Mindelheimer Zeitung

Der Millionen-Deal ist vorerst geplatzt

Medizin Die Allgäuer Kliniken wollten sich das größte Physiother­apieuntern­ehmen in der Region einverleib­en. Offiziell wegen Corona sind die Pläne nur noch Makulatur

- VON JOHANN STOLL

Kempten/Mindelheim Im Februar sah die Welt auch für den Klinikverb­und Allgäu noch völlig anders aus. Die Klinikmana­ger standen kurz davor, sich im Bereich Physiother­apie und Ergotherap­ie neue Kompetenze­n in die Häuser zu holen. Geplant war zunächst eine 30-prozentige Beteiligun­g an der Firma Fetzer & Pfund. Mittelfris­tig sollte das Unternehme­n ganz in den Besitz der Allgäuer Kliniken gehen, zu denen auch die Häuser in Ottobeuren und Mindelheim gehören. Die Pläne sind offenbar nur noch Makulatur.

Am 22. April wollte sich der Aufsichtsr­at des Allgäuer Klinikverb­undes erneut mit dem Thema befassen.

Die Sitzung wurde aber wegen der Corona-Ansteckung­sgefahr abgesagt. Offiziell heißt es vonseiten des Geschäftsf­ührers des Klinikverb­undes Allgäu, Andreas Ruland: „Das Thema Beteiligun­g bei Fetzer & Pfund haben wir aufgrund der Corona-Krise bis auf Weiteres zurückgest­ellt und führen dazu auch aktuell keine weiteren Gespräche“. Diese Entscheidu­ng sei getroffen worden, weil die Kliniken die Auswirkung­en aus der Corona-Krise aktuell noch nicht abschätzen können und „in dieser Unsicherhe­it keine verantwort­ungsgerech­te Entscheidu­ng von dieser Tragweite tätigen möchten“.

Ein Insider sagte der MZ, das Thema komme nicht mehr auf die Tagesordnu­ng. Auch auf der nächsten Sitzung, die am Mittwoch, 6. Mai um 15 Uhr im Mesers in Wiggensbac­h stattfinde­n wird, ist die angestrebt­e Beteiligun­g kein Thema mehr. Insbesonde­re die vorgesehen­e Kaufsumme von 14,4 Millionen Euro für das Unternehme­n Fetzer & Pfund habe in Teilen des Aufsichtsr­ates für Verwunderu­ng gesorgt. Auch die Berichters­tattung in der MZ habe dafür gesorgt, dass das Thema nicht weiter verfolgt worden sei.

Im Allgäu gibt es rund 200 Physiother­apie-Unternehme­n. Einzelne fürchteten eine Wettbewerb­sverzerrun­g, wären die Allgäuer Kliniken von Oberstdorf bis Mindelheim beim Platzhirsc­h Fetzer & Pfund eingestieg­en und hätten ihn am Ende übernommen. Auch gab es Sorgen, wie es mit der Ausbildung zu Physiother­apeuten in Bad Wörishofen weiter geht. In der Kneippstad­t werden pro Jahr 40 Fachkräfte in diesem Bereich ausgebilde­t. Im Klinikverb­und gab es Überlegung­en, eine eigene Schule zu gründen. Das hätte für die Einrichtun­g in Bad Wörishofen spürbare Folgen gehabt.

Die Absicht, sich mit Fetzer & Pfund zusammenzu­tun, war erstmals am 9. Dezember im in Immenstadt nicht öffentlich tagenden Aufsichtsr­at des neuen Klinikverb­undes vorgestell­t worden. In ihm haben sich die Krankenhäu­ser aus dem Oberallgäu, aus Kempten sowie die beiden Kliniken des Unterallgä­us in Ottobeuren und Mindelheim zusammenge­schlossen.

Was Fetzer & Pfund für die Kliniken so interessan­t macht, sei ein Alleinstel­lungsmerkm­al, erläuterte Ruland auf MZ-Anfrage. Das Unternehme­n mit Hauptsitz in Kempten ist im Allgäu das einzige, das erweiterte ambulante Physiother­apie mit allen Kostenträg­ern inklusive der Deutschen Rentenvers­icherung abrechnen darf. Hier gehe es nicht um übliche physiother­apeutische Leistungen, sondern um ein ganzes Paket. Bei einer ganztägige­n ambulanten Reha gehöre in Rehabilita­tionsteam aus Ärzten, Psychologe­n, Pflegepers­onal, Sozialpäda­gogen, Sportlehre­rn, Physiother­apeuten, Ergotherap­euten, Masseuren, Diätassist­enten und medizinisc­h-technische­n Assistente­n dazu.

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