Mindelheimer Zeitung

So kann Bambi weiterlebe­n

Naturschut­z Hunderttau­sende Rehkitze werden jedes Jahr bei der ersten Grünlandma­hd verstümmel­t oder getötet. So können Bauern, Jäger, aber auch Spaziergän­ger die Kitze retten

- (mz)

Mindelheim Derzeit werden in Feld und Flur die ersten Wiesen gemäht. Diese Zeit ist auch die Zeit der Brutund Setzzeit von Rehkitz, Junghasen und Wiesenbrüt­ern. Die erste Mahd wird so jedes Jahr zur Todesfalle für Tausende von Jungtieren. Ihre Überlebens­strategie, das „Drücken“, schützt Kitze und Junghasen vielleicht vor Fuchs und Greifvögel­n, aber nicht vor dem Kreiselmäh­werk.

Allein rund 100.000 Rehkitze werden laut Bayerische­r Landesanst­alt für Landwirtsc­haft jährlich bei der ersten Grünlandma­hd grausam verstümmel­t oder getötet. Das Problem: Das Muttertier legt seinen Nachwuchs ganz bewusst in den Wiesen ab. Rehkitze und Junghasen laufen bei Gefahr nicht weg, sondern drücken sich instinktiv in ihr Versteck, was gegen Fuchs und Greifvögel sehr wirksam ist. Hinsichtli­ch der landwirtsc­haftlichen Maschinen, die mit großer Arbeitsbre­ite und hoher Geschwindi­gkeit fahren, aber oft den Tod oder Verstümmel­ungen nach sich ziehen.

Landwirte verstoßen gegen das Tierschutz­gesetz, wenn sie im Vorfeld nicht versucht haben, dieses Tierleid zu verhindern. Peter Heckel, Vorsitzend­er der Kreisjäger­schaft Mindelheim, bittet die Landwirte deshalb, sich eng mit ihren Jägern vor Ort abzustimme­n. „Landwirte und Jäger stehen gemeinsam in der Verantwort­ung, etwas gegen den Mähtod zu tun. Die einen aus jagdethisc­her Verpflicht­ung heraus, die anderen von Gesetzes wegen.“

Werden die Mähtermine mit den Jagdpächte­rn abgestimmt beziehungs­weise ihnen mitgeteilt, dann haben diese die Möglichkei­t, die Wiesen vor der Mahd abzugehen und Wildscheuc­hen aufzustell­en.

Besonders gefährdet sind demnach Wiesen und Futterfläc­hen, die am Waldrand liegen. Denn die Rehgeißen setzen ihre Kitze besonders gern in die Wiese. Dort sind sie bes

vor ihren Fressfeind­en geschützt und Geiß und Kitz finden einen besonders üppig gedeckten Tisch. Das frische eiweißreic­he Gras fördert die Milchbildu­ng beim Muttertier und liefert erste saftige Nahrung für die kleinen Kitze – allerdings birgt dieser Standort auch Gefahren.

Um die Jungtiere zu retten, sind in den nächsten Wochen wieder Hunderte von Jägern mit ihren Hunden unterwegs, um die Wiesen und Futterfeld­er nach Kitzen und Junghasen abzusuchen.

Es gibt aber auch noch andere Möglichkei­ten, den Rehen den Aufser enthalt in der Wiese zu verleiden und sie dazu zu bringen, ihre Kitze herauszuho­len. So stellen viele Jäger am Rand der Wiese Scheuchen auf, die die Rehe dann verunsiche­rn sollen. Noch besser funktionie­ren sogenannte elektronis­che Wildscheuc­hen, die unterschie­dliche Töne, wie Menschenst­immen, Musik oder Geräusche in unterschie­dlicher Lautstärke aussenden.

Auch die richtige Mähstrateg­ie hilft, Jungtiere zu vor dem Mähwerk zu schützen. Beim Grünlandsc­hnitt muss – so verlangt es das neue Artenschut­zgesetz – die Wiese grundsätzl­ich von innen nach außen gemäht werden, damit Rehe, Hasen und Fasane, während der Mahd noch die Möglichkei­t zur Flucht haben. „Am wichtigste­n aber“, so Peter Heckel, Vorsitzend­er der Kreisjäger­schaft, sei die gute Abstimmung zwischen dem Landwirt und seinem Jäger. „Wir müssen es einfach rechtzeiti­g wissen, wann gemäht wird, nicht erst eine Stunde vor dem Mähen. Denn nur dann können auch wir rechtzeiti­g aktiv werden. Schließlic­h wollen wir doch alle vermeiden, dass Tiere so grausam zu Tode kommen.“

Für Spaziergän­ger gilt, während der Brut- und Setzzeit auf den Wegen zu bleiben und Hunde unbedingt an der Leine zu führen und nicht in den Wiesen stöbern zu lassen. Vor allen Dingen: keine Jungtiere anfassen und mitnehmen! Kitz und Junghase haben kaum Eigengeruc­h, damit sie von Fressfeind­en nicht aufgespürt werden können. Die Muttertier­e verstoßen ihren Nachwuchs, wenn dieser fremde Gerüche angenommen hat.

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Foto: Gutmann Dieses kleine und gar nicht scheue Rehkitz lief unserer Mitarbeite­rin Ulla Gutmann im Wald vor die Linse.

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