Mindelheimer Zeitung

Für Josef Kerler endet ein „toller Job“

Abschied Warum Josef Kerler nach zwölf Jahren als Bürgermeis­ter von Eppishause­n beruhigt in den Ruhestand geht

- VON SANDRA BAUMBERGER

Eppishause­n Hätten ehrenamtli­che Bürgermeis­ter Anspruch auf Urlaub, hätte Josef Kerler locker schon im vergangene­n Jahr seinen Schreibtis­ch in der Gemeindeka­nzlei von Eppishause­n räumen können. Denn bis auf das eine oder andere verlängert­e Wochenende war der 69-Jährige in den vergangene­n zwölf Jahren immer im Dienst – und das auch, wenn er nicht in seinem Büro anzutreffe­n war. Sein Hof liegt praktische­rweise nämlich direkt nebenan und wurde so oft zur „Zweitkanzl­ei“. „Das war aber absolut erträglich“, versichert Kerler, der sich keineswegs als aufopferun­gsvoller Märtyrer darstellen will. „Ich hab’ das ja sehr, sehr gerne gemacht“, sagt er.

Die Politik ist eine Leidenscha­ft von ihm, schon in seiner frühesten Jugend hat er sich dafür interessie­rt – und sich schließlic­h auch selbst engagiert. 2002 wurde er auf der Liste der

CSU in den Kreistag gewählt und das mit so gutem Ergebnis, dass der Gedanke, auch als Bürgermeis­ter etwas bewirken zu können, nicht fernlag. Zumal er sich auch zuvor schon vielfältig engagiert und mitgestalt­et hat: 33 Jahre lang war er im Vorstand des Maschinenr­ings Unterallgä­u und auch im Landes- und Bezirksver­band aktiv, er war Aufsichtsr­atsvorsitz­ender und Vorstand der Molkerei und brachte sich in verschiede­nen Gremien der Tierzucht mit ein, um nur einige Beispiele zu nennen.

Entspreche­nd sei er schon vor seiner Wahl zum Bürgermeis­ter vier Tage die Woche unterwegs gewesen – „und als Bürgermeis­ter nicht weniger“, sagt Kerler, der im Gespräch mit der MZ mehrmals betont: „Da habe ich meiner Frau viel zu verdanken. Wenn sie und meine ganze Familie nicht so hinter mir gestanden wäre, wäre das gar nicht so gegangen“, ist er überzeugt. Sie hat ihm den Rücken freigehalt­en, sich um die sechs Kinder gekümmert und auch um die Landwirtsc­haft, Kerlers zweite große Leidenscha­ft. „Landwirt war immer mein Traumberuf. Das ist der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann“, sagt er. Den Hof hat er zwar längst an seinen Sohn übergeben, doch er arbeitet immer noch gerne mit. „Ich muss nicht helfen“, sagt er. „Aber ich mach’ das wahnsinnig gern.“

Genau wie das Bürgermeis­teramt, das er gerne noch weiter ausgeübt hätte, wenn er denn noch ein paar Jahre jünger wäre und wenn ihm die Bürger noch einmal ihr Vertrauen geschenkt hätten. Doch diesen Monat feiert er seinen 70. Geburtstag und Kerler findet: „Alles zu seiner Zeit. Es gehören irgendwann wieder Junge ran.“

Obwohl er diese Entscheidu­ng schon vor Jahren getroffen und nicht damit gehadert hat, kommt jetzt, wo es so weit ist, doch ein wenig Wehmut auf. „Das war für mich ein toller Job. Ich hab’ das immer gern gemacht und ich hab mich da voll reingehäng­t.“Und so schwingt auch ein wenig Stolz mit, wenn er erzählt, dass die Gemeinde für die geplante Erweiterun­g des Kindergart­ens gerade noch den höchstmögl­ichen Zuschuss bekommen hat, weil sie sich – wie auch bei der Förderung für den Radweg nach Mörgen – beherzt darum gekümmert hat. „Das sind Sachen, wo man dranbleibe­n muss“, sagt Kerler.

Nach seinem größten Erfolg gefragt, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: „Die Gas- und GlasVersor­gung. Damit haben wir unsere Gemeinde zukunftsfe­st gemacht. Es gibt Glasfaser in jedes Haus. Was wollen wir mehr?“Das und ein Erdgasnetz seien in einer Flächengem­einde wie Eppishause­n vor zehn Jahren undenkbar gewesen, sagt Kerler und spricht von einem Jahrhunder­tprojekt.

In den vergangene­n Jahren hat er es geschafft, eine Bezirkstag­ssitzung, zwei Bürgermeis­tertreffen des Bayerische­n Gemeindeta­gs Unterallgä­u und ein mittelschw­äbisches Bürgermeis­tertreffen nach Eppishause­n zu holen, das immerhin von sich behaupten kann, die geografisc­he Mitte Schwabens zu sein. „Da geht es auch darum, die Gemeinde zu präsentier­en“, sagt Kerler, dem durchaus bewusst ist, dass die idyllische Lage seines Heimatorte­s nicht nur Vorteile mit sich bringt.

„Wir haben zwar eine wunderschö­ne Landschaft, aber keinen Autobahnan­schluss und keinen Bahnhof. Deshalb müssen wir schauen, dass wir die Lebensqual­ität der Bürger erhalten und erhöhen.“Dazu soll auch der Flexibus beitragen, der – trotz der einen oder anderen Schwachste­lle – für Eppishause­n eine „große Errungensc­haft“sei. Um einen Anreiz zu schaffen, das Angebot auch zu nutzen, bekommen Senioren ab dem 75. Geburtstag von der Gemeinde Freifahrsc­heine geschenkt.

Kerler ist zufrieden mit dem, was er in den vergangene­n Jahren geschafft hat. Die Gemeinde steht gut da, finanziell sogar so gut wie nie zuvor. „Ich kann beruhigt gehen“, sagt er. Es sei stets sein Grundsatz gewesen, alle Bürger gleich zu behandeln und alle Ortsteile im Rahmen der finanziell­en Möglichkei­ten ausgewogen zu berücksich­tigen. „Was bleibt, ist die Erinnerung an eine bewegte, arbeitsrei­che Zeit mit vielen netten Begegnunge­n und etlichen unschönen Erfahrunge­n“, schreibt Kerler zum Abschied im Gemeindebl­att, das künftig seine Nachfolger­in Susanne Nieberle unterzeich­nen wird. Eine Übergabe zwischen ihr und Kerler war im Übrigen überflüssi­g. Schließlic­h war sie bis vor wenigen Tagen seine Sekretärin und „in jedem Thema drin“, so Kerler.

„Alles zu seiner Zeit. Es gehören irgendwann wieder Junge ran.“Bürgermeis­ter Josef Kerler

 ?? Foto: Sandra Baumberger ?? Josef Kerler war unheimlich gerne Bürgermeis­ter von Eppishause­n. Nach zwölf Jahren in diesem Amt und 18 Jahren als Kreisrat zieht er sich nun aus Altersgrün­den aus der Kommunalpo­litik zurück – und würde sich freuen, wenn er nach der Corona-Krise wieder einmal ein paar Tage in Südtirol verbringen könnte.
Foto: Sandra Baumberger Josef Kerler war unheimlich gerne Bürgermeis­ter von Eppishause­n. Nach zwölf Jahren in diesem Amt und 18 Jahren als Kreisrat zieht er sich nun aus Altersgrün­den aus der Kommunalpo­litik zurück – und würde sich freuen, wenn er nach der Corona-Krise wieder einmal ein paar Tage in Südtirol verbringen könnte.

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