„Eigene Produktion von Masken ist sinnvoll“
Corona Interview mit Geschäftsführer Axel Theiler von der Buchloer Firma Mensch über den Mangel an Hygieneartikeln
Buchloe Bereits Anfang des Jahres schrieben die beiden Geschäftsführer der Buchloer Firma Mensch, Achim und Axel Theiler, an verantwortliche Politiker, dass die Corona-Epidemie in China hierzulande einen Mangel der Hygieneartikel auslösen könnte (wir berichteten). Noch jetzt, fünf Monate später, zeigt sich, dass der Warnruf offenbar gerechtfertigt war. Wie sprachen mit Axel Theiler über die momentane Situation.
Wie beurteilen Sie die Lage derzeit, nachdem Sie ja frühzeitig einen Warnruf abgegeben hatten?
Theiler: Wir sind froh, dass wir durch unseren Aufruf in den Medien den Ernst der Lage kommunizieren konnten. Das Gesundheitsministerium hat daraufhin auch reagiert und mit uns Kontakt aufgenommen. Die richtigen Maßnahmen wurden eingeleitet, um Nachschub an Schutzkleidung nach Deutschland zu holen. Mittlerweile läuft die Belieferung mit Mundschutz gut. Aktuell verlagert sich der Engpass aber leider auf die Versorgung mit Einweghandschuhen. Eine unserer Bestellungen mit einem Volumen von 20 Millionen Handschuhe wurde vom Produzenten storniert, weil die chinesische Regierung angewiesen hat, die Ware an andere Kunden zu verkaufen.
Der Markt ist extrem umkämpft. Qualitativ minderwertiger EinmalMundschutz von zweifelhaften Importeuren verunsichert die Bevölkerung und verärgert die professionellen Anwender im Gesundheitswesen. Dadurch entsteht ein unverhältnismäßiger Preisdruck auf unseren qualitativ hochwertigen medizinischen Mundschutz.
Was hier grundsätzlich sehr wichtig ist: Ein medizinischer Mundschutz hilft. Ein zertifizierter medizinischer Mundschutz hat eine Filterlage, die bis zu 98 Prozent der in der Atemluft liegenden Partikel filtert. Franz Mensch-Masken liegen sogar bei einer Filterleistung von bis zu 99 Prozent. Je besser die Filterleistung, desto weniger Viren kommen durch. Mundschutzmasken mit Filter schützen auf diese Weise sowohl den Träger selbst als auch dessen Mitmenschen. Voraussetzung ist, dass die Maske lückenlos an der Haut sitzt und an allen Seiten dicht abschließt. Nur ein
Bruchteil der aktuell angebotenen Masken hat eine derartige Filterlage. Sie sind daher kaum wirksamer als ein Stück Stoff. Deswegen wäre es ratsam, wenn bald auch die Bevölkerung medizinischen Mundschutz trägt.
Ist die Situation so dramatisch geworden, wie Sie befürchtet haben? Theiler: Ja, leider. Die Lage war besonders im Bereich der Arztpraxen und Altenheime sehr dramatisch. Im März und April haben uns täglich zahlreiche Hilferufe erreicht. Alle brauchten dringend Mundschutz und unsere Lagerbestände waren innerhalb weniger Tage vergriffen. Es dauerte mehrere Wochen, bis sich die Lage entspannte.
Was hätte besser gemacht werden können?
Theiler: Es ist schon im Februar wertvolle Zeit verstrichen, in der die Behörden die Versorgung mit Schutzkleidung nicht in die Hand genommen haben. Das waren insgesamt also mindestens sechs Wochen, in denen man sich in Sicherheit wähnte. Eine sofortige Kontaktaufnahme auf Regierungsebene mit China hätte Klarheit gebracht und das entschlossene Vorgehen, das erst im April einsetzte, vorgezogen. Damit hätte die LockdownZeit signifikant verkürzt werden können.
Deutschland steht im internationalen Vergleich dennoch relativ gut da – woran mag das liegen?
Theiler: Deutschland verfügt verglichen mit anderen Ländern über ein stabiles Gesundheitswesen. Wir haben hier sehr gut ausgebildete Ärzte, die die richtigen individuellen Maßnahmen getroffen haben. Auch der Zusammenhalt und das solidarische Verhalten während des Lockdowns haben wohl Schlimmeres verhindert.
Haben Sie Verständnis für die Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen? Theiler: Die Demonstrationen erscheinen mir von verschiedenen Interessengruppen ,gesteuert’. Man versucht, das Thema zu instrumentalisieren für das eigene Streben nach Einfluss. Ich habe den Eindruck, dass der weitaus größere Teil der Bevölkerung das jetzige Vorgehen der Regierung unterstützt und diese Demos ins Leere laufen.
Trotz der knappen Ressourcen hat die
Firma Mensch, nachdem Produktion und Lieferketten wieder funktionierten, vor Ort viel getan – wo haben Sie denn überall ausgeholfen?
Theiler: Die Menschen im Ostallgäu liegen uns besonders am Herzen, daher haben wir hier in enger Zusammenarbeit mit dem Landratsamt verschiedene Stellen mit Schutzkleidung unterstützt. Neben Altenheimen haben wir Mundschutzmasken für zahlreiche Arztpraxen hier im Landkreis zur Verfügung gestellt.
Dabei kamen Sie auch an Kapazitätsgrenzen. Wie viel mussten Sie Ihr Personal aufstocken – und bleibt das so? Theiler: Wir haben besonders im Logistikbereich Personal eingestellt. Insgesamt 20 Hilfskräfte sind seit Ende März bei uns und unterstützen das Lager. Die Logistik arbeitet immer noch im Zwei-Schicht-Betrieb, was auch noch die nächsten Wochen so bleiben wird. Aktuell sorgen Zollbestimmungen und das damit verbundene Neuetikettieren der Waren für ein immenses Arbeitspensum. Daher brauchen wir jede Hand, die im Lager mit anpackt.
Wie sollten aus Ihrer Sicht Konsequenzen aus der Corona-Krise aussehen?
Theiler: Im Gesundheitssektor ist eine echte Bevorratung mit Schutzkleidung sicherzustellen. Falls es wieder zu einem Engpass kommt, müssen Krankenhäuser hier besser vorbereitet sein. Um mehr Unabhängigkeit von China zu haben, ist es durchaus sinnvoll, Eigenproduktion an Masken in Deutschland aufzubauen, auf die im Bedarfsfall zugegriffen werden kann.