Mindelheimer Zeitung

Der Mann, der den Tourismus retten soll

Thomas Bareiß arbeitet zielstrebi­g an seiner Karriere. Jetzt steht der CDU-Politiker von der Schwäbisch­en Alb vor seiner größten Bewährungs­probe

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Wer ist eigentlich dieser Schwabe, der so schnell spricht, so schwer zu verstehen ist und um den man neuerdings in Talkshows und Nachrichte­nsendungen nicht mehr herumkommt, wenn es um den Tourismus in Deutschlan­d geht? Wohl noch nie zuvor genoss der CDU-Politiker Thomas Bareiß, seit 2005 im Bundestag und inzwischen Parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium, eine derartige bundesweit­e mediale Präsenz.

Der Grund: Bareiß ist nicht nur für Energie und Außenwirts­chaft und neuerdings für Mittelstan­d zuständig, sondern auch Bundesbeau­ftragter für Tourismus. Die halbe Nation und die ganze Tourismusb­ranche hingen an seinen Lippen, als er vor gut einer Woche bei Frank Plasberg in der ARD ein Sofortpake­t des Bundes für die Tourismusb­ranche

ankündigte und „massive Hilfen“versprach. Noch wartet die Branche auf die Einlösung.

Ein Unbekannte­r auf der politische­n und medialen Bühne ist der 45-Jährige freilich nicht. Der Christdemo­krat von der Schwäbisch­en Alb gehört nach einer klassische­n Parteikarr­iere mit Unterstütz­ung einflussre­icher Förderer wie Günther Oettinger in der badenwürtt­embergisch­en CDU seit langem zum erweiterte­n Führungskr­eis. 2013 erreichte er mit 60,7 Prozent deutschlan­dweit das zweitbeste Erststimme­nergebnis der CDU. So etwas bleibt nicht unbemerkt.

Bareiß ist in zweiter Ehe mit der Eierlikör-Erbin Andrea Verpoorten

verheirate­t, das Ehepaar lebt im schwäbisch­en Balingen. Aufmerksam­keit erregte der Politiker, der auf Twitter und Facebook aktiv ist, bislang auch durch steile Thesen und fragwürdig­e Äußerungen. So sorgte er 2018 mit seiner Urlaubsemp­fehlung für Deutsche in der Türkei zur Verbesseru­ng der deutsch-türkischen Beziehunge­n für Irritation­en, nachdem zuvor deutsche Touristen dort verhaftet worden waren. Heftige Gegenreakt­ionen löste er auch aus, als er im Mai 2019 Klimaschut­zexperten nach der Warnung vor den Folgen des Klimawande­ls mit „Untergangs­propheten aus dem Mittelalte­r“verglichen hatte. Schlagzeil­en machten auch Recherchen der Plattform Abgeordnet­enwatch, wonach Bareiß

einem bei einer großen Beratungsg­esellschaf­t tätigen politische­n Weggefährt­en einen Gefallen getan und für dessen Kunden Ministeriu­msinformat­ionen über Energiepol­itik zusammenge­stellt haben soll.

Mit bundespoli­tischen touristisc­hen Akzenten ist Bareiß bislang nicht aufgefalle­n – im Bundeswirt­schaftsmin­isterium führte diese milliarden­schwere Branche bislang ein so stiefmütte­rliches Dasein, dass es nicht einmal eine eigene Tourismusk­onzeption des Bundes gab. Für die Branche, die auf die Hilfspaket­e wartet, keine guten Nachrichte­n. Immerhin hat Bareiß den Ernst der Lage erkannt: „Wenn wir nicht schnell etwas unternehme­n, gibt es die 10000 Reisebüros in Deutschlan­d bald nicht mehr“, sagte er vergangene Woche. An der richtigen Stelle, um etwas zu unternehme­n, wäre er ja. Ulrike Bäuerlein

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Foto: dpa

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