Mit „Proud Mary“gelang ihm ein Meisterstück
Musik John Fogerty war früh erfolgreich und danach lange unglücklich. Jetzt ist er 75 und scheint mit der Welt im Reinen
Solche Bilder sieht der Fan gerne. Die Familie, glücklich vereint am Lagerfeuer. Oder im gemütlichen Übungsraum. Egal. Hauptsache die Gitarren sind zur Hand. Und dann: one, two, three, four, los geht’s. So inszeniert sich John Fogerty mit Tochter Kelsey und den Söhnen Shane und Tyler in Videos, die er derzeit ins Internet stellt. LiveKonzerte sind ja nicht möglich. So viel Harmonie, wie sie die Hausmusikfilmchen verbreiten sollen, findet sich in der Vergangenheit von John Fogerty selten. Viele seiner 75 Lebensjahre (heute feiert er Geburtstag) wurden verdunkelt durch Streit und Zorn.
Ganz unschuldig daran ist er nicht. Für den diplomatischen Dienst war der Sohn einer Mittelklassefamilie aus dem kalifornischen
El Cerrito nicht geboren. Man möge nur hören, wie er Creedence Clearwater Revival auf Erfolgskurs trimmte. Jahrelang hatte das Quartett erfolglos musiziert. Dann gelang 1968 mit „Suzie Q“ein erster kleiner Hit. Die Bandkollegen wollten beraten, wie es musikalisch weitergehen sollte. John Fogerty schnitt ihnen das Wort ab. Denn wer wusste, was das Beste für die junge Band war? „Natürlich war ich derjenige.“Bescheidenheit mag eine Zier sein, John Fogerty brachte CCR ohne sie weiter. Zwischen 1969 und 1972 spielten CCR in einer Liga mit den Beatles und den Stones. Dank Fogerty, der Hit auf Hit schrieb. Viele davon sind heute Klassiker. „Who’ll Stop the Rain“, „Lookin’ Out My Back Door“, „Lodi“…
Bemerkenswert: Im CCR-Katalog findet sich kein Herz-SchmerzLiebeslied. Fogerty fand, dass er dafür kein Händchen hatte. Zu Recht. Er besaß andere Qualitäten. In „Fortunate Son“geht es um Kinder aus der Oberschicht, die sich vor dem Kriegsdienst in Vietnam drücken. Die fröhlichen Akkorde von „Bad Moon Rising“kontrastieren mit einem Text, der nichts weniger als den Weltuntergang beschreibt. Sein Meisterstück gelang John Fogerty, als er in „Proud Mary“eine romantisierte Vision vom amerikanischen Süden entwarf. Völlig überzeugend. Ohne bis dahin dort gewesen zu sein. Was einem Flensburger gleichkommt, der Füssen besingt, ohne je südlich von Hamburg gewesen zu sein.
CCR zerbrachen an der kreativen Unwucht im Bandgefüge. Fogerty sah statt Mitspieler nur noch Gegenspieler. Und führte ihnen ihre Schwächen unbarmherzig vor. Er ging auf ihre Mitbestimmungswünsche ein, ließ sie Songs schreiben, weigerte sich aber, die so zu singen oder irgendwie aufzubessern. Das so entstandene Album „Mardi Gras“erhielt schlechte Kritiken, verkaufte sich nicht mehr so gut wie die früheren Platten. 1972 war CCR damit am Ende – und der Ärger begann.
Über Jahrzehnte bekriegten sich Fogerty, seine Ex-Kollegen und die frühere Plattenfirma unnachgiebig. Fogerty gewann die meisten Streitfälle. Aber es waren bittere Siege. „Ich war gefangen in Verbitterung, Wut und Verwirrung“, schreibt er über diese Zeit. Mit seinen Solowerken,
anfangs ohne Mitmusiker eingespielt, kam er nicht an die frühen Erfolge heran.
Licht in sein Leben kam erst wieder Ende der Achtzigerjahre, als er seine zweite Ehefrau Julie kennenlernte. Für sie ist er sogar über seinen Schatten gesprungen, hat „Joy Of My Life“, das erste „richtige“Liebeslied seiner Karriere geschrieben. Dank Julie wurde Fogerty doch noch zum Fortunate Son, zum Glückskind.
Vom kreativen Überfluss der jungen Jahre ist allerdings nichts geblieben. Ein Album mit neuen Songs hat er letztmals vor 13 Jahren herausgebracht. John Fogerty begnügt sich seitdem damit, die glorreichen CCR-Jahre wiederauferstehen zu lassen. In Konzerten, obligatorisch im großkarierten Flanellhemd gekleidet, mit seinen Kindern an der Seite. Oder eben jetzt im Internet.