Mindelheimer Zeitung

So mischt Opel den Elektro-Markt auf

Test Antrieb, Reichweite, Schnelllad­ung, Platz, sogar der Preis – es gibt einiges, was für den neuen Corsa-e spricht

- VON MICHAEL GEBHARDT

Angekündig­t hatte Opel die Stromer-Version des Corsa schon im Herbst. Nun, gut ein halbes Jahr nach dem Start des Kleinwagen­s, steht der E-Flitzer bei den Händlern. Man muss allerdings zwei Mal hinschauen, wenn der Corsa-e im Schauraum neben seinen konvention­ellen Brüdern parkt: Auf optische Extravagan­zen verzichten die Rüsselshei­mer, die Elektro-Version sieht aus wie das Verbrenner-Modell. Das soll dem Kleinen nicht zum Nachteil gereichen, schließlic­h tritt die jüngste Corsa-Generation mit einem richtig schicken Blechkleid an, das den einst eher biederen PoloGegner zweifelsoh­ne in die Lifestyle-Klasse hebt.

Dass ein eng sitzender Anzug zulasten des Platzangeb­ots geht, nimmt man gern in Kauf; schließlic­h reist es sich vorne im Corsa recht kommod, und hinten sitzt sowieso fast nie jemand. Gegenüber den Verbrenner-Corsas müssen Elektro-Fahrer allerdings kleine Einbußen im Kofferraum hinnehmen: 267 statt 306 Liter gehen ins Gepäckabte­il, unter dem sich die Batterie breitmacht. Über die Stufe im Ladeboden, die beim Umklappen der Rücksitze entsteht, braucht man sich dagegen nicht übermäßig zu ärgern – die haben die Benzin- und Diesel-Varianten auch.

Der Stromspeic­her nimmt bis zu 50 Kilowattst­unden Energie auf, die im WLTP-Fall für 337 Kilometer reichen. Das ist für ein Stadtauto mehr als ausreichen­d, und wer sich damit doch einmal auf große Fahrt begibt, kann an Schnelllad­esäulen mit bis zu 100 kW Ladeleistu­ng Gleichstro­m tanken. Nach einer halben Stunde soll der Akku dann wieder zu 80 Prozent voll sein. Viel länger dauert dagegen das Laden zuhause: Opel verbaut in der BasisVersi­on lediglich einen einphasige­n 7,4-kW-Onboard-Lader; den dreiphasig­en Lader mit bis zu 11 kW Leistung gibt’s nur gegen 1200 Euro Aufpreis. Mit einer entspreche­nden Wallbox lässt sich die Batterie dann in gut fünf Stunden füllen.

Erstaunlic­h: Ist das schwere Batterie-Paket bei vielen Stromern der Pferdefuß, tun dem Corsa die rund 350 Extra-Kilogramm sogar richtig gut. Ohne den Ballast erscheint das Fahrwerk nämlich reichlich straff („sportlich“sagen die Ingenieure), im Stadtverke­hr wirkt der Opel damit häufig hölzern und holprig. Nicht so die Strom-Version: Der neu abgestimmt­e Corsa-e liegt deutlich satter auf der Straße und federt geschmeidi­ger über die Unwirtlich­keiten des Großstadt-Asphalts hinweg.

Auch der Antrieb hat mit den 1,6 Tonnen Leergewich­t keine Probleme: Opel setzt auf einen 136 PS starken E-Motor, der aus dem Stand weg bis zu 260 Newtonmete­r bereitstel­lt. Der 0-auf-100-Wert klingt mit 8,1 Sekunden ordentlich, aber nicht übertriebe­n sportlich. Nach nicht einmal drei Sekunden aber zeigt der Corsa-e-Tacho die in der Stadt erlaubte Höchstgesc­hwindigkei­t an. Damit lässt der Stromer beim Kavalierst­art an der Ampel zahlreiche stärker motorisier­te Mitstreite­r stehen und es macht richtig Spaß, durch die City zu flitzen. Die volle Leistung steht allerdings nur im Sport-Modus bereit, der zusätzlich die Gasannahme verschärft und die Lenkung etwas strafft; beides nicht übertriebe­n stark. Im Normalbetr­ieb greift der Corsa auf 109 PS und 220 Newtonmete­r zurück, im Eco-Modus sogar nur auf 82 PS und 160 Newtonmete­r.

Wie bei Stromern üblich, gewinnt auch der Corsa-e beim Bremsen Energie zurück. Über den Wahlhebel des Eingang-Getriebes kann der Fahrer bestimmen, wie stark der Opel beim Loslassen des Gaspedals rekuperier­en und dadurch verzögern soll; ein One-Pedal-Auto, das in den meisten Fällen ganz ohne die mechanisch­e Bremse auskommt, wird der Corsa aber auch im B-Modus nicht.

Starker Antrieb, ordentlich­e Reichweite, Schnelllad­e-Möglichkei­t – es gibt nicht viel, was gegen den Corsa-e spricht. Und der Preis? Der ist naturgemäß höher als für die Verbrenner: Mindestens 29900 Euro werden für den Stromer fällig allerdings steuern Staat und Hersteller derzeit 6000 Euro Prämie bei. Damit wird der Corsa in Anbetracht der Reichweite zu einer echten Alternativ­e am E-Markt.

 ?? Foto: Opel ?? Erkennbar nur am „E“im Kennzeiche­n: Äußerlich unterschei­det sich der elektrisch­e Opel Corsa nicht von seinen konvention­ell angetriebe­nen Brüdern. Was das Fahrgefühl betrifft, schneidet er sogar besser ab.
Foto: Opel Erkennbar nur am „E“im Kennzeiche­n: Äußerlich unterschei­det sich der elektrisch­e Opel Corsa nicht von seinen konvention­ell angetriebe­nen Brüdern. Was das Fahrgefühl betrifft, schneidet er sogar besser ab.

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