Sein Leben war „ Musik in allen Phasen“
Nachruf Auch als berühmter Musiker hat Georg Hörtnagel seine Kammlacher Wurzeln nie vergessen
Kammlach Georg Hörtnagel aus München war ein bekannter Kontrabassist, Dirigent und Manager mit Wurzeln in Kammlach. Trotz seiner Berühmtheit und seines großen Lebenswerkes hat er seine bäuerliche Herkunft nie verleugnet. Nun ist er im Alter von 93 Jahren gestorben.
Hörtnagel ist am 12. März 1927 geboren und hat seine Kindheit und Schuljahre in Oberkammlach zwischen Kuhstall und Dorfleben verbracht. Als einziger Nachkomme sollte er später mal die kleine Landwirtschaft seiner Eltern übernehmen. Doch wegen seiner besonderen musikalischen Begabung kam alles ganz anders. Der talentierte Bub konnte schon als Kind fast jedes Instrument ohne große Mühe spielen. Akkordeon, Violine, Klavier, Orgel und alle Blasinstrumente, die in der Dorfkapelle vertreten waren, gehörten dazu. Zum Glück erkannte der Musiklehrer aus Mindelheim sein absolutes Gehör. Er förderte seine musikalische Begabung und ermöglichte ihm als knapp 15-jährigen sogar die Aufnahmeprüfung am Konservatorium in Augsburg. Die Augsburger Professoren waren von der Musikalität des Kammlacher Buben zwar angetan, sie trauten ihm aber wegen seiner abgearbeiteten „Bauernpratzen“, wie sie sagten, im
Umgang mit Instrumenten nicht viel zu. Seine groben Arbeitshände kamen nicht von ungefähr. Weil alle Männer im Krieg waren, musste Georg zusammen mit Mutter und Großmutter zwei kleine Landwirtschaften der Familie umtreiben. Folglich war es ihm auch nur einmal pro Woche möglich das Konservatorium zu besuchen. Trotz dieser Umstände wurde er als noch Jugendlicher bald zu einem perfekten Kontrabassisten. Im Frühjahr 1944 rief dann der Arbeitsdienst und im September 1944 musste Georg Hörtnagel als 17-Jähriger in den Krieg. Dieser endete für ihn im April 1945, als ihn die Amerikaner beim Kloster Weltenburg gefangen nahmen.
Wieder Zuhause in Oberkammlach, zog es den 18-jährigen Bauernbub schon Ende 1945 zur großen Enttäuschung seiner Eltern nach München, wo er bei den Amerikanern als Jazzmusiker unterkam. Aus seinem Verdienst konnte er ein Studium an der Musikhochschule München finanzieren. Am 1. März 1948 trat Hörtnagel dann seine erste Stelquer le als jüngstes Mitglied im Orchester der Bayerischen Staatsoper an. Dirigent war damals Richard Strauß. Bald wurde er zum Ersten Bassisten befördert und spielte dann 18 Jahre lang an der Staatsoper. So machte sich Georg Hörtnagel als Kammermusiker einen internationalen Namen und errang als exzellenter Kontrabassist Weltruf. Am Konservatorium in Nürnberg unterrichtete Hörtnagel viele Jahre als Musikprofessor.
1966 war ein Schicksalsjahr. Damals hat ihn eine schwere Handverletzung abrupt aus seinem erfolgreichen Berufsleben gerissen. Zusammen mit seiner Frau baute er dann eine Konzertagentur in München auf und eröffnete nach und nach mehrere Zweigstellen. Georg Hörtnagel selbst konzentrierte sich fortan auf solistische und kammermusikalische Auftritte. Später dirigierte er auch Symphoniekonzerte und Opern, nachdem er in Augsburg das Dirigierhandwerk erlernt hatte. Nach dem Tod seiner Frau und des Sohnes im Jahre 1980 engagierte er sich vorübergehend in Russland und
durch Osteuropa. Hörtnagel initiierte einen lebhaften Kulturaustausch zwischen Russland und Deutschland und bekam für dieses Engagement das Bundesverdienstkreuz.
Wieder zurück in Deutschland widmete er sich seiner Konzertagentur, die bald zu einer der bedeutendsten Konzertdirektionen Deutschlands wurde. Er blieb „Musiker durch und durch“, wie er stets betonte. Auch in der Kirche seines Heimatdorfes Oberkammlach gab er noch gelegentlich Kostproben seines Könnens. 2017 feierte er noch seinen 90. Geburtstag in der Nürnberger Meistersingerhalle mit einem Festkonzert. Bei seinem Besuch in Oberkammlach bezeichnete er 2017 sein ganzes Leben als „ Musik in allen Phasen“. Seinem Heimatort Oberkammlach ist er trotz seiner Berühmtheit stets verbunden geblieben. Er kam immer wieder gerne in sein beschauliches Kammlach zurück. Hier hat er in aller Stille auch manche Projekte im Dorf unterstützt und gerne alte Freundschaften gepflegt.