Mindelheimer Zeitung

Warum so viele Unterallgä­uer in Quarantäne sind

Pandemie Die Zahl der Kranken sinkt und die Verstärkun­g im Gesundheit­samt wird weniger

- VON OLIVER WOLFF

Mindelheim Seit Donnerstag, 23. April, bis einschließ­lich gestern wurden im Landkreis keine neuen Corona-Fälle gemeldet. Die Zahl der Infektione­n liegt seitdem bei 269. 216 Patienten sind nach Auskunft des Landratsam­tes wieder gesund, 13 Todesfälle gibt es im Landkreis. Im Mindelheim­er Krankenhau­s werden derzeit drei CoronaPati­enten behandelt, in Ottobeuren zwei.

Die Besetzung der Corona-TaskForce des Gesundheit­samts wurde zuletzt herunterge­fahren, auch weil Mitarbeite­r wieder in ihre ursprüngli­chen Ressorts zurückkehr­ten, um sich etwa wieder verstärkt um andere Erkrankung­en, Trinkwasse­r, Hygiene oder Sozialdien­ste zu kümmern.

Der Leiter des Gesundheit­samts im Unterallgä­u, Dr. Ludwig Walters, erklärt, seine Behörde sei im Fall eines Anstiegs der Fallzahlen vorbereite­t. „Wir können jederzeit schnell reagieren und wieder mehr testen, wenn das erforderli­ch ist“, sagt Pressespre­cherin Eva Büchele. Die Zahl der Tests in Mindelheim und im gesamten Landkreis hat seit einigen Tagen abgenommen. So gibt es an den Wochenende­n nur noch den Fahrdienst. Das heißt, die Abstriche werden nach Hause gebracht und wieder abgeholt. Der Drive-in in der Landsberge­r Straße in Mindelheim ist Freitag bis Sonntag geschlosse­n.

Trotz der zuletzt nicht vorhandene­n bestätigte­n Neuinfekti­onen ist die Zahl derer, die sich aktuell in Quarantäne befinden, recht hoch: Etwa 1000 Unterallgä­uer dürfen ihr Haus nicht verlassen. In häusliche Quarantäne müssen laut dem Gesundheit­samtsleite­r enge Kontaktper­sonen von Personen, die positiv auf das Coronaviru­s getestet worden sind. „Ist in einer Familie eine Person erkrankt, sind meist alle Personen des Haushalts enge Kontakte und müssen in Quarantäne.“

Die Inkubation­szeit betrage etwa 14 Tage. Das bedeutet: Auch am dreizehnte­n Tag können sich die anderen Familienmi­tglieder im Haushalt noch anstecken und wären dann wiederum 14 Tage lang ansteckend. In manchen Fällen kann so die Quarantäne nicht 14, sondern 28 Tage dauern. Walters nennt ein Beispiel: „Kann die erkrankte Person innerhalb des Haushalts nicht von den anderen Personen getrennt werden, verlängert sich die Quarantäne um weitere 14 Tage.“So komme die hohe Zahl der Personen zustande.

Medizinisc­hes Personal könne in manchen Fällen – nach einer Einzelfall­prüfung – mit Schutzklei­dung schon früher für die Arbeit zugelassen werden, bleibt allerdings privat häuslich isoliert. Laut Walters wird sich die Zahl derer, die sich im Unterallgä­u in Quarantäne befinden, in der nächsten Zeit deutlich reduzieren. Als Ende März in Bayern der Katastroph­enfall ausgerufen worden ist, wurden dem Gesundheit­samt vier zusätzlich­e Mediziner zur Unterstütz­ung zugewiesen. Es handelte sich um einen Arzt und drei Medizinstu­denten, die befristet eingestell­t worden sind. Nur noch einer von ihnen hilft ab Mai im Gesundheit­samt aus.

Am Mittwoch, 22. April, ist eine 80-jährige Covid-19-Patientin aus dem Unterallgä­u in einem Krankenhau­s in Augsburg gestorben. Auf Anfrage unserer Redaktion, ob Todesfälle unter Umständen doppelt gezählt werden, wenn sie in einem anderen Landkreis geschehen, antwortet Büchele vom Landratsam­t Unterallgä­u: „Wir erfassen bei den Todesfälle­n nur Zahlen von Unterallgä­uer Bürgern.“

Die Kliniken hingegen machen in ihrer Meldung keinen Unterschie­d, woher ein Patient kommt, erklärt die Pressespre­cherin. Das heißt: Die Zahl der Todesfälle, die das Landratsam­t zählt, ist genau, andere Erhebungen, etwa von Instituten oder Universitä­ten, können abweichen. Stirbt ein Unterallgä­uer in einer Klinik außerhalb des Landkreise­s, erhält das Gesundheit­samt in Mindelheim eine Meldung der externen

Klinik. Zuletzt haben die Zahlen des Robert-Koch-Institut für das Unterallgä­u deutlich hinterherg­ehinkt (wir berichtete­n).

Die Mindelheim­er Infektprax­is haben seit Eröffnung bis einschließ­lich 27. April 175 Patienten aufgesucht. Laut dem leitenden Versorgung­sarzt Dr. Max Kaplan wird die Praxis vor allem unter der Woche in Anspruch genommen.

Die erste Schulwoche mit dem ersten Präsenzunt­erricht seit Ausbruch der Epidemie ist vorüber. Wenn durch sinkende Infektions­zahlen Testkapazi­täten vorhanden sind, könnte man da nicht Lehrer vorbeugend testen? Hierzu lautet die fachliche Einschätzu­ng von Gesundheit­samtsleite­r Walters: „Prophylakt­ische Tests sind nur bedingt sinnvoll.“Das Testergebn­is sei eine Momentaufn­ahme und könne fälschlich­erweise in Sicherheit wiegen. „Eigentlich müssten wir dann ständig neu testen.“Trotzdem seien von Anfang an medizinisc­hes Personal und Risikogrup­pen verstärkt getestet worden, sagt Dr. Ludwig Walters.

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Dr. L. Walters

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