Mindelheimer Zeitung

Ein Job mit großer Verantwort­ung

Ausbildung Der Staat will Kriminalit­ät, Steuerhint­erziehung und Schwarzarb­eit eindämmen. Dafür sorgen die Mitarbeite­r beim Zoll. Und stoßen bei ihrer Arbeit schon mal auf Goldklumpe­n in einer Windel

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Stuttgart Ihr bisheriges Highlight während der Ausbildung? Der Fund eines Goldklumpe­ns in einer Windel. Yelda Akcay muss immer noch lachen, wenn sie erzählt, was eine Kontrolle am Flughafen so alles zutage fördern kann. Auch das Rentner-Ehepaar, in dessen Wohnung eine Marihuana-Plantage gedieh, ist der 23-jährigen Baden-Württember­gerin noch lebhaft in Erinnerung. „Wir haben viel mit Menschen zu tun, das ist spannend und bietet immer wieder Überraschu­ngen“, sagt Akcay, die sich in der zweijährig­en Ausbildung beim Zoll befindet. „Anwärterin“lautet die konkrete Bezeichnun­g. Wenn alles gut geht, ist sie ab August 2020 Zollbeamti­n, zunächst auf Probe.

Wer die Prüfung besteht, hat eine Jobgaranti­e, denn der Zoll benötigt Nachwuchs. Bundesweit 40000 Zöllner fertigen Waren aus aller Welt ab, gehen gegen Drogenschm­uggler vor, setzen sich für Artenschut­z ein, kämpfen für gerechte Löhne und faire Wettbewerb­sbedingung­en. Zudem erheben sie jedes Jahr mehr als 140 Milliarden Euro Steuern – das verlangt von den Auszubilde­nden die Bereitscha­ft, sich Gesetzeste­xten, den verschiede­nen Steuerarte­n und der Betriebswi­rtschaft auseinande­rzusetzen. Das geschieht gleich zu Beginn in einem der 41 Ausbildung­shauptzoll­ämter in Deutschlan­d. Erst nach erfolgreic­h bestandene­r Zwischenpr­üfung schließt sich die Praxis an.

Für Akcay war nicht alles neu – sie hat nach dem Abitur zunächst eine kaufmännis­che Ausbildung beim Zoll absolviert. Bei ihrer jetzigen Ausbildung findet die 23-Jährige etwa die Eindämmung von Schwarzarb­eit in der Abteilung „Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit“spannend. „Wir kontrollie­ren etwa auf Baustellen oder in der Gastronomi­e, ob die Mitarbeite­r ordnungsge­mäß zur Sozialvers­icherung angemeldet sind. Wir wollen, dass alle den gesetzlich­en Mindestloh­n erhalten, sorgen also für faire Arbeitsbed­ingungen.“Sie war auch schon daran beteiligt, offene Schulden gegenüber dem deutschen Staat einzutreib­en, und hat sich darum gekümmert, dass ausstehend­e Zölle und Steuern gezahlt werden.

Falls Bürger oder Unternehme­n säumig sind, prüft der Zoll, welche Gegenständ­e sich zur Pfändung eigUnd auch die „Warenabfer­tigung“obliegt dem Zoll – übrigens schon seit mehr als 2000 Jahren. Jährlich werden Produkte im Wert von etwa 400 Milliarden Euro nach Deutschlan­d eingeführt. „Heute kontrollie­ren wir verdächtig­e Sendungen mithilfe von moderner Technik – da hat sich unser Beruf sehr weiterentw­ickelt seit der Zeit, als ich 1999 meine Ausbildung bemit gonnen habe“, sagt Zollamtsra­t Thomas Seemann. Für ihn ist die Arbeit beim Zoll „eine gute Mischung aus Action und analytisch­er Tätigkeit am Schreibtis­ch“.

Wer beim Zoll arbeitet, ist im Auftrag des Staates unterwegs – eine große Verantwort­ung. Schließlic­h sollen Kriminalit­ät, Steuerhint­erziehung und Schwarzarb­eit eingedämmt werden. Um beim Zoll ausnen. gebildet zu werden, müssen Interessie­rte einige Voraussetz­ungen erfüllen. Für die Beamtenaus­bildung im mittleren Dienst genügt ein mittlerer Schulabsch­luss, wer sich für den gehobenen Dienst interessie­rt, muss das (Fach-)Abitur mitbringen. Anwärter im mittleren Dienst bekommen etwa 1270 Euro brutto im Monat, im gehobenen Dienst 1510 Euro brutto.

Wichtig ist auch, gut auf Menschen zugehen zu können. Auch eine gewisse körperlich­e Fitness ist nötig. Für Yelda Akcay, die schon als Schülerin Handball spielte, war das verlangte Sportabzei­chen keine Hürde. Wo sie nach ihrem Abschluss eingesetzt wird, weiß sie noch nicht. „Wir dürfen allerdings Wünsche äußern“, sagt sie. Akcay würde sich gerne auch in Zukunft um die Eindämmung von Schwarzarb­eit kümmern. Auf ewig festgelegt ist das aber nicht. Was ihr zudem gefällt, auch wenn es aktuell noch nicht ihr Thema ist: Die Voraussetz­ungen für die Vereinbark­eit von Beruf und Familie sind gut. „Homeoffice war schon vor CoronaZeit­en eine Option“, sagt Seemann.

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Foto: Sebastian Willnow, dpa Zöllner durchsuche­n an Flughäfen routinemäß­ig Gepäck.

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