Marode Kirchhofsmauer kommt Türkheim teuer zu stehen
Gemeinderat Zur Sanierung klafft eine finanzielle Lücke von 76.000 Euro, die aus der Gemeindekasse kommen sollen. Eine Vereinbarung erregt die Gemüter vieler Gemeinderäte
Türkheim So manches Ratsmitglied hätte sich sein Ausscheiden aus dem Türkheimer Gremium am letzten Sitzungstag vor der konstituierenden Sitzung wohl anders gewünscht, mit etwas mehr Pathos vielleicht, oder ausschließlich mit Tagesordnungspunkten, die ohne Kontroversen abgearbeitet werden können. Allein, es sollte anders kommen.
Das fehlende Pathos ist schnell erklärt. So macht es das Coronavirus nötig, eine würdevolle Verabschiedung verdienter, bisweilen langjährig wirkender Gemeinderatsmitglieder auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. Ein Umstand, der bei allen Beteiligten auf breites Verständnis trifft.
Nicht ganz so leicht wurde es dem Gremium jedoch mit der Tagesordnung
gemacht. Denn noch einmal stand die sanierungsbedürftige Kirchhofsmauer, die sich etwa drei Meter neben dem Sanierungsprojekt Waaghaus befindet, im Mittelpunkt der Gremienarbeit. Diese auf etwa 800 Jahre alt geschätzte Mauer wurde zwischenzeitlich auf Statik und Zustand untersucht, eine Kostenkalkulation erstellt und die mögliche Übernahme dieser Kosten eruiert (MZ berichtete).
Da die Kirchhofsmauer in die Bauherrschaft der örtlichen Kirchenstiftung fällt, signalisierte das zuständige Bischöfliche Ordinariat des Bistums Augsburg eine Bezuschussung. Das bedeutet: 60 Prozent der Sanierungskosten für diese Mauer übernimmt die Diözese, die übrigen 40 Prozent der Kosten müsste die Marktgemeinde berappen.
Allerdings wurde im Rahmen der Kostenschätzung nur die Ostseite herangezogen. Nun steht fest, dass auch die Westseite gemacht werden müsse, um beispielsweise das Eindringen von Wasser zu vermeiden, erklärte Bürgermeister Christian Kähler. Die Sanierungskosten wären dadurch nun deutlich gestiegen, der vorher anvisierte gemeindliche Kostenanteil in Höhe von 50.000 Euro nicht mehr zu halten. Jetzt müsste die Gemeinde 126.000 Euro investieren; damit bleibt eine finanzielle Lücke in Höhe von 76.000 Euro, die nun zur Sanierung des Waaghauses indirekt hinzukämen.
Da für das Waaghaus eine bestimmte Anzahl an Stellplätzen nachgewiesen werden müssten, die jedoch allein über das Grundstück nicht abzudecken wären, gibt es Überlegungen, vier Stellplätze auf dem Gelände in Besitz der Katholischen Pfarrpfründestiftung zu schaffen, legte anschließend Franz Haugg (FW) dar, der sich ob der aktuellen finanziellen Situation einen kleinen Seitenhieb auf Architekt Peter Kern nicht verkneifen konnte. Dieser hätte, kraft seines Amtes als damaliger Kreisheimatpfleger, die Kirchhofsmauer mit in die Waaghaus-Planungen übernehmen müssen.
Würde also die Gemeinde die gestiegenen Sanierungskosten übernehmen, würde die Kirchengemeinde im Gegenzug Parkfläche auf ihrem Grund zur Verfügung stellen, bestätigte denn auch Bürgermeister Christian Kähler, der die Gespräche dazu als „zuversichtlich“bezeichnete. Ein Agreement also, von dem beide Seiten profitierten. Zudem könnten Fördermittel für die Außenanlagen erwirkt werden, ergänzte Marktbaumeister Christian Schinnagl. Ein Signal der Regierung von Schwaben gebe es dazu. Dass dieser Antrag zur Übernahme der
Kostenlücke zu einer Unzeit komme, folgerte schließlich Otto Rinninger (FW); zudem ärgere ihn, dass die Folgen der neue Gemeinderat zu schultern hätte. „Heute tagt noch das alte Gremium, und das neue soll jetzt 76.000 Euro zusätzlich aufbringen?“
Es mit dem alten Gremium zu entscheiden, halte er für wichtig, widerlegte Christian Kähler. Auch die Kirchenstiftung sehe das so. Zudem erinnerte der Bürgermeister daran, dass jetzt im Juni ausgeschrieben werden müsse, da der bereits zugesagte Förderbetrag ansonsten wegfalle. „Und das will ich nicht verantworten!“, sagte Christian Kähler.
Etwas überrascht reagierte das Gremium dazu auf den Hinweis Franz Hauggs, das der im Mai vergangenes Jahr verabschiedete Bauantrag für das Waaghaus immer noch nicht genehmigt vorliegt. Tatsächlich liege dieser bereits seit einem Jahr beim Landratsamt, da immer noch Angaben - etwa die Kostenübernahme der Kirche - gefehlt hätten, erklärte Haugg.
Unverständnis ob der Kostensplittung zeigte auch Rätin Irmgard
Schäffler (SPD). Rund 1,8 Milliarden Euro schwer sei die Diözese Augsburg, „und wir sollen zahlen!“, sagte sie.
Gudrun Kissinger-Schneider (Grüne) konnte gar eine Art „Erpressungseffekt“erkennen, komme die Kirche mit der Parkplatz-gegenKostenübernahme-Idee kurz vor Ablauf des Förderzeitraums. Zudem stünde das Gremium in der Pflicht der Wähler, den Kostenrahmen wie im Haushalt vorgesehen, auch einzuhalten. „Wir sind ja bereit zu sanieren“, konstatierte sie, aber die Stiftung müsse dann auch mehr liefern.
Dass ein „Nachkarteln“bei der Diözese keinen Sinn mache, legte Christian Kähler dagegen. Einen Vorschlag könne die Verwaltung dennoch vorlegen: Der Betrag, den
„Die Diözese ist rund 1,8 Milliarden Euro schwer, und wir sollen zahlen.“
die Gemeinde bereit sei, zu übernehmen, werde gedeckelt; gleichzeitig werde aktiv an Einsparungen der Sanierungskosten gearbeitet.
Auch den Vorschlag Schäfflers, die Sanierung der Mauer zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen, musste Bürgermeister Kähler zurückweisen. Sinn mache nur eine gleichzeitige Sanierung, also Mauer und Waaghaus in einem Aufwasch, „worum neben dem Gutachter auch die Nachbarn bitten, um nicht über Gebühr eine Baustelle vor dem Haus haben zu müssen“, sagte Kähler. „Jetzt kommt man an die Mauer auch noch gut heran.“
Bevor das Gremium schließlich in die Beschlussphase wechselte, klärte VG-Kämmerer Claus-Dieter Hiemer über die sich dann ergebende Situation im Haushalt auf.
So hätten die vorab geplanten 50.000 Euro an Sanierungskosten erst den Haushalt 2023 belastet, „da wir die genauen Kosten nicht vorliegen hatten“. Sollte der Marktgemeinderat nun den aktualisierten Antrag mitgehen, werde der Haushalt jetzt belastet, „die 50.000 Euro dann aber in 2023 wieder herausfallen“.
Im Anschluss stimmte das Gremium mit 13 zu sieben Stimmen für den Antrag der Katholischen Kirchenstiftung, 40 Prozent der Gesamtkosten zur Mauersanierung abzüglich der Fördersumme zu übernehmen, gedeckelt auf maximal 126.000 Euro. Als Gegenwert erhält die Gemeinde die Möglichkeit, vier Stellflächen auf kirchlichem Grund zu erschließen.
Als Gegenwert vier Parkplätze auf kirchlichem Grund