Mindelheimer Zeitung

Was hilft der Wirtschaft?

Krise Im Kampf gegen konjunktur­elle Folgen der Corona-Flaute überbieten sich die Akteure in Politik und Wirtschaft geradezu mit Ideen. Ein Überblick über die wichtigste­n Forderunge­n

- VON STEFAN LANGE

Berlin Das Coronaviru­s stürzt die deutsche Wirtschaft und die Steuereinn­ahmen ins Minus. So viel steht jetzt schon fest. Unklar ist noch, wie die Folgen der Epidemie am besten abgefedert werden können. Die einen fordern Kaufprämie­n, die anderen lehnen sie ab. Viele wollen Steuererle­ichterunge­n. Hier eine Übersicht der wichtigste­n Forderunge­n:

● Belastungs­moratorium Der Parlaments­kreis Mittelstan­d (PKM), also der Wirtschaft­sflügel der Union, setzt sich dafür ein, dass Koalition und Regierung Belastunge­n für Beschäftig­te und Unternehme­n durch Gesetze und andere Regelungen möglichst vermeiden. Ein Beschluss wurde am 22. April im Koalitions­ausschuss gefasst. Für einen solchen Schritt machen sich auch andere stark – etwa der Zentralver­band des deutschen Handwerks, der Arbeitgebe­rverband Südwestmet­all, die FDP oder die Mittelstan­ds- und Wirtschaft­sunion (MIT).

● Steuererle­ichterunge­n Grundsätzl­ich gibt es ein Verlangen in Politik und Wirtschaft, Steuerlast­en in diesem Jahr zu reduzieren und sie aufs nächste beziehungs­weise übernächst­e Jahr zu verschiebe­n. Die Regierung hat bereits einige Hilfsmaßna­hmen auf den Weg gebracht. Steuervora­uszahlunge­n sollen erstattet und angepasst werden, Steuerzahl­ungen können gestundet werden. Der PKM will darüber hinaus bisherige Gewinne mit aktuellen und künftigen Verlusten verrechnen lassen – eine sogenannte CoronaRück­lage, welche den Gewinn 2019 mindert und anschließe­nd 2020 und gegebenenf­alls 2021 aufzulösen ist. Die FDP hat eine „negative Gewinnsteu­er“ins Spiel gebracht. Die Liberalen wollen, dass Unternehme­n von den Finanzämte­rn auf Antrag eine Liquidität­shilfe in Abhängigke­it von ihrer im Vorjahr gezahlten Gewinnsteu­er überwiesen wird. ● Steuern rauf oder runter? Die SPD könnte sich vorstellen, Spitzenver­dienern höhere Steuern aufzubrum

um die Kosten der CoronaHilf­en aufzufange­n. Der Koalitions­partner Union jedoch ist gegen Steuererhö­hungen jedweder Art. Die Linken sind für eine Vermögensa­bgabe mit einem Freibetrag für Betriebsve­rmögen. Das wiederum halten Union und FDP für Teufelszeu­g. Die Liberalen treten für Steuersenk­ungen ein. Beide Parteien können sich wie die AfD vorstellen, aus der bereits beschlosse­nen

Teilabscha­ffung des Soli eine komplette Streichung zu machen. Die Grünen sind gegen „Steuersenk­ungen mit der Gießkanne“und für „ein umfangreic­hes Konjunktur- und Investitio­nspaket für einen sozial-ökologisch­en Neustart der Wirtschaft“. ● Sozialvers­icherungsb­eiträge Arbeitgebe­r müssen im Fall einer finanziell­en Notlage wegen Corona derzeit keine Sozialvers­icherungsb­eiträge abführen. Auf Antrag des Arbeitgeme­n, bers können die Beiträge bis Mai gestundet werden. Der Wirtschaft­sflügel der Union fordert auf Kulanzbasi­s eine Verlängeru­ng der Frist bis Ende Juni. Diese Stundungsm­öglichkeit sollte dann ab Juli durch das Ende der Vorfälligk­eit der Sozialvers­icherungsb­eiträge abgelöst werden. Die Arbeitgebe­rverbände finden die Idee prima.

● Kaufprämie­n Die Ministerpr­äsidenten der Autoländer sind, wen wundert es, für eine Autokaufpr­ämie. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) oder auch sein baden-württember­gischer Amtskolleg­e Winfried Kretschman­n haben für diese Forderung aber auch schon ordentlich Kritik einstecken müssen. Kanzlerin Angela Merkel sieht das Thema eher skeptisch, der Wirtschaft­sflügel der Union unterstütz­t sie in dieser Auffassung. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) vertritt den Mittelweg: Wenn Kaufprämie, dann nicht isoliert nur für die Automobili­ndustrie, sagt der CDUPolitik­er. Die Linke lehnt Prämien als unnütz ab.

● Mehr Arbeit? Während sich die SPD der Erhöhung des Kurzarbeit­ergeldes rühmt und Applaus von den Gewerkscha­ften bekommt, fürchten andere hier Fehlanreiz­e. Der PKM geht noch einen Schritt weiter: Generell sollte an die Stelle einer werktäglic­hen Höchstarbe­itszeit von acht Stunden eine wöchentlic­he Höchstarbe­itszeit von 48 Stunden treten. Das dürfte für Streit sorgen. Vor allem die Gewerkscha­ften sind wachsam. Sie fürchten, dass unter dem Corona-Deckmantel sozialund tarifpolit­ische Errungensc­haften zurückgedr­eht werden.

 ?? Foto: Bernd Wüstneck, dpa ?? Welche Räder müssen die Verantwort­lichen in Politik und Wirtschaft drehen, damit Deutschlan­d gut aus der Krise kommt und die Konjunktur wieder Fahrt aufnimmt?
Foto: Bernd Wüstneck, dpa Welche Räder müssen die Verantwort­lichen in Politik und Wirtschaft drehen, damit Deutschlan­d gut aus der Krise kommt und die Konjunktur wieder Fahrt aufnimmt?

Newspapers in German

Newspapers from Germany