Warum so viele Unterallgäuer in Quarantäne sind
Pandemie Die Zahl der Kranken sinkt und die Verstärkung im Gesundheitsamt wird weniger
Mindelheim Seit Donnerstag, 23. April, bis einschließlich gestern wurden im Landkreis keine neuen Corona-Fälle gemeldet. Die Zahl der Infektionen liegt seitdem bei 269. 216 Patienten sind nach Auskunft des Landratsamtes wieder gesund, 13 Todesfälle gibt es im Landkreis. Im Mindelheimer Krankenhaus werden derzeit drei CoronaPatienten behandelt, in Ottobeuren zwei.
Die Besetzung der Corona-TaskForce des Gesundheitsamts wurde zuletzt heruntergefahren, auch weil Mitarbeiter wieder in ihre ursprünglichen Ressorts zurückkehrten, um sich etwa wieder verstärkt um andere Erkrankungen, Trinkwasser, Hygiene oder Sozialdienste zu kümmern.
Der Leiter des Gesundheitsamts im Unterallgäu, Dr. Ludwig Walters, erklärt, seine Behörde sei im Fall eines Anstiegs der Fallzahlen vorbereitet. „Wir können jederzeit schnell reagieren und wieder mehr testen, wenn das erforderlich ist“, sagt Pressesprecherin Eva Büchele. Die Zahl der Tests in Mindelheim und im gesamten Landkreis hat seit einigen Tagen abgenommen. So gibt es an den Wochenenden nur noch den Fahrdienst. Das heißt, die Abstriche werden nach Hause gebracht und wieder abgeholt. Der Drive-in in der Landsberger Straße in Mindelheim ist Freitag bis Sonntag geschlossen.
Trotz der zuletzt nicht vorhandenen bestätigten Neuinfektionen ist die Zahl derer, die sich aktuell in Quarantäne befinden, recht hoch: Etwa 1000 Unterallgäuer dürfen ihr Haus nicht verlassen. In häusliche Quarantäne müssen laut dem Gesundheitsamtsleiter enge Kontaktpersonen von Personen, die positiv auf das Coronavirus getestet worden sind. „Ist in einer Familie eine Person erkrankt, sind meist alle Personen des Haushalts enge Kontakte und müssen in Quarantäne.“
Die Inkubationszeit betrage etwa 14 Tage. Das bedeutet: Auch am dreizehnten Tag können sich die anderen Familienmitglieder im Haushalt noch anstecken und wären dann wiederum 14 Tage lang ansteckend. In manchen Fällen kann so die Quarantäne nicht 14, sondern 28 Tage dauern. Walters nennt ein Beispiel: „Kann die erkrankte Person innerhalb des Haushalts nicht von den anderen Personen getrennt werden, verlängert sich die Quarantäne um weitere 14 Tage.“So komme die hohe Zahl der Personen zustande.
Medizinisches Personal könne in manchen Fällen – nach einer Einzelfallprüfung – mit Schutzkleidung schon früher für die Arbeit zugelassen werden, bleibt allerdings privat häuslich isoliert. Laut Walters wird sich die Zahl derer, die sich im Unterallgäu in Quarantäne befinden, in der nächsten Zeit deutlich reduzieren. Als Ende März in Bayern der Katastrophenfall ausgerufen worden ist, wurden dem Gesundheitsamt vier zusätzliche Mediziner zur Unterstützung zugewiesen. Es handelte sich um einen Arzt und drei Medizinstudenten, die befristet eingestellt worden sind. Nur noch einer von ihnen hilft ab Mai im Gesundheitsamt aus.
Am Mittwoch, 22. April, ist eine 80-jährige Covid-19-Patientin aus dem Unterallgäu in einem Krankenhaus in Augsburg gestorben. Auf Anfrage unserer Redaktion, ob Todesfälle unter Umständen doppelt gezählt werden, wenn sie in einem anderen Landkreis geschehen, antwortet Büchele vom Landratsamt Unterallgäu: „Wir erfassen bei den Todesfällen nur Zahlen von Unterallgäuer Bürgern.“
Die Kliniken hingegen machen in ihrer Meldung keinen Unterschied, woher ein Patient kommt, erklärt die Pressesprecherin. Das heißt: Die Zahl der Todesfälle, die das Landratsamt zählt, ist genau, andere Erhebungen, etwa von Instituten oder Universitäten, können abweichen. Stirbt ein Unterallgäuer in einer Klinik außerhalb des Landkreises, erhält das Gesundheitsamt in Mindelheim eine Meldung der externen
Klinik. Zuletzt haben die Zahlen des Robert-Koch-Institut für das Unterallgäu deutlich hinterhergehinkt (wir berichteten).
Die Mindelheimer Infektpraxis haben seit Eröffnung bis einschließlich 27. April 175 Patienten aufgesucht. Laut dem leitenden Versorgungsarzt Dr. Max Kaplan wird die Praxis vor allem unter der Woche in Anspruch genommen.
Die erste Schulwoche mit dem ersten Präsenzunterricht seit Ausbruch der Epidemie ist vorüber. Wenn durch sinkende Infektionszahlen Testkapazitäten vorhanden sind, könnte man da nicht Lehrer vorbeugend testen? Hierzu lautet die fachliche Einschätzung von Gesundheitsamtsleiter Walters: „Prophylaktische Tests sind nur bedingt sinnvoll.“Das Testergebnis sei eine Momentaufnahme und könne fälschlicherweise in Sicherheit wiegen. „Eigentlich müssten wir dann ständig neu testen.“Trotzdem seien von Anfang an medizinisches Personal und Risikogruppen verstärkt getestet worden, sagt Dr. Ludwig Walters.