Harte Strafe für Tankstellenräuber
Justiz Jugendschöffengericht schickt Heranwachsenden für Überfall auf Tankstelle über fünf Jahre ins Gefängnis. Der Richter redet dem Angeklagten ins Gewissen
Bad Wörishofen/Memmingen Den Abend wird ein junger Mitarbeiter einer Tankstelle in der Kneippstadt nicht mehr so schnell vergessen. Ende vergangenen Dezembers kam gegen 21.30 Uhr ein junger Mann in die Tankstelle, hielt dem Mitarbeiter ein Messer an den Hals und verlangte alles Geld in der Kasse. Bei einem Gerangel verletzte der Täter den Tankwart auch noch an einem Finger und verursachte eine blutende Wunde.
Nachdem der Täter rund 1000 Euro eingesackt hatte, verschwand er wortlos. Im Januar dieses Jahres klickten dann die Handschellen. Die Kripo Memmingen und Polizeibeamte aus Bad Wörishofen hatten den Täter, einen Heranwachsenden aus Afghanistan, der 2015 nach Deutschland gekommen war, ermittelt. Er stand nun wegen räuberischer Erpressung und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vor dem Jugendschöffengericht. Dieses schickte ihn nun für fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis.
„Ich war an dem Abend gerade mit Zigarettenauffüllen beschäftigt“, erklärte der Mitarbeiter, als der Täter in die Tankstelle gekommen sei. Er sei ihm gleich wegen der „aggressiven Haltung“aufgefallen. Dieser habe ihn dann in den
Schwitzkasten genommen und dann sei ihm ein Messer an den Hals gehalten worden. Er habe dann verlangt, alles Geld aus der Kasse in eine Tasche zu packen, „ansonsten müsse er sterben“. Der Täter sei dann mit Geld verschwunden und er habe die Polizei gerufen. Auf Befragen von Richter Dr. Markus Veit erklärte der Geschädigte, dass er drei Wochen krank geschrieben wurde und psychologische Betreuung gebraucht habe.
Der Täter trug bei der Tat eine auffällige Jacke mit Kapuze. Wenige Tage nach dem Überfall tauchte er bei der Polizei auf und erkundigte sich, ob sein Name bei einem anderen Vorfall im November aufgetaucht sei. Der Wörishofer Beamte erinnerte sich an den Überfall und so kam der Angeklagte in den Fokus der Ermittlungen.
Das Landeskriminalamt wurde ebenfalls zur Abgleichung der Videoaufnahmen eingeschaltet und am 24. Januar stand die Polizei dann vor der Tür der Wohnung des Angeklagten. Bei der Hausdurchsuchung wurden auch noch geringe Mengen eines Betäubungsmittels gefunden. Nicht gefunden wurden Messer und das gestohlene Geld. Zu Prozessbeginn räumte der Angeklagte die Vorwürfe der räuberischen Erpressung ein und entschuldigte sich beim Geschädigten. Er sei zu dieser Zeit unter Alkohol und Drogen gestanden, das Geld habe er für seine Sucht gebraucht. Er könne sich an den Abend nicht mehr erinnern.
Die Jugendgerichtshilfe schilderte den Werdegang des Angeklagten: In Afghanistan geboren, wanderte er mit seiner Großfamilie in den Iran aus, wo man eine kleine Landwirtschaft betrieb. Im Iran sah er keine Perspektiven, deswegen machte er sich 2015 alleine auf den Weg nach Deutschland.
Trotz guter Betreuung und Hilfsangeboten habe der Angeklagte nie richtig Fuß gefasst, so die Jugendgerichtshilfe. Erstmals richtig aufgefallen sie er 2018, als er einem anderen Asylbewerber ein Messer in den Oberschenkel rammte und dieser dabei erheblich verletzt wurde. Dafür hatte der Angeklagte schon eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bekommen. Der Angeklagte würde sich ungern an Regeln halten und sei drogenabhängig. Insgesamt sei die Sozialprognose eher ungünstig.
Die Staatsanwältin sah ebenfalls schädliche Neigungen und stellte heraus, dass der Angeklagte den Tankwart mit dem Tode bedroht habe. Sie forderte unter Einbeziehung der Vorstrafe eine Gesamtstrafe von drei Jahren und zehn Monaten. Der Verteidiger schilderte seinen Mandanten eigentlich als ruhigen Menschen und bat um ein Urteil, mit dem der Angeklagte weg von Alkohol und Drogen komme.
Nachdem Dr. Veit sich mit den Schöffen zur Beratung zurückgezogen hatte, gab es bei der Urteilsverkündung doch eine Überraschung: Das Urteil lautete mit Einbeziehung der Bewährungsstrafe auf fünf Jahre und drei Monate.
Dem Angeklagten sei bei der letzten Verurteilung klar gesagt worden, dass dies seine letzte Chance sei. Die habe er ungenutzt gelassen. Veit sagte weiter, er nehme dem Angeklagten die angebliche Unzurechnungsfähigkeit wegen Alkohols nicht ab. „Du hast genau gewusst, was du tust.“Er habe die Tankstelle schon vorher ausgespäht und gewartet, bis der Tankwart alleine war.
Er habe den jungen Mann in Todesangst versetzt. Deutschland als Gastland habe ihn gut behandelt und viel Unterstützung widerfahren lassen. Er riet dem Angeklagten abschließend, in der Zeit der Haft eine Berufsausbildung zu machen, auf der er nach der Entlassung und vermutlichen Abschiebung in seinem Heimatland aufbauen könne.
Der Täter brachte sich selbst in Verdacht