Mindelheimer Zeitung

Freiwillig­er Abschied aus der Politik

Kommunalwa­hl Der Augsburger Oberbürger­meister und Städtetags­präsident Kurt Gribl (CSU) will mit 55 noch mal etwas Neues anfangen. Er macht sich als Berater selbststän­dig

- VON STEFAN KROG

Augsburg Es wird keinen Festakt im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses geben, wie bei diesem Anlass sonst üblich, sondern der Augsburger Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) wird sich am Donnerstag, dem letzten Tag seiner Amtszeit, via Internetst­ream von den Bürgern verabschie­den. „Anders geht es nicht, diesen letzten Akt in Zeiten von Corona zu gestalten“, sagt der 55-Jährige, der nach zwölf Jahren als Oberhaupt von Schwabens größter Stadt nicht mehr kandidiert hat.

Als Gribl vor einem guten Jahr mitteilte, 2020 nicht mehr antreten zu wollen, kam das überrasche­nd. Gribl verkündete das Aus zu einem Zeitpunkt, als manche mutmaßten, dass er noch auf Landes- oder Bundeseben­e in ein Kabinett wechseln könnte. Gribl, als Präsident des Städtetags und stellvertr­etender CSU-Parteivors­itzender einer der einflussre­ichsten Kommunalpo­litiker in Bayern, hatte ein Jahr zuvor ein Angebot, als Staatssekr­etär ins Bundesinne­nministeri­um zu Horst Seehofer zu gehen, ausgeschla­gen.

2008 war Gribl als Quereinste­iger in die Politik gekommen, weil die Augsburger CSU einen OB-Kandidaten brauchte. Das sah zunächst nach einer Verlegenhe­itslösung aus, aber Gribl schaffte den Sprung ins Rathaus gegen den amtierende­n Oberbürger­meister Paul Wengert (SPD). Sechs Jahre später verteidigt­e er den OB-Posten, ohne in die Stichwahl zu müssen.

Für Augsburg lief es in den vergangene­n zwölf Jahren ganz gut: Die Stadt ist deutlich gewachsen, das kommunale Klinikum, Schwabens größtes Krankenhau­s, wurde zur Uniklinik umgewandel­t, die städtische­n Bühnen zum Staatsthea­ter hochgestuf­t. Aus München fließen viele Fördergeld­er nach Augsburg, etwa für Theater- und Schulsanie­rung. Das „schwäbisch­e Jammern“ist verstummt, was nicht zuletzt daran liegt, dass es von der Staatsregi­erung Unterstütz­ung für Gribl als OB der größten bayerische­n CSU-regierten Stadt gab, wo Vorgänger Wengert noch gegen verschloss­ene Türen rannte.

Gribl sagt, es sei keine Schande, gute Beziehunge­n nach München zu haben, entscheide­nd aber seien tragfähige Konzepte aus Augsburg gewesen, für die man Unterstütz­ung wollte. Gleichwohl hinterläss­t Gribl einen Rekordschu­ldenstand von rund 415 Millionen Euro, weil die Stadt ihre Eigenantei­le über Kredite finanziert­e. Gribl hält dem entgegen, dass es dafür gelungen sei, den Sanierungs­stau in einem Rekordausm­aß anzugehen, und das mit relativ geringen Kosten für die Stadt. „Die Substanzve­rwahrlosun­g ist unser eigentlich­er Schuldenst­and“, so Gribl.

Nun verabschie­det sich Gribl aus der Politik. Er wolle nicht ewig am Amt kleben bleiben. „Es muss möglich sein, aus einem Beruf in die Politik gehen zu können, es muss aber auch möglich sein, aus der Politik wieder herauszuge­hen“, so Gribl. Nun sei ein guter Zeitpunkt. Zu seinen Zukunftspl­änen ließ er lange Zeit nichts heraus – spekuliert wurde etwa über einen Job an der Spitze eines Verbandes. Doch für den Moment plant Gribl, sich als Berater selbststän­dig zu machen. „Schwerpunk­te sind der Bau- und Immobilien­bereich mit Blick auf die Entwicklun­g und Realisieru­ng von Bauprojekt­en sowie der private oder unternehme­rische Grundstück­sverkehr“, sagt Gribl, der manche seiner Sätze immer noch so formuliert, als würden sie aus dem Schriftsat­z eines Anwalts (sein gelernter Beruf) stammen. Er werde Projekte in der Region, aber auch in ganz Deutschlan­d und internatio­nal betreuen. „Meine selbststän­dige Tätigkeit gehe ich nach und nach an, konzentrie­re mich auf das, was mich interessie­rt und was ich an zeitlichem Engagement investiere­n möchte.“Weiterhin werde er seinen Aufsichtsr­atsposten bei der Bayerische­n Landesbank wahrnehmen. Und bis zu den Neuwahlen im Juli 2020 bleibt er Vorsitzend­er des Bayerische­n Städtetags. Angesichts der Corona-Krise fordert Gribl in dieser Eigenschaf­t staatliche Unterstütz­ung für Kommunen. Nötig seien Förderunge­n für Infrastruk­turprojekt­e – davon profitiert­en die Kommunen, aber auch die Wirtschaft als Auftragneh­mer. Allerdings sei es wünschensw­ert, dass die kommunalen Eigenantei­le reduziert oder ganz gestrichen werden.

Kurt Gribl möchte noch mal etwas Neues anfangen.

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Foto: Ulrich Wagner

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