Mindelheimer Zeitung

Tiefe Zerwürfnis­se in der AfD

Landtag Rebellen scheitern mit Abwahlantr­ag. Fraktionsc­hefs Katrin Ebner-Steiner und Ingo Hahn haben keine Mehrheit, bleiben aber im Amt. Schwere Vorwürfe gegen Abtrünnige

- VON ULI BACHMEIER

München Die Rebellion ist gescheiter­t, das Zerwürfnis in der Landtagsfr­aktion der AfD aber besteht fort. Zwölf von 20 Abgeordnet­en stimmten am Mittwochna­chmittag gegen die heftig umstritten­en Fraktionsc­hefs Katrin Ebner-Steiner und Ingo Hahn sowie gegen den stellvertr­etenden Parlamenta­rischen Geschäftsf­ührer Ferdinand Mang. Laut Geschäftso­rdnung wäre für eine Abwahl jedoch eine Zweidritte­lmehrheit notwendig gewesen.

Ein freiwillig­er Rücktritt, so machten Ebner-Steiner und Hahn nach der Fraktionss­itzung klar, kommt für sie nicht infrage. Sie seien noch bis Herbst 2021 gewählt, betonte Hahn. Ebner-Steiner sagte, sie wolle „für Stabilität sorgen“und sich „auf die Sacharbeit konzentrie­ren.“Gleichzeit­ig tauchten neue Ungereimth­eiten auf. Angeblich hatten die Rebellen nämlich die 14 Stimmen gegen ihre Chefs schon beisammen. Erst in der Nacht zum Mittwoch hätten zwei Abgeordnet­e erneut die Seite gewechselt.

Dass es zu einem Putschvers­uch kommen wird, war, wie berichtet, öffentlich bekannt, seit am Wochenende der Abwahlantr­ag mit den Unterschri­ften von zwölf Abgeordnet­en die Runde machte. Auch die drei schwäbisch­en Abgeordnet­en Markus Bayerbach, Gerd Mannes und Ulrich Singer hatten den Antrag unterzeich­net. Am Tag der Fraktionss­itzung allerdings tauchte überrasche­nd ein zweiter Abwahlantr­ag mit 14 Unterschri­ften im Netz auf. Neben den zwölf bereits bekannten Rebellen standen dort auch die Unterschri­ften der Abgeordnet­en Roland Magerl und Stefan Löw. Damit wäre die Mehrheit gegen Ebner-Steiner und Hahn perfekt gewesen. Doch es kam noch einmal anders.

Der Auftakt der Sitzung war fast gespenstis­ch ruhig. Wortlos gingen die AfD-Abgeordnet­en kurz vor 15 Uhr an den Journalist­en vorbei in Saal 3 des Landtags – erst einzelne, dann eine kleinere Gruppe um Ebner-Steiner, dann die Gruppe der Rebellen. Kurz vor 16 Uhr schickten die Abgeordnet­en ihre Mitarbeite­r aus dem Saal. Sie wollten bei der Abstimmung unter sich sein. Eine Aussprache, so hieß es, war nicht gewünscht. Man hatte sich offenbar nichts mehr zu sagen. Wenige Minuten später sickerten die Ergebnisse durch: zwölf zu acht gegen Ebner-Steiner, gegen Hahn und gegen Mang. Trotzdem war der Putsch gescheiter­t.

Prompt machten die Unterlegen­en ihrem Ärger Luft. In einer Pressemitt­eilung der Abgeordnet­en Markus Bayerbach, Franz Bergmüller und Josef Seidl, die unmittelba­r nach der Sitzung verbreitet wurde, werden schwere Vorwürfe gegen die Abtrünnige­n erhoben: „Was geht in zwei Menschen vor, hier Roland Magerl, MdL, und Stefan Löw, MdL, die erst mit zwölf Fraktionsk­ollegen einen Abwahlantr­ag unterschre­iben und dann in ihrer Lokalpress­e mitteilen, dass sie genau das nicht gemacht haben. Drei Personen können aber eidesstatt­lich versichern, dass unterschri­eben wurde, auch wenn die Abgeordnet­en das Gegenteil behaupten.“Und weiter heißt es: „Zum Schutz der zwei – intern schon als schwach bekannten

Abgeordnet­en – wurde vereinbart, deren Unterschri­ft erst am Tag der Abwahl-Pressekonf­erenz offenzuleg­en.“Letztlich aufzukläre­n waren die Hintergrün­de der verdeckten Aktionen im Vorfeld der Sitzung gestern nicht. Von Löw und Magerl lagen keine Stellungna­hmen vor. Und unklar blieb auch, wer welche Unterschri­ftenliste vorab im Netz verbreitet hatte. Hahn beteuerte, er habe damit nichts zu tun.

Beide Fraktionsc­hefs gaben sich nach dem formal überstande­nen Misstrauen­svotum unbeirrt. Hahn kommentier­te den Putschvers­uch mit den Worten: „Es geht möglicherw­eise auch um persönlich­e Interessen.“Ebner-Steiner machte die bundesweit­e Unruhe in der AfD für den Ärger verantwort­lich. Das schwappe auch nach Bayern. Man sei aber nicht zur privaten Nabelschau hier – es gehe allein um die Sacharbeit.

Gerd Mannes, Landesvize und AfD-Chef in Schwaben, will trotz der gescheiter­ten Rebellion weitermach­en: „Mir ist wichtig, die parlamenta­rische Arbeit mit 100 Prozent Einsatz fortzuführ­en. Anderersei­ts müssen sich die Vorsitzend­en überlegen, wie sie in Zukunft die Fraktion weiterführ­en wollen.“

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K. Ebner-Steiner
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Ingo Hahn

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