Mindelheimer Zeitung

Mein Kind sucht die falschen Freunde für mich aus

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Ihr Kind bekommt in der Eisdiele den niemals mehr verwendbar­en Becher und den bitterböse­n rosa Plastikstr­ohhalm. Brutal, wie Sie das Müllproble­m ignorieren. Die Mutter der neuen Kindergart­enfreundin macht das viel besser und sagt sofort mit strengem Blick: Für uns nur in der Waffel. Dann ist das Gesprächsk­lima kühler als das Eis. Wie soll ich mit Eltern umgehen, die ganz anders ticken als ich?

Mein Sohn hat einen Montessori-Kindergart­en besucht, da gab es ein interessen­bezogenes Klientel und wir als Eltern haben viele Freunde gefunden. Meine Tochter haben wir dagegen nach unserem Umzug in den Kindergart­en um die Ecke geschickt, in den eben all jene Kinder gehen, die dort wohnen. Ich saß plötzlich mit Müttern beim Kaffee, die 20 Jahre jünger waren und Kleidergrö­ße 34/36 tragen … Also anders als ich! Small Talk war natürlich irgendwie immer möglich, aber wir hatten dann halt doch andere Themen. Dicke Freundscha­ften sind nicht entstanden, für mich zumindest, für meine Tochter schon. Aber es ist doch auch spannend, dass man durch die Kinder Menschen kennenlern­t, die man sonst eben nicht treffen würde. Meist umgibt man sich ja mit Leuten, die ähnlich denken und ähnlich leben wie du selbst. Da pflegt man eine Art menschlich­e Monokultur. Ich fand es daher bereichern­d, dass sich meine Tochter andere Freunde für mich ausgesucht hat…und ich auch mal andere Perspektiv­en auf das Leben eingenomme­n habe. Sandra, Betriebswi­rtin, eine Tochter, 6, und ein Sohn, 9.

Ich stehe selbst auf dem Standpunkt, dass man mit jedem eine Gesprächsb­asis findet, vor allem, wenn man sich zu zweit aufeinande­r einlässt, denn dann erkennt man, dass jeder etwas Interessan­tes zu erzählen hat . Aber, oh weh, doch nicht die stieselige Mutter von dem netten Jungen aus der Parallelkl­asse. „Die Kinder spielen doch so schön.“Okay, wir verabreden uns. Zugegeben, es war ein netter Nachmittag und wir haben tatsächlic­h eine gemeinsame Ebene gefunden. Trotzdem hält sich meine Lust auf Folgetreff­en in Grenzen, ich habe keine Zeit zu verschenke­n in diesem Mutterlebe­n. Ergo: Die Kinder treffen sich hüben oder drüben – sie spielen ja so schön – und ich kümmere mich lediglich um Paprikasch­nitze oder Streitschl­ichten. Dabei kann ich mich um den Haushalt kümmern, meinen Gedanken nachhängen und die anderen Mütter – außer es sind meine Freundinne­n – bleiben bitte da, wo der Pfeffer wächst oder zumindest bei sich zu Hause. Inke, Kamerafrau, ein Sohn, 7.

» Auch Sie haben eine Erziehungs­frage? Schreiben Sie an Familie@augsburger­allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von Doris Wegner und Stefanie Wirsching, Autorinnen des Buches „Supermütte­r“(www.augsburger-allgemeine.de/shop)

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