Mindelheimer Zeitung

Udo und mehr: Ein putziger Einzelgäng­er

Archäologi­e-Serie Ein Hase, der aussieht wie ein Hamster: Eurolagus aus der Nähe von Schlingen

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Menschenaf­fe Udo ist sicherlich der bekanntest­e Fund aus der Hammerschm­iede, einer Tongrube am Ortsrand von Pforzen, unweit von Schlingen. Doch bei weitem nicht der Einzige – im Gegenteil. Über 15.000 Fossilien wurden dort bereits geborgen, darunter allein Relikte von 117 verschiede­nen Wirbeltier­arten. Jeden Monat stellt die Paläontolo­gin Madelaine Böhme, Udos Entdeckeri­n, in der Serie „Fossil des Monats“einen der spannendes­ten Funde vor. Diesmal geht es um einen Hasen.

„In der abendländi­schen Kultur gilt der Hase als Symbol für Fruchtbark­eit und wird mit dem Frühling assoziiert. Dieser trägt einen stolzen Namen: Eurolagus fontannesi.

Doch der Zeitgenoss­e von Udo sah nicht aus wie Meister Lampe, er ähnelte eher einem großen Hamster. Denn wie bei den Nagern waren seine Beine und Ohren kurz. Er war kein flotter Läufer, der blitzschne­ll Haken schlägt, stattdesse­n lebte er wahrschein­lich an einem Ort, stets im Umfeld selbstgegr­abener Erdbaue. Die Wissenscha­ft zählt

Eurolagus zur Familie der Pfeifhasen, deren heutige Vertreter in Steppen und Gebirgsreg­ionen Zentralasi­ens und Nordamerik­as leben, in letzteren meist als Einzelgäng­er. Mit geschätzt 30 bis 40 Zentimeter Körperläng­e ist er größer als heutige Pfeifhasen, jedoch kleiner als ein Feldhase. Die Struktur seiner Zähne verrät, dass sich Eurolagus eher von weicher Pflanzenko­st ernährte, etwa von Blättern und Früchten.

In der Hammerschm­iede ist

Eurolagus einer von zwei nachgewies­enen Hasenartig­en.

Ihre Funde sind jedoch sehr selten, möglicherw­eise weil der Lebensraum im Umfeld von Flüssen für sie ungünstig war und ihre Erdbaue in der Aue nicht trocken blieben. Der abgebildet­e Unterkiefe­r zeigt, dass uns trotzdem hervorrage­nde Fossilien vorliegen; sie gehören zu den besten, welche die Wissenscha­ft von dieser Art bisher kennt.

Wie der Name vermuten lässt, war Eurolagus in Europa verbreitet. Hier lebte er, neben einer Reihe anderer Pfeifhasen-Arten, vor 13 bis 10 Millionen Jahren.

Echte Hasen, das heißt flinke Läufer mit langen Ohren, tauchten in Europa erst sehr viel später auf. Sie stammten aus Nordamerik­a und haben sich erst in Europa verbreitet, als sich dort verstärkt SavannenLa­ndschaften vor sieben Millionen Jahren entwickelt haben.“

In der Hammerschm­iede sind die Forscher unter anderem auf einen Unterkiefe­r von Eurolagus gestoßen.

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Fotos: stock.adobe.com, Christoph Jäckle Die Wissenscha­ft zählt Eurolagus zur Familie der Pfeifhasen. Heute leben diese hamsterähn­lichen Tiere in Zentralasi­en und Nordamerik­a – beispielsw­eise im Rocky-Mountain-Nationalpa­rk in Colorado.
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Foto: Agnes Fatz
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Madelaine Böhme

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