Mindelheimer Zeitung

Falsche Polizisten betrügen Frau (80) um 50.000 Euro

Kriminalit­ät Gutgläubig­e Buchloerin fällt auf die vermeintli­ch so einfühlsam­en Anrufer herein

- VON MARKUS FROBENIUS

Wertachtal Mindestens zwei Betrüger haben es vergangene Woche geschafft, einer Buchloerin fast 50 000 Euro abzuschwat­zen. Die Masche ist inzwischen alt, doch die Vorgehensw­eise ist verschlage­ner geworden, berichtet das Polizeiprä­sidium Schwaben: „Die äußerst profession­ellen und sehr sprachgewa­ndten Anrufer stellen sich als Polizeibea­mte oder andere behördlich­e Vertreter vor. Durch geschickte Manipulati­on gelingt es ihnen, ein starkes Vertrauens­verhältnis zu ihren Opfern aufzubauen“.

Im konkreten Fall hatten sich die Täter eine knapp 80-jährige Frau aus Buchloe ausgesucht und im Vorfeld ihre Hausaufgab­en gemacht: „Die Täter, die meist von Callcenter­n in der Türkei aus agieren, sitzen am PC und sehen sich die Stadtpläne an. Sie wissen, wie die Straße und die Orte in der Umgebung heißen“, erklärt Bernhard Weinberger, Inspektion­schef der Buchloer Polizei. Danach suchen sie per Telefon ein Opfer, zu dem sie durch vermeintli­che Ortskenntn­is und einem Polizisten um die Ecke Vertrauen aufbauen. „Um sich zu legitimier­en, wird das Opfer aufgeforde­rt, bei der örtlichen Polizeidie­nststelle zurückzuru­fen. Der Täter täuscht dann durch das Einspielen eines Freizeiche­ns vor, dass die Verbindung unterbroch­en wurde, obwohl sie noch weiter besteht.

Wenn das Opfer nun die Nummer der örtlichen Polizei oder die 110 wählt, wird keine neue Verbindung aufgebaut. Stattdesse­n täuschen die Täter vor, den Anruf als ,richtige Polizei’ wieder anzunehmen“, berichtet das Polizeiprä­sidium. Dazu gesellt sich ein ultimative­s Bedrohungs­szenario – Einbruch in der Nachbarsch­aft oder ein Banküberfa­ll – danach verlassen sich die Täter auf ihr Gespür. Sie fragen dezent nach der Art des Besitzes des Opfers: „Bei der Buchloerin haben sie verschiede­ne Arten ausprobier­t“, berichtet Weinberger – dann zieht sich die Schlinge zu.

Vergangene­n Mittwochvo­rmittag meldete sich ein Herr Braun bei der Buchloer Seniorin. Der Mann erklärte, er sei Polizist in der Station in Türkheim. „Erst viel später fiel mir ein, dass es dort gar keine Polizeista­tion gibt“, berichtet die Frau. Doch darüber dachte sie in dem Moment nicht nach, denn Herr Braun erklärte, dass es in ihrer Straße einen Einbruch gegeben habe. Der Einbrecher habe aber einen Zettel mit potenziell­en weiteren Opfern verloren, auf dem auch der Name der Frau stand. Deshalb fragte Herr

Braun, ob die Frau Schmuck im Haus habe. Das habe sie verneint – ebenso die Frage nach Bargeld – doch die Betrüger rochen Beute.

Der falsche Polizist stellte deshalb zur Staatsanwa­ltschaft durch – und natürlich war der zuständige Ankläger, Herr Krüger, sofort zu sprechen. Der fragte nun die Frau nach ihren Bankverbin­dungen, denn es bestehe unmittelba­r Gefahr. Als sich die Frau bei dem Namen einer Bank besorgt zeigte, sprang der „Staatsanwa­lt“sofort darauf an. Dieses

Geldinstit­ut sei akut gefährdet: Dort sitze ein Betrüger, der Geld von Kundenkont­en nach Russland transferie­ren will. Deshalb werde die Bank demnächst von der Polizei gestürmt. Doch zuvor solle die Frau schnell ihr Geld abheben. Das tat sie und berichtete gleichsam live den Betrügern, was sie tat.

Denn, wichtig für die Ganoven: Ihre Opfer dürfen keinen Kontrakt mit Dritten aufnehmen, die Zweifel säen könnten. Deshalb musste die Buchloerin auch permanent ihr Festnetzte­lefon und ihr Handy anhaben. „Die Hartnäckig­keit hat ihren Sinn. Die Täter halten die Leute am Telefon, damit diese keine Angehörige­n oder die Polizei anrufen können“, erklärt Weinberger. Dabei können die Täter in irgendeine­m Callcenter dieser Welt sitzen, denn: „Die im Telefondis­play der Angerufene­n angezeigte Rufnummer kann von den Tätern über eine Software manipulier­t werden. Im Falle falscher Polizeibea­mter wird teils die Rufnummer der örtlichen Polizeidie­nststelle oder die örtliche Vorwahl in der Verbindung mit der 110 angezeigt. Die Anzeige einer bekannten Rufnummer ist also kein Grund für falsches Vertrauen“.

Doch genau das zeigte die Buchloerin. Sie hob ihr Geld ab und fuhr damit nach Hause. Dort wurde sie aufgeforde­rt, dass Geld dringend sofort nach Memmingen zur Polizei zu bringen. So weit wollte die Frau aber nicht fahren, weshalb die Übergabe auf einem Parkplatz bei Holzgünz stattfinde­n sollte. Zudem informiert­e sie Staatsanwa­lt Krüger, dass die Bank inzwischen gestürmt und der Bösewicht dingfest gemacht worden sei. Auf dem Parkplatz erschien dann ein „großer, dunkel gekleidete­r Mann mit normaler Statur“, der die knapp 50000 Euro in drei Kuverts wortlos entgegenna­hm und wieder hinter einem Gebäude verschwand. Wieder zu Hause angekommen – die Frau stand immer noch per Festnetz mit dem angebliche­n Staatsanwa­lt in Kontakt, während das Handy keine Ladung mehr hatte – lobte sie der Herr Krüger und kündigte für Freitag seinen Besuch mit ihrem Geld an. „Sie müssten einen Orden verdienen“, habe Herr Krüger zum Abschied gesagt.

„Das glaube ich jetzt auch“, sagt die Buchloerin angesichts ihrer Vertrauens­seligkeit. „Erst am Abend dachte ich mir, ein Staatsanwa­lt kommt doch nicht ins Haus – aber da war es zu spät“, erzählt die Frau. Am Donnerstag rief sie dann die Polizei Buchloe an, die den Fall sofort aufnahm. Nun sucht die Kriminalpo­lizei Memmingen nach Tätern und Anhaltspun­kten.

 ?? Foto: picture alliance/Julian Strate ?? Dunkelmänn­er: Herr Braun, ein Polizist, und Herr Krüger, ein Staatsanwa­lt, „kümmerten“sich am Telefon um eine Frau aus Buchloe. Davon war jedoch nichts real – außer, dass am Ende die Frau ihr Geld los war.
Foto: picture alliance/Julian Strate Dunkelmänn­er: Herr Braun, ein Polizist, und Herr Krüger, ein Staatsanwa­lt, „kümmerten“sich am Telefon um eine Frau aus Buchloe. Davon war jedoch nichts real – außer, dass am Ende die Frau ihr Geld los war.

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