So mischt Opel den Elektro-Markt auf
Test Antrieb, Reichweite, Schnellladung, Platz, sogar der Preis – es gibt einiges, was für den neuen Corsa-e spricht
Angekündigt hatte Opel die Stromer-Version des Corsa schon im Herbst. Nun, gut ein halbes Jahr nach dem Start des Kleinwagens, steht der E-Flitzer bei den Händlern. Man muss allerdings zwei Mal hinschauen, wenn der Corsa-e im Schauraum neben seinen konventionellen Brüdern parkt: Auf optische Extravaganzen verzichten die Rüsselsheimer, die Elektro-Version sieht aus wie das Verbrenner-Modell. Das soll dem Kleinen nicht zum Nachteil gereichen, schließlich tritt die jüngste Corsa-Generation mit einem richtig schicken Blechkleid an, das den einst eher biederen PoloGegner zweifelsohne in die Lifestyle-Klasse hebt.
Dass ein eng sitzender Anzug zulasten des Platzangebots geht, nimmt man gern in Kauf; schließlich reist es sich vorne im Corsa recht kommod, und hinten sitzt sowieso fast nie jemand. Gegenüber den Verbrenner-Corsas müssen Elektro-Fahrer allerdings kleine Einbußen im Kofferraum hinnehmen: 267 statt 306 Liter gehen ins Gepäckabteil, unter dem sich die Batterie breitmacht. Über die Stufe im Ladeboden, die beim Umklappen der Rücksitze entsteht, braucht man sich dagegen nicht übermäßig zu ärgern – die haben die Benzin- und Diesel-Varianten auch.
Der Stromspeicher nimmt bis zu 50 Kilowattstunden Energie auf, die im WLTP-Fall für 337 Kilometer reichen. Das ist für ein Stadtauto mehr als ausreichend, und wer sich damit doch einmal auf große Fahrt begibt, kann an Schnellladesäulen mit bis zu 100 kW Ladeleistung Gleichstrom tanken. Nach einer halben Stunde soll der Akku dann wieder zu 80 Prozent voll sein. Viel länger dauert dagegen das Laden zuhause: Opel verbaut in der BasisVersion lediglich einen einphasigen 7,4-kW-Onboard-Lader; den dreiphasigen Lader mit bis zu 11 kW Leistung gibt’s nur gegen 1200 Euro Aufpreis. Mit einer entsprechenden Wallbox lässt sich die Batterie dann in gut fünf Stunden füllen.
Erstaunlich: Ist das schwere Batterie-Paket bei vielen Stromern der Pferdefuß, tun dem Corsa die rund 350 Extra-Kilogramm sogar richtig gut. Ohne den Ballast erscheint das Fahrwerk nämlich reichlich straff („sportlich“sagen die Ingenieure), im Stadtverkehr wirkt der Opel damit häufig hölzern und holprig. Nicht so die Strom-Version: Der neu abgestimmte Corsa-e liegt deutlich satter auf der Straße und federt geschmeidiger über die Unwirtlichkeiten des Großstadt-Asphalts hinweg.
Auch der Antrieb hat mit den 1,6 Tonnen Leergewicht keine Probleme: Opel setzt auf einen 136 PS starken E-Motor, der aus dem Stand weg bis zu 260 Newtonmeter bereitstellt. Der 0-auf-100-Wert klingt mit 8,1 Sekunden ordentlich, aber nicht übertrieben sportlich. Nach nicht einmal drei Sekunden aber zeigt der Corsa-e-Tacho die in der Stadt erlaubte Höchstgeschwindigkeit an. Damit lässt der Stromer beim Kavalierstart an der Ampel zahlreiche stärker motorisierte Mitstreiter stehen und es macht richtig Spaß, durch die City zu flitzen. Die volle Leistung steht allerdings nur im Sport-Modus bereit, der zusätzlich die Gasannahme verschärft und die Lenkung etwas strafft; beides nicht übertrieben stark. Im Normalbetrieb greift der Corsa auf 109 PS und 220 Newtonmeter zurück, im Eco-Modus sogar nur auf 82 PS und 160 Newtonmeter.
Wie bei Stromern üblich, gewinnt auch der Corsa-e beim Bremsen Energie zurück. Über den Wahlhebel des Eingang-Getriebes kann der Fahrer bestimmen, wie stark der Opel beim Loslassen des Gaspedals rekuperieren und dadurch verzögern soll; ein One-Pedal-Auto, das in den meisten Fällen ganz ohne die mechanische Bremse auskommt, wird der Corsa aber auch im B-Modus nicht.
Starker Antrieb, ordentliche Reichweite, Schnelllade-Möglichkeit – es gibt nicht viel, was gegen den Corsa-e spricht. Und der Preis? Der ist naturgemäß höher als für die Verbrenner: Mindestens 29900 Euro werden für den Stromer fällig allerdings steuern Staat und Hersteller derzeit 6000 Euro Prämie bei. Damit wird der Corsa in Anbetracht der Reichweite zu einer echten Alternative am E-Markt.