Zwiespältiger Blick zurück
Frankreich Paris erwartet einen Tag der Stille
Paris Der 8. Mai als Tag der Befreiung von den deutschen Besatzern ist in Frankreich ein Feiertag. Angesichts der Corona-Krise und strikter Ausgangsbeschränkungen wurden zum 75. Jahrestag allerdings fast alle Veranstaltungen abgesagt. Präsident Emmanuel Macron wird lediglich wie üblich am Grab des unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen einen Blumenkranz ablegen.
Eine überaus prominent besetzte Feier hatte Frankreich bereits 2019 organisiert: Zum Gedenken an den D-Day am 6. Juni 1944, an dem die alliierten Soldaten an den Stränden der Normandie landeten und damit entscheidend zur späteren Niederlage der Wehrmacht beitrugen, kamen unter anderem US-Präsident
Donald Trump, Queen Elizabeth II., die damalige britische Premierministerin Theresa May, der kanadische Premierminister Justin Trudeau und Kanzlerin Angela Merkel. Die Menschen in der Region in Nordfrankreich erlebten die Ankunft von rund 156 000 Soldaten damals zunächst nicht unbedingt als positiv. Bei den heftigen Kämpfen kam es zu zahlreichen Zerstörungen von Dörfern und Städten und rund 20 000 Zivilisten verloren ihr Leben.
In der französischen Erinnerungskultur nimmt das Gedenken an den Ersten Weltkrieg, den sogenannten „Großen Krieg“, meist mehr Raum ein, da die Opferzahl und die Zerstörungen noch größer waren. Mit dem tapferen Frontsoldaten, dem „Poilu“, entstand eine mythische Figur, die in Büchern, Comics und Filmen verklärt wurde.
Der Zweite Weltkrieg hingegen wird zwiespältig betrachtet, da es zwar einen organisierten Widerstand gab und der spätere Präsident Charles de Gaulle im Londoner Exil eine wichtige Rolle für die Résistance spielte. Daneben steht aber die Kollaboration durch das Vichy-Regime. Erst 1995 hat Jacques Chirac als erster Staatschef eine Mitschuld an der Judenverfolgung durch das „Dritte Reich“eingestanden. Von den fast 76 000 französischen Juden, die deportiert wurden, kamen nur 2000 zurück.