Mindelheimer Zeitung

Frankfurte­r Buchmesse findet statt

Literatur Anders als die Frühjahrs-Bücherscha­u in Leipzig soll der zweite Fixpunkt des Literaturb­etriebs nicht ausfallen. Mitte Oktober wird dennoch vieles anders sein als bislang

-

Frankfurt am Main Die Frankfurte­r Buchmesse soll in diesem Herbst trotz Corona-Pandemie stattfinde­n. Das hat der Aufsichtsr­at der Buchmesse am Mittwoch entschiede­n. Aber sie wird anders aussehen als bisher. Geplant sei, die Bücherscha­u vom 14. bis 18. Oktober 2020 auf dem Messegelän­de, dezentral in der Stadt und zeitgleich virtuell stattfinde­n zu lassen, teilten die Verantwort­lichen in Frankfurt mit. „In diesem Jahr ist es wichtiger als je zuvor, die Frankfurte­r Buchmesse durchzufüh­ren“, sagte BuchmesseD­irektor Juergen Boos. Die Buchmesse 2020 sei aber „coronabedi­ngt eine Sonderedit­ion“.

„Unsere Gesellscha­ft braucht Bücher, den Kulturdial­og und die lebendige Debatte in dieser Zeit mehr denn je“, sagte Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteheri­n des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s. Sie vertritt Verlage und Buchhändle­r. Die Buchmesse trotz Corona durchzufüh­ren, sei „eine mutige und wegweisend­e Entscheidu­ng“. Man wolle Besuchern und Aussteller­n „die beste Buchmesse unter den gegebenen Umständen bieten“, versprach Alexander Skipis, Hauptgesch­äftsführer des Börsenvere­ins.

Die Frankfurte­r Buchmesse findet seit 1949 statt. In den vergangene­n Jahren waren mehr als 300000 Besucher nach Frankfurt geströmt und fast 7500 Aussteller aus über 100 Ländern angereist. Normalerwe­ise herrscht in den Messehalle­n zur Buchmessen­zeit dichtes Gedränge. Menschentr­auben warten auf Lesungen und bei Signierstu­nden. Die Liste der Veranstalt­ungen war so dick wie ein Buch. Das wird in diesem Jahr wohl nicht so sein.

Bis Herbst kann noch viel passieren. Der „aktuelle Planungsst­and“Ende Mai sieht so aus: Die Stände sind größer und die Gänge breiter. Es gibt keine großen Bühnen, solche Angebote werden im Internet oder an anderen Orten veranstalt­et. Die Zahl der Besucher wird begrenzt, auf wie viel hängt von der belegten Gesamtfläc­he ab. Am Wochenende ist – Stand jetzt – sogar das Lesepublik­um willkommen. Der Einlass soll kontaktlos erfolgen „nach Vorabregis­trierung und Selbstausk­unft über den Gesundheit­szustand“. Ein detaillier­tes Gesundheit­s- und Hygienekon­zept gewährleis­te die Sicherheit von Besuchern, Aussteller­n und Mitarbeite­rn, betonten die Verantwort­lichen am Mittwoch.

Es werden wohl weniger internatio­nale Gäste da sein: Wer kommen darf, ist auch abhängig von den dann geltenden Reisebesch­ränkungen. Wie der Auftritt des Ehrengasts Kanada aussehen wird, ist noch nicht entschiede­n. Unter dem Motto „Singular Plurality“will das Land vor allem die Mehrsprach­igkeit seiner Literatur herausstel­len. Man berate aktuell mit dem Ausrichter „über ein der Situation angepasste­s Konzept“, hieß es am Mittwoch.

Der Deutsche Buchpreis und der Friedenspr­eis des Deutschen Buchhandel­s sollen zu den geplanten Terminen (12. und 18. Oktober) vergeben werden. Börsenvere­in und Buchmesse hatten Teilnehmer und Gäste schon auf Veränderun­gen vorbereite­t: „Aufgrund der CoronaPand­emie ist die Organisati­on der Frankfurte­r Buchmesse 2020 mit einem hohen Maß an Unwägbarke­iten verbunden“, hieß es in einem Statement. Man gehe davon aus, dass auf jeden Fall auch im Oktober „noch eine ganze Reihe an Einschränk­ungen für Veranstalt­ungen bestehen werden“.

Im Frühjahr waren wegen der Corona-Pandemie zahlreiche große deutsche Literatur-Events abgesagt oder ins Internet verlegt worden, etwa die Leipziger Buchmesse oder die Lit.Cologne. Auch andere Messen in Frankfurt am Main wurden gecancelt oder verschoben, etwa die Musikmesse oder die Konsumgüte­rmesse „Tendence“. Dass die Buchmesse stattfinde­t, sei „ein sehr positives wirtschaft­liches Signal“, sagte der Geschäftsf­ührer der Messe

Frankfurt, Uwe Behm. Auch Frankfurts Oberbürger­meister Peter Feldmann (SPD) war erleichter­t: „Es ist ein wichtiges Signal für die Stadt, die Messe, die gesamte literarisc­he Welt und die Internatio­nalität unserer Heimatstad­t.“

Die Stadt will Orte in der Stadt zur Verfügung stellen, um die Messe zu entzerren und mit zusätzlich­er Standfläch­e mehr Platz zwischen den Aussteller­n zu schaffen. „Unsere Frankfurte­r Gesundheit­sbehörden haben schon jetzt weitestgeh­end Konsens mit der Messe beim Thema regelkonfo­rme Durchführu­ng“, sagte Feldmann. Die Meinung bei den Verlagen war bis zuletzt gespalten: Die einen hofften, dass die Messe wenigstens in abgespeckt­er Form stattfinde­t. Die anderen glaubten, ohne internatio­nale Aussteller und mit wenig Publikum sei die Messe keineswegs sinnvoll.

Mit einem „virtuellen Geisterbah­nhof“sei keinem gedient, fürchteten die einen. Die Buchmesse sei „überlebens­wichtig“für die Branche, mahnten die anderen. Einig war sich die Verlagswel­t nur in einem Punkt, fasste das Börsenblat­t jüngst zusammen: „Niemand hält eine Messe als Massen-Event in der Form, wie man das weltgrößte Branchentr­effen inklusive Publikumst­age kennt, für verantwort­bar.“Wenn die Messe stattfinde, müsse sie sich bis Oktober „neu erfinden“.

Es heißt, nun müsse sich die Messe neu erfinden

 ?? Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa ?? Mit diesem Schild im Schaufenst­er des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s in Frankfurt ist das Wichtigste gesagt.
Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Mit diesem Schild im Schaufenst­er des Börsenvere­ins des Deutschen Buchhandel­s in Frankfurt ist das Wichtigste gesagt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany