Rettungssc­hirm der Staatsregi­erung. Der ORH hatte mehr Transparen­z bei Haushaltsf­ührung und Staatsvers­chuldung eingeforde­rt. Der Ministerpr­äsident versprach, dem Landtag durch ein parlamenta­risches Begleitgre­mium stärkere Kontrollmö­glichkeite­n einzuräume­n.

Die Kritik der vergangene­n Tage an den besonders strengen Maßnahmen in Bayern wies Söder zurück. „Wir haben Bayern vor dem Schlimmste­n bewahrt“, sagte er und fügte mit Blick auf die ersten Lockerunge­n hinzu: „Es ist nicht vorbei. Es ist alles ein schmaler Grat.“Deshalb komme es weiterhin auf „Vorsicht, Distanz und Geduld“an. Das gilt nach seinen Worten insbesonde­re für den Bereich der Gastronomi­e: „Mundschutz ist beim Essen relativ sinnwidrig. Und Abstand halten ist dort, wo es Alkohol gibt, mit zunehmende­r Dauer schwierige­r.“

Die Fraktionsc­hefs der Regierungs­parteien, Thomas Kreuzer (CSU) und Florian Streibl (Freie

Wähler), stellten sich in der Aussprache ausdrückli­ch hinter den Kurs der Regierung. Sogar aus den Reihen der Opposition gab es lobende Worte. „Es war richtig, dass wir in Bayern schnell und umfassend gehandelt haben“, sagte etwa GrünenFrak­tionschef Ludwig Hartmann, merkte aber zu den strengen Regeln an: „Es ist ein sehr schmaler Grat zwischen einem fürsorgend­en und einem bevormunde­nden Staat.“Insbesonde­re für die Kinder müssten mehr Spielräume geschaffen werunter den. Sie dürften nicht auf Dauer isoliert werden. „Kinder brauchen andere Kinder wie die Luft zum Atmen“, sagte Hartmann.

SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold forderte, die Hilfen für Familien nicht auf Angehörige systemrele­vanter Beruf zu beschränke­n, sondern die Notfallbet­reuung auch an der Bedürftigk­eit auszuricht­en: „Alleinerzi­ehende, sozial benachteil­igte Familien sowie Familien, die mit besonderen Schwierigk­eiten zu kämpfen haben, sind alle auf verlässlic­he Unterstütz­ungsangebo­te angewiesen.“

FDP-Fraktionsc­hef Martin Hagen hielt der Staatsregi­erung ihr schnelles Handeln zu Beginn der Krise zugute, kritisiert­e aber einen zunehmende­n Schlingerk­urs. Mittlerwei­le seien vielen Entscheidu­ngen nicht mehr nachvollzi­ehbar – zum Beispiel dazu, welche Geschäfte öffnen dürften und welche nicht.

AfD-Fraktionsc­hefin Katrin Ebner-Steiner dagegen ließ kein gutes Haar an der Staatsregi­erung. Sie habe keine Vorsorge getroffen, zu spät reagiert und schränke Grundrecht­e für Deutsche ein, während sich Flüchtling­e weiter auf das Asylrecht berufen könnten.

Hartmann: „Kinder brauchen andere Kinder“

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Wer sein Kind nicht in die Kita schicken kann, weil diese wegen Corona geschlosse­n ist, der muss dafür auch keine Gebühren zahlen – mindestens drei Monate lang. Das sagte Ministerpr­äsident Markus Söder am Montag in seiner Regierungs­erklärung.
Foto: Peter Kneffel, dpa Wer sein Kind nicht in die Kita schicken kann, weil diese wegen Corona geschlosse­n ist, der muss dafür auch keine Gebühren zahlen – mindestens drei Monate lang. Das sagte Ministerpr­äsident Markus Söder am Montag in seiner Regierungs­erklärung.

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