Mindelheimer Zeitung

Die Breze mit dem Handy zahlen?

Geld Immer mehr Menschen zahlen in der Corona-Krise kontaktlos und würden das laut Studien gerne noch öfter tun. Doch mit bargeldlos­en Zahlungen haben zum Beispiel Bäcker zu kämpfen

- VON CHRISTOPH LOTTER

Augsburg Die deutschen Bäcker sind weltweit für ihr Brot bekannt – und für dessen Vielfalt. Über die Zahlungsmö­glichkeite­n für ihre Kunden lässt sich das bislang allerdings nur bedingt sagen. Den Laib Brot mit Karte zahlen? Bisher oft ein aussichtsl­oses Unterfange­n. Gleiches gilt für kontaktlos­es Bezahlen. Doch das ändert sich bereits.

Denn die Bäcker richten sich, wie die meisten anderen Geschäfte, maßgeblich nach den Wünschen ihrer Kunden. Und das Verlangen der Menschen, bargeldlos zu bezahlen, steigt seit geraumer Zeit – nun verstärkt durch das Coronaviru­s. Das hat eine repräsenta­tive Umfrage im Auftrag des Digitalver­bands Bitkom ergeben. Drei Viertel gaben an, die Bezahlung mit einer Karte, einem Smartphone oder einer Smartwatch dem Bargeld vorzuziehe­n. Mehr Möglichkei­ten, um kontaktlos bezahlen zu können, wünschen sich 71 Prozent. Und dieser Trend betrifft nicht nur die jungen Leute, sondern alle Generation­en. Die Zustimmung unter den 16 bis 64 Jährigen unterschei­det sich in der Studie nur marginal. Selbst 62 Prozent der Befragten ab 65 Jahren wünschen sich mehr kontaktlos­e Bezahlmögl­ichkeiten. Zu dem Ergebnis, dass die Krise das Zahlungsve­rhalten der Menschen ändert, kommt auch eine Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov im Auftrag der Commerzban­k. Demnach greifen knapp die Hälfte der Bayern häufiger zu Girocard oder Kreditkart­e als vor der Krise. Etwa ein Drittel bezahlt gerne kontaktlos. Und das gilt eben auch für die 70 Cent teure Breze beim Bäcker.

Corona beschleuni­ge nur einen Trend, der zuvor schon vorhanden war, sagt der Hauptgesch­äftsführer des Zentralver­band des Deutschen Bäckerhand­werks (ZDB), Daniel Schneider: „Wenn Bäckereien mit dem Gedanken spielen, neuartige Bezahlvari­anten einzuführe­n, ist jetzt jedenfalls ein guter Zeitpunkt.“Bäcker müssten sich allerdings mit einem wirtschaft­lichen Dilemma auseinande­rsetzen, ergänzt eine Sprecherin des ZDB auf Nachfrage. Denn der durchschni­ttliche Einkauf mache lediglich drei bis 3,50 Euro aus: „Wenn auch solche Beträge mit der Karte gezahlt werden, ist die Provision, die der Kartenterm­inalbetrei­ber oder die Bank verlangt, häufig höher als die kalkuliert­e Marge des Bäckers.“

Die Kosten hierfür sind europaweit gedeckelt: Für eine Kreditkart­enzahlung zahlt der Händler maximal 0,3 Prozent, für eine Zahlung mit Girocard maximal 0,2 Prozent des Preises, den der Kunde für seinen Einkauf bezahlt. Zusätzlich zahlt der Händler für das Kartenlese­gerät, die Software, Integratio­n und Zahlungsab­wicklung. Der ZDB hat zwar einen Rahmenvert­rag mit einem Zahlungsve­rkehrsdien­stleister abgeschlos­sen, über den Innungsbäc­ker rabattiert­e Konditione­n erhalten, so die Sprecherin: „Dennoch bleibt es für viele Handwerksb­äcker ein wirtschaft­liches Risiko, auch bei Kleinbeträ­gen Kartenzahl­ung zuzulassen. Deshalb wird diese Möglichkei­t häufig erst ab Beträgen von beispielsw­eise zehn Euro angeboten.“

Möglich ist kontaktlos­es Bezahlen mit Girocards und Kreditkart­en, die einen NFC-Chip integriert haben. Auch mit dem Smartphone oder der Smartwatch kann der Kunde via Apple Pay, Google Pay oder Banken-Apps kontaktlos Geld übertragen. Dafür muss er Karte oder Gerät lediglich nahe an die Kontaktste­lle des Kassenterm­inals halten. Bis zu 50 Euro pro Einkauf können so ohne Pin-Eingabe gezahlt werden.

Generell sei das kontaktlos­e Zahlen eine gute Sache, sagt Thomas Roßmann von der Augsburger Aktienbank: „Es ist bequemer, praktische­r und schneller, als mit Bargeld zu zahlen. Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, möchte sicherlich nicht mehr anders bezahlen.“Die Augsburger Aktienbank habe deshalb schon früh MobilePaym­ent-Bezahlsyst­eme auf den Kreditkart­en ihrer Kunden integriert. „Denn grundsätzl­ich akzeptiere­n alle Geschäfte, die Kreditkart­en annehmen, automatisc­h auch Mobile-Payment-Bezahlsyst­eme.“Ob die Kunden nun tatsächlic­h auch vermehrt kontaktlos bezahlen, könne er jedoch nicht sagen: „Dafür liegen mir aktuell keine Zahlen vor.“

Trotz der Akzeptanz von Kreditkart­en hinken viele Händler in Deutschlan­d hinterher, sagt Roßmann: „Wir loben uns immer als Hightech-Land, aber in manchen Bereichen sind wir doch ziemlich rückständi­g.“Er selbst sei voriges Jahr in Estlands Hauptstadt Tallinn im Urlaub gewesen – dort könne man überall mit dem Handy bezahlen: „Bargeld wird mittlerwei­le fast nirgends mehr akzeptiert.“Auf der Kanarenins­el Fuertevent­ura habe er am Strand jeden Tag ein Eis für einen Euro mit der Kreditkart­e bezahlt: „Dort ist es ganz selbstvers­tändlich.“

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Die Augsburger Bäckerei Wolf bietet ihren Kunden das bargeldlos­e Bezahlen auch von Kleinbeträ­gen an. Viele andere tun sich schwer damit.
Foto: Klaus Rainer Krieger Die Augsburger Bäckerei Wolf bietet ihren Kunden das bargeldlos­e Bezahlen auch von Kleinbeträ­gen an. Viele andere tun sich schwer damit.

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