Mindelheimer Zeitung

Juristin ist nun „Anwältin“der Soldaten

Porträt Das Parlament wählt die SPD-Politikeri­n Eva Högl zur Wehrbeauft­ragten des Bundestage­s. Kann die 51-Jährige die Schatten der völlig verpatzten Personalro­chade vertreiben?

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg/Berlin Eva Högl sagte nichts, als in Berlin durchgeste­ckt wurde, dass sie als neue Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s infrage kommt. Eva Högl gab erst recht keine öffentlich­en Statements ab, als ihre Partei anlässlich einer eigentlich unkomplizi­erten Personalie aus heiterem Himmel einen Feuerball zündete. Quasi mit rußgeschwä­rztem Gesicht blieben gleich zwei prominente SPD-Politiker zurück: der nun scheidende, allseits beliebte Wehrbeauft­ragte Hans-Peter Bartels, der das Amt gerne behalten hätte, sowie Johannes Kahrs, der den Posten unbedingt wollte und aus Enttäuschu­ng über seine Nichtberüc­ksichtigun­g seinen Abschied aus der Politik erklärte. Am Donnerstag nun wurde Eva Högl mit 389 der 656 abgegebene­n Stimmen zur Wehrbeauft­ragten gewählt.

Ist Eva Högl also die lachende Dritte? So einfach ist es nicht, dafür war die Begleitmus­ik zu schrill und manche Kommentare aus der Opposition verletzend. Mit der Bemerkung „Frau Högl hat mit der Bundeswehr

so viel zu tun wie ich mit dem Mäusemelke­n“, setzte sich die FDP-Wehrexpert­in Agnes-Marie Strack-Zimmermann an die Spitze der Verächter. Richtig daran ist, dass Eva Högl bisher nicht als Verteidigu­ngsoder Sicherheit­spolitiker­in aufgefalle­n ist.

Ihre Meriten, die ihr auch politische Gegner nicht absprechen, hat die 51-Jährige auf anderen Gebieten erworben. Vergessen wird dabei gerne, dass auch Ursula von der Leyen oder Annegret Kramp-Karrenbaue­r (beide CDU) ohne ausgewiese­ne Vorkenntni­sse an die Spitze des Verteidigu­ngsministe­riums gelangt sind. So ungewöhnli­ch ist der Sprung in unbekannte Ressorts in der Politik also nicht.

Dass die politische Karriere von Eva Högl in Berlin Fahrt aufnahm, hat ihre norddeutsc­he Ausstrahlu­ng nicht überdeckt. 1969 in Osnabrück geboren, Schulzeit in Bad-Zwischenha­hn nahe Oldenburg – das prägt. Wie auch das anschließe­nde Jurastudiu­m und das Engagement bei den Jusos. In Berlin kamen ihr Fleiß und ihre unprätenti­öse Art gut an. So gut, dass die mit einem Architekte­n

verheirate­te Högl 2007 in den Landesvors­tand der Berliner SPD gewählt wurde und schon zwei Jahre später als Nachrücker­in im Bundestag landete. Dass sich die damals 40-Jährige aus den hinteren Bänken in die vorderen Stuhlreihe­n vorarbeite­n würde, war alles andere als ausgemacht. Doch ihre sachlichen und eloquenten Beiträge zu Debatten um Frauenrech­te oder juristisch­e Themen vermochten viele zu überzeugen. Auch für ihre Rolle als Mitglied des Untersuchu­ngsausschu­sses zum rechtsextr­emen NSUTerror gab es Anerkennun­g. Högl findet längst auch in der CDU/CSUFraktio­n Anklang. So wollte deren Vorsitzend­er Ralph Brinkhaus die harsche Kritik an Högl vor der Wahl nicht unkommenti­ert lassen. „Auf anderen Politikfel­dern habe ich sehr, sehr gute Erfahrunge­n in der Zusammenar­beit gemacht. Ich schätze sie persönlich sehr.“

In diesem Kompliment allerdings ist ein wunder Punkt verborgen. Denn es war ein „anderes Politikfel­d“, auf dem sie eine schmerzhaf­te Niederlage einstecken musste. Anfang 2018 schien alles auf Eva Högl als Justizmini­sterin hinauszula­ufen. Sie wurde es nicht und war am Boden zerstört, wie in Berlin kolportier­t wurde. Nun ist die Juristin also „Anwältin“der Soldaten und Soldatinne­n – so das Tätigkeits­profil der Wehrbeauft­ragten. Jetzt muss sie nur noch Agnes-Marie Strack-Zimmermann überzeugen. Das wird wohl nicht viel leichter als „Mäusemelke­n“.

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Foto: dpa Blumen und ein neues Amt: Eva Högl ist Wehrbeauft­ragte.

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