Wieder Olive
Strouts barsche Lehrerin kehrt zurück
Olive Kitteridge ist zurück. Älter und einsamer zwar, aber genauso scharfzüngig, scharfsichtig, großherzig wie ehedem. In „Die langen Abende“gibt Elizabeth Strout der barschen Mathematiklehrerin aus dem fiktiven Ort Crosby in Maine noch einmal eine Bühne. „Olive, Again“lautet der Titel im englischen Original. Die Hauptperson ist mittlerweile selbst so etwas wie ein Star, der Roman „Mit Blick aufs Meer“, in der Strout sie erstmals vorstellte, wird mittlerweile sehr erfolgreich zu einer Netflix-Miniserie verarbeitet mit der großartigen Frances McDormand in der Hauptrolle. Wieder Olive also. Und wieder ein Roman, der ohne große Geschichte auskommt, vom Alltagsleben erzählt, von alten Eltern und alternden Kindern, die sich nicht verstehen, von nervenden Enkeln, vom Gewicht der Traurigkeit, dem
Schlund der Einsamkeit, aber eben auch… von einer Babyparty, bei der
Olive in ihrem Auto zur Geburtshelferin wird. Einzelne Geschichten fügt Strout zum Kleinstadtporträt zusammen, unspektakuläre gebrochene Biografien zum Roman. In dem Olive mit Mitte siebzig noch einmal Glück erlebt, die Einsame findet einen Einsamen. Sie wuchtig, er trägt den Bauch über der Hose. Nach dem ersten Kuss sinniert Jack: „Als würde man einen seepockenverkrusteten Wal küssen.“Liebe also? Leben auf jeden Fall. In allen Schattierungen – schön ungeschönt ohne Anflug von Kitsch erzählt.