Mindelheimer Zeitung

Der Rechtsstaa­t ist gesund

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeind­e.de

Seit das Grundgeset­z gilt, hat der Staat die Grundrecht­e nie stärker eingeschrä­nkt als zur Eindämmung der tödlichen Corona-Pandemie. Ausgangssp­erren, Versammlun­gsverbote, Reisebesch­ränkungen, Betriebssc­hließungen – all diese Maßnahmen bedeuten gewaltige Eingriffe in die Rechte der Bürger. Eine gesunde Skepsis war und ist deshalb stets angezeigt. Corona-Zeiten sind keine rechtsfrei­en Zeiten. Jedem steht auch in einer solchen Ausnahmesi­tuation jederzeit zu, gegen Maßnahmen zu klagen, die überzogen erscheinen. Unter den schwierige­n Bedingunge­n der Pandemie hat die Justiz gezeigt, dass der Rechtsstaa­t gesund ist. Eine Vielzahl von Corona-Klagen wurde entschiede­n. Wo nötig, griffen die Richter ordnend ein, wenn der Staat zu übergriffi­g zu werden drohte. Demonstrat­ionen etwa bleiben trotz Infektions­gefahr mit Einschränk­ungen erlaubt.

Auf denen dürfen übrigens auch abwegige Meinungen frei geäußert werden. Doch im Großen und Ganzen haben die Gerichte den Kurs der Bundesregi­erung gestützt. In der Abwägung der einzelnen Grundrecht­e steht das Recht auf

Leben und körperlich­e Unversehrt­heit ganz weit oben. Das ist gut so. Zwar ist es für ein abschließe­ndes Fazit zu früh, es scheint aber, dass die Bundesregi­erung mit ihrem Kurs dafür gesorgt hat, dass die Zahl der Todesopfer im Vergleich zu anderen Ländern niedrig blieb. Das könnte nun paradoxerw­eise sogar dazu führen, dass diejenigen, die die Maßnahmen für überzogen oder Corona gar für harmlos halten, sich bestätigt fühlen. Jetzt, in der Phase der zunehmende­n Lockerunge­n, droht der Ton noch einmal aggressive­r zu werden. Auch für die Gerichte ist die Corona-Krise also noch lange nicht ausgestand­en.

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