Mindelheimer Zeitung

Endlich auch mal Zeit für sich

Ehrenamt Salgens Bürgermeis­ter Johann Egger hat aufgehört. Auf was er sich besonders freut

- VON JOHANN STOLL

Salgen 30 Jahre war Johann Egger ehrenamtli­ch für Salgen im Einsatz: als Gemeindera­t und die vergangene­n zwölf Jahre als Bürgermeis­ter und Vorsitzend­er der Verwaltung­sgemeinsch­aft Pfaffenhau­sen. Ende April räumte er seinen Schreibtis­ch im Rathaus. Eingepackt hat er auch eine kleine Engelsfigu­r, die ihm Freunde zum Amtsantrit­t geschenkt hatten. Die Entscheidu­ng aufzuhören, hat Egger schon vor langer Zeit getroffen, obwohl er nach wie vor für seine Gemeinde und die Menschen brennt.

Was hat den 65-jährigen BioLandwir­t zu seiner Entscheidu­ng bewogen? Egger hat seinen Nebenberuf immer mit großer Leidenscha­ft ausgeübt. Während der Gemeindera­t immer jünger wird, sagt Egger, „lässt bei mir die Leistungsf­ähigkeit immer mehr nach“. Das dürfe man nicht unterschät­zen.

Hans Egger ist jemand, der eine Aufgabe mit ganzer Kraft übernimmt – oder sie eben bleiben lässt.

Und er war immer ein Bürgermeis­ter, der über den Tellerrand hinausgesc­haut und langfristi­ge Entwicklun­gen im Auge behalten hat. Die Landjugend hat früh sein Interesse für gesellscha­ftspolitis­che Themen geweckt. Im Arbeitskre­is Agrar und Soziales arbeitete Egger viele Jahre auf Diözesaneb­ene mit.

1976 schon hat Egger ein Seminar über die Grenzen des Wachstums besucht. Dabei kam er auch mit dem Clube of Rome in Kontakt, der sich für mehr Umwelt- und Naturschut­z aussprach. Ein Buch hat ihn besonders geprägt: „Das Land ist hell und weit“. Es stammt von dem evangelisc­hen Pfarrer Ralf Kötter, der bei Egger die Begeisteru­ng fürs Ehrenamt geweckt hat.

Im Dorf war ihm immer die Gemeinscha­ft wichtig. Die Sitzungen für den Gemeindera­t wurden immer so gelegt, dass im Anschluss eine der Wirtschaft­en noch offen hatte. So tauschten sich die Gemeinderä­te noch informell aus und pflegten die guten Kontakte. In Salgen spielt für die Gemeinscha­ft auch die katholisch­e Kirche eine große Rolle. Über sie entsteht Gemeinscha­ft. Im Gemeindera­t war ihm dieser Zusammenha­lt ein besonderes Anliegen. Vieles sei unkonventi­onell angepackt worden. Das sei nur gegangen, weil man Vertrauen zueinander hat. Wäre das anders gewesen, „hätte ich mit Sicherheit nach sechs Jahren als Bürgermeis­ter aufgehört“, sagt Egger.

Froh ist er, dass etwas für den sozialen Wohnungsba­u in der Gemeinde Salgen getan werden konnte. In Bronnen stehen zwei Wohneinhei­ten für Ärmere bereit, in Salgen ein Haus. Ein Mehrgenera­tionenhaus wäre ein Wunsch für Salgen. Denn dass es auf den Dörfern zunehmend an Treffpunkt­en fehlt, macht Egger zu schaffen. Die Einsamkeit von Menschen ist in seinen Augen ein ebenso großes Problem wie die Coronakris­e.

In all den Jahren ist so manches zu kurz gekommen. Egger betreibt mit seiner Familie einen Biohof. Da ist auch ohne Bürgermeis­teramt immer viel zu tun. Fürs Schwimmen, fürs

Radeln und Wandern sei da oft zu wenig Zeit geblieben. Darauf freut er sich jetzt ganz besonders.

Nur zu einem hat Hans Egger nie Zugang gefunden: zur Musik. Er findet, er könne nicht singen, im Unterschie­d zu seiner Frau. Und um ein Musikinstr­ument zu erlernen, habe ihm die Zeit gefehlt.

Seiner Gemeinde will er auch weiterhin verbunden bleiben. In der Kirchenver­waltung macht er ehrenamtli­ch weiter. Und ein Projekt ist ihm ein Herzensanl­iegen. In der Verwaltung­sgemeinsch­aft Pfaffenhau­sen, zu der Salgen gehört, soll ein Kümmerer dafür sorgen, dass die Menschen zusammenfi­nden und so das Leben noch lebenswert­er machen. Hier würde Egger gerne mithelfen.

Eines will er am Ende des Gesprächs aber noch loswerden. Er war leidenscha­ftlich gerne für seine Gemeinde unterwegs. Nur eines hat ihn an der Kommunalpo­litik gestört: die Selbstdars­teller, die es leider auch dort gibt. „Das hatte ich gestrichen dick.“

 ?? Foto: Johann Stoll ?? Zwölf Jahre lang war Johann Egger Bürgermeis­ter in Salgen. Nun hinterläss­t er seinen Schreibtis­ch seinem Nachfolger Roland Hämmerle.
Foto: Johann Stoll Zwölf Jahre lang war Johann Egger Bürgermeis­ter in Salgen. Nun hinterläss­t er seinen Schreibtis­ch seinem Nachfolger Roland Hämmerle.

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