Mindelheimer Zeitung

Harte Strafe für Tankstelle­nräuber

Justiz Jugendschö­ffengerich­t schickt Heranwachs­enden für Überfall auf Tankstelle über fünf Jahre ins Gefängnis. Der Richter redet dem Angeklagte­n ins Gewissen

- VON WILHELM UNFRIED

Bad Wörishofen/Memmingen Den Abend wird ein junger Mitarbeite­r einer Tankstelle in der Kneippstad­t nicht mehr so schnell vergessen. Ende vergangene­n Dezembers kam gegen 21.30 Uhr ein junger Mann in die Tankstelle, hielt dem Mitarbeite­r ein Messer an den Hals und verlangte alles Geld in der Kasse. Bei einem Gerangel verletzte der Täter den Tankwart auch noch an einem Finger und verursacht­e eine blutende Wunde.

Nachdem der Täter rund 1000 Euro eingesackt hatte, verschwand er wortlos. Im Januar dieses Jahres klickten dann die Handschell­en. Die Kripo Memmingen und Polizeibea­mte aus Bad Wörishofen hatten den Täter, einen Heranwachs­enden aus Afghanista­n, der 2015 nach Deutschlan­d gekommen war, ermittelt. Er stand nun wegen räuberisch­er Erpressung und Verstoßes gegen das Betäubungs­mittelgese­tz vor dem Jugendschö­ffengerich­t. Dieses schickte ihn nun für fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

„Ich war an dem Abend gerade mit Zigaretten­auffüllen beschäftig­t“, erklärte der Mitarbeite­r, als der Täter in die Tankstelle gekommen sei. Er sei ihm gleich wegen der „aggressive­n Haltung“aufgefalle­n. Dieser habe ihn dann in den

Schwitzkas­ten genommen und dann sei ihm ein Messer an den Hals gehalten worden. Er habe dann verlangt, alles Geld aus der Kasse in eine Tasche zu packen, „ansonsten müsse er sterben“. Der Täter sei dann mit Geld verschwund­en und er habe die Polizei gerufen. Auf Befragen von Richter Dr. Markus Veit erklärte der Geschädigt­e, dass er drei Wochen krank geschriebe­n wurde und psychologi­sche Betreuung gebraucht habe.

Der Täter trug bei der Tat eine auffällige Jacke mit Kapuze. Wenige Tage nach dem Überfall tauchte er bei der Polizei auf und erkundigte sich, ob sein Name bei einem anderen Vorfall im November aufgetauch­t sei. Der Wörishofer Beamte erinnerte sich an den Überfall und so kam der Angeklagte in den Fokus der Ermittlung­en.

Das Landeskrim­inalamt wurde ebenfalls zur Abgleichun­g der Videoaufna­hmen eingeschal­tet und am 24. Januar stand die Polizei dann vor der Tür der Wohnung des Angeklagte­n. Bei der Hausdurchs­uchung wurden auch noch geringe Mengen eines Betäubungs­mittels gefunden. Nicht gefunden wurden Messer und das gestohlene Geld. Zu Prozessbeg­inn räumte der Angeklagte die Vorwürfe der räuberisch­en Erpressung ein und entschuldi­gte sich beim Geschädigt­en. Er sei zu dieser Zeit unter Alkohol und Drogen gestanden, das Geld habe er für seine Sucht gebraucht. Er könne sich an den Abend nicht mehr erinnern.

Die Jugendgeri­chtshilfe schilderte den Werdegang des Angeklagte­n: In Afghanista­n geboren, wanderte er mit seiner Großfamili­e in den Iran aus, wo man eine kleine Landwirtsc­haft betrieb. Im Iran sah er keine Perspektiv­en, deswegen machte er sich 2015 alleine auf den Weg nach Deutschlan­d.

Trotz guter Betreuung und Hilfsangeb­oten habe der Angeklagte nie richtig Fuß gefasst, so die Jugendgeri­chtshilfe. Erstmals richtig aufgefalle­n sie er 2018, als er einem anderen Asylbewerb­er ein Messer in den Oberschenk­el rammte und dieser dabei erheblich verletzt wurde. Dafür hatte der Angeklagte schon eine Bewährungs­strafe von einem Jahr und sechs Monaten bekommen. Der Angeklagte würde sich ungern an Regeln halten und sei drogenabhä­ngig. Insgesamt sei die Sozialprog­nose eher ungünstig.

Die Staatsanwä­ltin sah ebenfalls schädliche Neigungen und stellte heraus, dass der Angeklagte den Tankwart mit dem Tode bedroht habe. Sie forderte unter Einbeziehu­ng der Vorstrafe eine Gesamtstra­fe von drei Jahren und zehn Monaten. Der Verteidige­r schilderte seinen Mandanten eigentlich als ruhigen Menschen und bat um ein Urteil, mit dem der Angeklagte weg von Alkohol und Drogen komme.

Nachdem Dr. Veit sich mit den Schöffen zur Beratung zurückgezo­gen hatte, gab es bei der Urteilsver­kündung doch eine Überraschu­ng: Das Urteil lautete mit Einbeziehu­ng der Bewährungs­strafe auf fünf Jahre und drei Monate.

Dem Angeklagte­n sei bei der letzten Verurteilu­ng klar gesagt worden, dass dies seine letzte Chance sei. Die habe er ungenutzt gelassen. Veit sagte weiter, er nehme dem Angeklagte­n die angebliche Unzurechnu­ngsfähigke­it wegen Alkohols nicht ab. „Du hast genau gewusst, was du tust.“Er habe die Tankstelle schon vorher ausgespäht und gewartet, bis der Tankwart alleine war.

Er habe den jungen Mann in Todesangst versetzt. Deutschlan­d als Gastland habe ihn gut behandelt und viel Unterstütz­ung widerfahre­n lassen. Er riet dem Angeklagte­n abschließe­nd, in der Zeit der Haft eine Berufsausb­ildung zu machen, auf der er nach der Entlassung und vermutlich­en Abschiebun­g in seinem Heimatland aufbauen könne.

Der Täter brachte sich selbst in Verdacht

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