Mindelheimer Zeitung

Die unterschät­zte Jugendkult­ur

Stadtrat Thomas Burtscher will als neuer Stadtrat Künstlern mehr Gewicht verleihen

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Thomas Burtscher kommt als Gastronom viel mit Menschen zusammen. Der Betreiber der Hörbar, des Heimatstra­ndes an der Schwabenwi­ese und des Street-Food-Festivals hört viel von seinen Kunden, wenn sie sich ein paar schöne Stunden in seinen Betrieben machen. Derzeit allerdings ruht alles wegen der Ansteckung­sgefahr an Corona, und das schon seit 14. März. In der Bar gewann er zunehmend den Eindruck, dass da viel Halbwissen herumschwi­rrt. „Und da schließe ich mich nicht aus.“Jetzt will er es genauer wissen. „Ich möchte wissen, wie Entscheidu­ngen zustande kommen.“

Als neuer Stadtrat bei den Grünen hat er dazu nun sechs Jahre lang Gelegenhei­t.

Den Grünen fühlt er sich nahe, weil er dort die größten Schnittmen­gen mit seinen Überzeugun­gen sieht. Noch gehört er der Partei aber nicht an, was er aber demnächst nachholen möchte. Dass er so viel hört, wie die Leute denken, darin sieht er einen großen Vorteil. Denn so wisse er, wo der Schuh drückt.

Er sei jemand, den man mag oder eben nicht. „Selbst jene, die mir nicht wohlgesonn­en sind, wissen, was sie von mir erwarten können.“Er sei geradehera­us. Und ein guter Zuhörer, der sich von guten Argumenten gerne überzeugen lassen will.

Der 54-Jährige ist ledig. Er hat Handball gespielt und war viele Jahre Trainer. Seit 22 Jahren ist er selbststän­dig. Zuerst führte er einen Vier-Mann-Maschinenb­aubetrieb im Eichet. Verpackung­smaschinen wurden dort gefertigt. Als die Bürokratie aber immer mehr überhandna­hm, verkaufte Burtscher 2009 den Betrieb. „Ich bin ein Macher“, sagt er über sich selbst. Nach dem Verkauf wusste er erst einmal nicht, was er anpacken sollte.

Dann half ihm der Zufall. Am

Amtsgerich­t in Memmingen erfuhr er davon, dass die frühere Bäckerei am Silvestert­urm versteiger­t wird. Burtscher setzte sich in den Saal und war am Ende Eigentümer des Gebäudes. Das Haus hat er danach selbst umgebaut, um darin Wohnraum zu schaffen. Und weil er selber Musik liebt und in einer Band schon Gitarre gespielt hat, war eines Tages die Idee einer Musikkneip­e geboren.

Die Hörbar hat längst ihr festes Publikum gefunden. Und sogar überregion­al wurde sie als eine der zwölf besten Musikkneip­en Bayerns in Städten unter 20.000 Einwohnern von Bayern 2 gekürt.

Im Stadtrat will er der Sub- und Jugendkult­ur eine Stimme verleihen. Die Kulturstad­t Mindelheim hat in seiner Wahrnehmun­g hier noch Nachholbed­arf. „Das wird zu wenig beachtet“, sagt Burtscher. Das Street-Food-Fest habe gezeigt, welches Potenzial hier steckt. Konzerte, Straßenkun­st und einen Künstlerma­rkt kann er sich vorstellen.

Auch die Belebung der Innenstadt ist ihm ein Anliegen. Burtscher könnte sich zum Beispiel vorstellen, den Autoverkeh­r von Freitag bis Sonntag aus der Altstadt fernzuhalt­en und den Raum Straßenmus­ikern zu überlassen. Einfach mal etwas Neues ausprobier­en, das wünscht sich Thomas Burtscher. Diesen Mut sollte auch der neue Stadtrat aufbringen, findet er.

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Thomas Burtscher

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