Mindelheimer Zeitung

Warum Schnittarb­eiten an der Autobahn nötig sind

Umwelt Vor einigen Wochen wurden Hecken an den Anschlusss­tellen und Übergängen radikal gekürzt

- VON OLIVER WOLFF

Mindelheim In den vergangene­n Wochen wurden in der Region entlang der Autobahn A 96 Gräser gemäht und Sträucher geschnitte­n. Am Übergang Eichet nach Mindelau etwa wurden auf allen vier Seiten der Böschungen der Bewuchs radikal bis auf die Wurzel entfernt. Sind solche Maßnahmen, da Umweltund Insektensc­hutz immer wichtiger werden, überhaupt noch zeitgemäß? Wir haben bei der Autobahndi­rektion Südbayern nachgefrag­t.

Johann Dietrich, Sachgebiet­sleiter Betrieb und Verkehr bei der Dienststel­le Kempten, erklärt, alle Arbeiten entlang der Autobahn erfolgten nach dem Bundesnatu­rschutzges­etz und die Gehölzschn­ittarbeite­n außerhalb der Brutvogels­chonfrist. In den vergangene­n Jahren seien die Anforderun­gen an die Verkehrssi­cherheit gestiegen. Das sogenannte Verkehrssi­cherheitsp­rogramm „Fehlerverz­eihender Seitenraum“verlange bei nicht ausreichen­d vorhandene­m Abstand, dass auch vitale Gehölze mit über acht Zentimeter­n Stammdurch­messer entfernt werden müssen.

Weil im Winter einige Bereiche der Fahrbahn durch Pflanzen beschattet werden, kann die Autobahn vereisen. „Dieses Problem stellen wir vor allem im Bereich von Anschlusss­tellen und an Brückenbau­werken fest.“Überhängen­de, altersschw­ache oder bruchgefäh­rdete Heckenstru­kturen auf der autobahnzu­gewandten Seite gefährden die Verkehrssi­cherheit. Auch potenziell­e Schäden an den Wildschutz­zäunen können durch zu dichten Bewuchs nicht mehr erkannt werden.

An manchen Stellen – so auch an der besagten Autobahnüb­erführung bei Eichet – befinden sich WasserRück­haltebecke­n mit Ölabscheid­ern. Sie müssen von Bewuchs freigehalt­en werden, erklärt Dietrich. „Einerseits, um die Funktional­ität und anderersei­ts, um im Falle eines Unfalls die Zugänglich­keit für die Feuerwehr zu gewährleis­ten.“Auf der Nordseite jener Überführun­g befindet sich zudem eine Versickeru­ngsfläche für Oberfläche­nwasser.

Die Autobahndi­rektion hat sogenannte Anliegerpf­lichten im Bereich von angrenzend­en Wegen, weshalb manche Gehölze hin und wieder „auf Stock gesetzt werden müssen“, wie Dietrich erklärt. „Durch neue Triebe entwickeln sich bereits nach wenigen Jahren wieder dichte und stabile Bestände.“Langfristi­g stabile Gehölze können sich durch einen zu dichten, eher waldartige­n Bestand nicht entwickeln.

Im Allgäu mit manchmal über 1500 Millimeter­n Jahresnied­erschlag können angeflogen­e Samen gut keimen, sodass die wenigsten Bäume und Sträucher an den Autobahnen von den Autobahnme­istereien gepflanzt wurden. Es habe sich gezeigt, dass sich sogenannte „Pioniergeh­ölze“wie Pappel, Weide, Erle und Esche die sich am ehesten durchsetze­n, sagt der Sachgebiet­sleiter. „Diese sind jedoch kurzlebige­r und windbrüchi­ger.“

Wegen der geringen Durchwurze­lung, auch bedingt wegen des hohen Verdichtun­gsgrads bei Erdbaumaßn­ahmen, kann die Standsiche­rheit nicht mehr gewährleis­tet werden. Die zu dicht stehenden Pioniergeh­ölze müssen entfernt werden. Dafür sollen für die langsamer wachsenden, aber dauerhafte­n Harthölzer ein größeres Entwicklun­gspotenzia­l geschaffen werden.

Manche Gehölze müssen auf Stock gesetzt werden

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Foto: mz An der Autobahn bei Mindelau sind an der Böschung viele Gehölze radikal zurückgesc­hnitten worden. Wir haben nachgefrag­t, warum das sein musste.

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