„Trotz Verbots nah sein“
Corona hat uns viele Sorgen gebracht, aber auch beflügelt. Meine Mutter lebte seit sechs Jahren im Seniorenheim in Waal, das schwer von der Pandemie betroffen war. Für mich war das über lange Zeit eine enorme Erleichterung und ich bin dankbar für die herzliche und zuverlässige Versorgung meiner Mutter. Ihr Einzug ins Heim hat meiner Familie damals Sicherheit und innere Ruhe gegeben und die regelmäßigen Besuche im Heim im eigenen Dorf wurden Pflicht und schöne Routine zugleich. Schon als sich die Pandemie andeutete, wurde das Haus für Besucher geschlossen und das Wochenende für mich, aber vor allem für meine Mutter, um einen wichtigen Termin beraubt. Es ist vielleicht schwer nachzuvollziehen, aber schon vor Corona hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn der wöchentliche Besuch einmal nicht geklappt hat. Und meine schwer demente Mutter, da bin ich mir sicher, hat den Besuch vermisst. So wie ich den Kontakt zu ihr. Um so schlimmer war für uns, dass auch meine Mutter nicht vor einer Ansteckung verschont blieb und an den Folgen der Krankheit schließlich gestorben ist.
Über den engen Kontakt zum Heim hatten wir aber früh bemerkt, dass im Haus gekämpft wird: Gegen die Krankheit, gegen die Einsamkeit und gegen die persönlichen Belastungen der Bewohner und Mitarbeiter. Und wir haben uns in der Gemeinde zusammengetan und versucht zu helfen. Wo fehlt es in der Versorgung, was kann von außen getan werden und was können wir für die tapferen Mitarbeiter tun? So ist in der Krise der Zusammenhalt gewachsen und ein Gefühl, irgendwie doch nah bei meiner Mutter zu sein, auch nachdem sie gehen durfte.