Muttertag mal anders
Corona-Krise Nach Wochen des Alleinseins können Ältere in Seniorenheimen endlich wieder besucht werden. Die Freude ist bei allen riesengroß
Nach Wochen dürfen die Bewohner von Seniorenheimen pünktlich zum Muttertag wieder Besuch empfangen. Was das für sie bedeutet, lesen Sie auf
Mindelheim Am Muttertag kommen immer alle zusammen – ihre vier Kinder, Enkel, Urenkel. Elisabeth Schröder ist in den vergangenen Jahren regelmäßig hinausgefahren nach Mussenhausen zu ihrer Mama. Am Muttertag hat sie die betagte Dame zum gemeinsamen Essen im Kreis der Familie abgeholt. Im dortigen Seniorenzentrum lebt ihre Mutter Elsa Maria Ried, die vorigen Mittwoch 91 Jahre alt geworden ist und bis ins hohe Alter die Bäckerei Ried in Mindelheim geführt hat. Auch heuer wird die Tochter vorbeischauen. Aber einen persönlichen Kontakt wird es wohl nur kurz geben können.
Die Corona-Pandemie fordert vor allem mit Rücksicht auf die besonders gefährdeten älteren Menschen ganz besondere Vorsicht. Besuche sind zwar wieder möglich, aber nur unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften. In Mussenhausen ist die Heimleitung wie in anderen Seniorenresidenzen sorgsam darauf bedacht, die Älteren und die Mitarbeiter vor Ansteckung zu schützen. Wenn die 91-Jährige ihr Zimmer verlässt, um im Erdgeschoß ihre drei Essen am Tag einzunehmen, setzt sie sich immer eine Mund- und Nasenmaske auf, erzählt ihre Tochter. Nur am Tisch nimmt sie das ungewohnte Teil ab.
Für Elsa Maria Ried und ihre Mitbewohner bedeutet die Corona- Zeit vor allem eines: Sie sind viel allein und es fällt ihnen sehr schwer, damit zurechtzukommen. Um sie auf andere Gedanken zu bringen, telefoniert ihre Tochter viel mit ihrer Mutter. Und nicht immer versteht diese, warum sie jetzt so oft allein sein muss.
In Mussenhausen gibt es eine kleine Kapelle. Dort finden zu normalen Zeiten regelmäßig gemeinsame Gottesdienste statt. Elsa Maria Ried ist die Teilnahme sehr wichtig. Sie ist eine sehr gläubige Frau. Wegen Corona mussten aber auch diese Gottesdienste für die Heimbewohner ausfallen. Immerhin kann sie über Radio Horeb Gebete hören und auch mal den Rosenkranz mitbeten. Über den Alltag hilft ihr auch die Mindelheimer Zeitung, die sie sehr aufmerksam liest. Besonders freut sie sich auch, dass es in jüngster Zeit immer wieder mal ein Extra-Kreuzworträtsel gibt.
Und sie zehrt auch von den schönen Zeiten, die noch gar nicht so lange zurückliegen. Am 6. Mai 2019 feierte Elsa Maria Ried ihren 90. Geburtstag. Damals kam die Großfamilie in Dorschhausen in der Forelle zum gemeinsamen Essen zusammen. „Ihre Enkel und Urenkel vermisst sie sehr“, erzählt ihre Tochter am Telefon.
Dieses Jahr ist alles anders. Am Geburtstag vergangenen Mittwoch schaute die Familie in Mussenhausen vorbei und sang ein Ständchen. Die Jubilarin konnte das aber nur vom Fenster aus mitverfolgen.
Am morgigen Muttertag wird Elisabeth Schröder wieder nach Mussenhausen fahren. Weil die Corona-Vorschriften gelockert wurden, ist endlich wieder ein Wiedersehen möglich – mit dem gebotenen Abstand. Wochenlang ohne Besuch musste auch Veronika Altmayr zurechtkommen. Die Mindelheimerin ist 95 Jahre alt und lebt im Haus St. Georg in der Kreisstadt. Vor Corona wurde sie nahezu täglich besucht: Von ihren beiden Töchtern und ihrem Sohn Johannes Altmayr, der in Pfaffenhausen lebt und in München in einem Immobilienbüro arbeitet.
Weil Besuche nicht möglich waren, wurde viel telefoniert. „Meine Mutter ist damit gut klar gekommen“, erzählt Johannes Altmayr. Sie habe in ihrem Leben schon ganz anderes erlebt. „Corona schockt mich nicht“, hat sie kürzlich gesagt.
Aber natürlich freut sich auch
Veronika Altmayr sehr über persönliche Kontakte, zum Beispiel, wenn Dekan Andreas Straub vorbeischaut, was dieser regelmäßig tut.
Am Muttertag will ihr Sohn auf jeden Fall vorbeischauen. Einen Blumenstrauß will er mitnehmen und eine Kleinigkeit zum Naschen. „Aber das ist ihr nicht wichtig. Sie freut sich, dass jemand kommt“.
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Mai-Andacht Am Sonntag, 10. Mai, feiert Dekan Andreas Straub um 11 Uhr bei gutem Wetter eine Mai-Andacht im Innenhof des Caritas-Seniorenzentrums. Unterstützt wird er dabei von Kirchenmusiker Johannes Steber.