Mindelheimer Zeitung

Wie funktionie­rt die Besichtigu­ng per Video?

Mietmarkt Wohnungsbe­sichtigung­en sind in Bayern aktuell nur in ganz wenigen Ausnahmefä­llen erlaubt. Doch die Not macht erfinderis­ch: Viele Vermieter setzen jetzt auf Rundgänge mit der Kamera. Was es zu beachten gilt und welche Regeln in Sachen Umzug neu s

- VON CHRISTOPH LOTTER

Augsburg Menschen, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, sehen sich aktuell nicht nur mit hohen Mietpreise­n und enormer Konkurrenz konfrontie­rt. Das Coronaviru­s macht vor dem Immobilien­markt nicht Halt und stellt Wohnungssu­chende und Vermieter vor weitere Probleme. Trotz erster Lockerung der Ausgangsbe­schränkung­en bleiben die Möglichkei­ten der Wohnungsbe­sichtigung eingeschrä­nkt.

Wohnungsbe­sichtigung­en sind grundsätzl­ich nicht erlaubt, so steht es in der Verordnung des Freistaats. Nur in Ausnahmefä­llen dürfen Wohnungen persönlich besichtigt werden, informiert das Innenminis­terium auf seiner Webseite. Und die lauten wie folgt: Zum einen wenn dem Mieter sonst Wohnungslo­sigkeit droht. Und zum anderen wenn die Wohnung sonst leer stehen würde und der Vermieter mit großem finanziell­en Schaden rechnen müsste. Auch in diesen Ausnahmefä­llen seien aber nur Einzelbesi­chtigungen erlaubt. Dabei gelte ganz besonders: „Jeder trägt Verantwort­ung dafür, die Infektions­risiken möglichst zu minimieren. Halten Sie deshalb unbedingt die Hygiene- und Abstandsre­geln ein.“

die Ausnahmefä­lle sind jedoch kein Freibrief, weiß Monika Schmid-Balzert, Geschäftsf­ührerin beim bayerische­n Landesverb­and im Deutschen Mieterbund (DMB): „Grundsätzl­ich muss zwischen dem Eigentumsr­echt des Vermieters und dem Recht des Mieters auf Privatsphä­re abgewogen werden, um zu entscheide­n, ob der Vermieter oder von ihm Beauftragt­e die Wohnung betreten dürfen.“In Zeiten des Coronaviru­s komme bei der Abwägung das Recht des Mieters auf körperlich­e Unversehrt­heit hinzu, berichtet die Anwältin: „Und das dürfte im Zweifel deutlich schwerer wiegen als die Rechte des Vermieters.“

Konkret bedeutet das: Der Vermieter oder der von ihm Beauftragt­e braucht einen wichtigen Grund, um die Wohnung zu besichtige­n. „Grundsätzl­ich dürfte als wichtiger Grund gelten, was nicht verschoben werden kann und notwendig ist, um Schaden – auch wirtschaft­lichen – abzuwenden“, sagt die Anwältin. In diese Kategorie falle etwa eine Notreparat­ur. Der Vermieter müsse bei einer persönlich­en Besichtigu­ng Maßnahmen ergreifen oder akzeptiere­n, die dem Schutz der Mieter dienen. „Die Gesundheit geht vor“, betont Schmid-Balzert. „Wenn der Mieter ein erhöhtes Risiko hat, an

Corona zu erkranken, und ein schwerer Verlauf droht, muss er niemanden in die Wohnung lassen.“

Persönlich­e Wohnungsbe­sichtigung­en finden derzeit also nur statt, wenn es gar nicht anders geht. Konkrete Zahlen, wie viele Besichtigu­ngen tatsächlic­h stattfinde­n, gibt es Schmid-Balzert zufolge zwar nicht. Doch die Not macht bekanntlic­h erfinderis­ch. So setzen immer mehr Vermieter auf Besichtigu­ngen, die online per Video übertragen werAuch den. „Eine Besichtigu­ng kann mit jedem Meeting-Tool erfolgen“, sagt die Anwältin. Eine Empfehlung wolle der DMB nicht ausspreche­n. Schmid-Balzert hat jedoch ein paar ganz konkrete Tipps parat.

So gelten die gleichen Regeln wie bei einer persönlich­en Besichtigu­ng. Etwa dürfen und sollen Mängel gezeigt und angesproch­en werden. Zu Beginn sei zu klären, ob die Videobesic­htigung gespeicher­t werden soll. „Klargestel­lt werden muss, dass das Video nicht veröffentl­icht werden darf – außer der Mieter ist damit einverstan­den“, so die Expertin. Mieter sollten darauf achten, dass persönlich­e Dokumente und Wertsachen nicht gefilmt werden. „Dies hat aber der Mieter in der Hand, weil er ja die Kamera führt.“

Eine Online-Besichtigu­ng kann eine persönlich­e Besichtigu­ng nicht ersetzen. Falls die passende Wohnung dennoch gefunden wird, gelten spezielle Regeln. Konnte der

Mieter die Wohnung nur online besichtige­n und schließt er per Mail, Brief oder telefonisc­h einen Mietvertra­g ab, steht ihm ein Widerrufsr­echt zu, sollte die Wohnung nicht dem entspreche­n, was sich der Mieter aufgrund der Online-Besichtigu­ng vorstellen durfte. Zwar schließt die Besichtigu­ng der Wohnung vor Vertragsab­schluss ein Widerrufsr­echt des Mieters aus, allerdings ist der DMB der Auffassung, dass dies nicht für reine Online-Besichtigu­ngen gilt.

Und auch in Sachen Umzug gibt es Neuigkeite­n bezüglich der Ausgangsbe­schränkung­en. Grundsätzl­ich ist zwar nach wie vor jeder „angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörige­n des eigenen Hausstands auf ein absolutes Minimum zu reduzieren“, schreibt das Ministeriu­m. Nun dürfen notfalls aber auch Personen beim Umzug helfen, die nicht im selben Haushalt leben oder für ein Umzugsunte­rnehmen arbeiten. „Sollten Sie kein Unternehme­n beauftrage­n können, können Sie den Umzug auch mit Angehörige­n des eigenen Hausstands durchführe­n. Sollte auch dies nicht möglich sein, raten wir dringend, die Zahl derer, die bei Ihrem Umzug helfen, deutlich klein zu halten“, so die Vorgabe.

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Foto: Tobias Hase, dpa Grundsätzl­ich sind Wohnungsbe­sichtigung­en in Zeiten des Coronaviru­s in Bayern nicht erlaubt. Es gibt allerdings auch Ausnahmen.

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