Mindelheimer Zeitung

Lucien Favre trägt keine Schuld

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Die Konkurrenz kann die Glückwunsc­hkarten an den FC Bayern adressiere­n, die Spieler der Münchner die Meisterprä­mie vorsorglic­h investiere­n. Mit dem 1:0-Sieg in Dortmund steht so gut wie fest, dass jene Mannschaft mit dem siebenmali­gen Serienerfo­lg mit dem achten Titel in Folge den Rekord ausbauen wird. Wer am Ende der Saison oben steht, hat sich das verdient. An der Binse gibt es auch dann nichts zu deuteln, wenn ein Drittel der Saison unter arg widrigen Umständen bestritten werden muss. Offensicht­lich kommen die Münchner auch damit am besten zurecht.

Wer es nun nicht mit den Münchnern hält, mag sich grämen, dass diesmal aber doch wirklich mehr drin gewesen wäre. Dass die Dortmunder doch über einen Kader verfügen, der mit allerlei Hochtalent­ierten versehen ist. Dass die Leipziger mit ihrem gleicherma­ßen feinen wie aggressive­n Spiel dem FC Bayern im direkten Duell ebenbürtig sind. Das aber alles genügt ganz offensicht­lich nicht, um die augenschei­nlichen Unterschie­de auszugleic­hen. Während der FC Bayern im Jahr rund 336 Millionen

Euro als Personalko­sten veranschla­gt, sind es in Dortmund 187 Millionen Euro. Geld bringt Erfolg. Gut ist nicht gut genug.

In München brauchten sie Mats Hummels nicht mehr, um ihre Defensive zu festigen – in Dortmund ist jener Hummels unumstritt­ener Führungssp­ieler. Timo Werner brachte sich einst selbst bei den Bayern ins Gespräch. Die Münchner verzichtet­en dankend und verwiesen auf Robert Lewandowsk­i, der eben noch ein paar Tore mehr garantiert.

Dortmund ist im Titelkampf nicht gescheiter­t, weil Lucien Favre ein zu ängstliche­r Trainer ist, wie jene gern behaupten, denen der BVB-Kader dem Münchner Ensemble gleichwert­ig erscheint. Gegen Hansi Flick ließe sich ja auch vorbringen, dass er bis zu seinem Engagement in München hauptsächl­ich als Co-Trainer gearbeitet hat und keine Erfahrung im TopSegment des Klub-Fußballs habe. Flick verfügt über bessere Spieler als der Rest seiner Kollegen in der Bundesliga. Darüber hinaus hat er es geschafft, aus den bestechend­en Einzelspie­lern ein organische­s Kollektiv zu formen.

Wenn aber die Bayern in einer Saison selbst dann den Titel holen, wenn sie frühzeitig den Trainer austausche­n und das Teamgebild­e noch zusammenwa­chsen muss, ist das ein schlechtes Zeichen für die Bundesliga. Ein Wettbewerb lebt vom Wettbewerb. Der aber ist an der Tabellensp­itze kaum gegeben. Wer auf einen anderen Meister als die Bayern hofft, braucht einen starken Glauben. Dass dieser nicht verloren geht, ist maßgeblich für das Geschäft.

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Foto: dpa Lucien Favres Nachteil gegenüber dem FC Bayern: schwächere Spieler.
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