„Haustiere brauchen geregelte Zeiten“
Interview Eine Tierärztin erklärt, worauf Haustierbesitzer in der Corona-Krise achten sollten und wie Hunde vor Trennungsangst geschützt werden können
Frau Müller, während der CoronaKrise verbringen viele Menschen mehr Zeit als sonst in den eigenen vier Wänden. Ist das für Haustiere gut oder schlecht?
Bettina Müller: Da muss man unterscheiden. Hunde sind ganz glücklich, wenn der Besitzer viel zu Hause ist. Katzen können sich hingegen gestört fühlen, wenn sich ihre Tagesstruktur ändert und der Lieblingsplatz auf dem Sofa ständig besetzt ist. Es kann dann passieren, dass sie in der Wohnung markieren oder Freigänger über längere Phasen nicht mehr nach Hause kommen. Kaninchen, Meerschweinchen und Käfigtiere sind generell unterbeschäftigt und freuen sich, wenn ihre Besitzer mehr Zeit für sie haben.
Wie kann die zusätzliche Zeit mit den Haustieren auf sinnvolle Weise genutzt werden?
Müller: Hundebesitzer sollten öfter Gassi gehen: Statt nur einmal am Tag für eineinhalb Stunden, bieten sich mehrere kürzere Spaziergänge an. Den Tieren tut es gut, wenn sie öfter an die frische Luft kommen. Für Katzen sollte man schlichtweg mehr Spiel- und Schmusepausen einplanen.
Auch Kinder sind derzeit viel zu Hause. Kann es für die Tiere Stress bedeuten, wenn um sie herum mehr Trubel herrscht?
Müller: Haustiere brauchen geregelte Zeiten und Ruhe. Wenn es daheim lauter ist, sind die Tiere schneller mal gestresst. Das gilt übrigens generell: Ist der Familiensegen nicht optimal, sind auch die Haustiere weniger ausgeglichen.
Viele Menschen haben aufgrund der aktuellen Situation Ängste und Sorgen. Spüren die Haustiere dies?
Müller: Haustiere können Stimmungen wahrnehmen und Verhaltensweisen interpretieren. Doch auch da gibt es Unterschiede – manche Tiere sind hart gesottener und lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Sollten Hunde- oder Katzenbesitzer im Homeoffice während der Arbeitszeit für Ablenkung ihrer Tiere sorgen?
Müller: Das ist eigentlich nicht nötig. Hunde sollten ohnehin so erzogen sein, dass sie erkennen, wann Action angesagt ist und wann sie nicht stören sollten. Katzen schlafen tagsüber generell viel: Wenn sie merken, da ist gerade nichts los, ziehen sie sich normalerweise zurück.
Mit den Lockerungen der CoronaMaßnahmen geht für viele Menschen auch die Zeit im Homeoffice wieder zu Ende. Kann die erneute Umstellung zum Problem für die Tiere werden?
Müller: Katzen sind in der Beziehung recht cool, bei Hunden kann es aber durchaus zu sogenannter Trennungsangst kommen. Wenn der Besitzer jetzt auf einmal wieder den halben Tag weg ist, machen sie sich Sorgen. Im schlimmsten Fall können solche Trennungsängste dazu führen, dass die Tiere anfangen, in der Wohnung Sachen kaputtzumachen. Hunde sollten deswegen langsam an die neue Situation gewöhnt werden. Besitzer können sie beispielsweise zunächst für eine halbe Stunde alleine lassen und die Zeit anschließend schrittweise steigern.
Gerade zu Beginn der Corona-Krise hatten Menschen Angst, dass Hunde oder Katzen das Virus auf sie übertragen könnten. Ist das immer noch der Fall?
Müller: Ich hatte zu dem Thema schon etliche Anrufe in meiner Praxis – gerade von Familien mit Kindern oder Schwangeren. In Amerika wurde das Virus in zwei, drei Fällen auch bei Katzen nachgewiesen. Allerdings waren deren Besitzer ebenfalls positiv getestet und es war wohl so, dass sie ihre Tiere angesteckt haben und nicht umgekehrt. Bei uns ist noch kein einziger solcher Fall dokumentiert und es gibt überhaupt keinen Grund zur Sorge. Wir Tierärzte haben kein Verständnis dafür, dass Menschen ihre Katzen aus Angst vor dem Coronavirus trotzdem ins Tierheim stecken.