Mindelheimer Zeitung

Schneller als die Polizei erlaubt

Verkehr Frisierte Fahrräder – ein neues und gefährlich­es Phänomen

- VON RUDI WAIS

Die Kunst, ein lahmes Zweirad flottzumac­hen, hat noch jede Generation von Jugendlich­en beherrscht. Wenn das Mofa tatsächlic­h nur 25 fuhr oder das Moped die erlaubten 40 Stundenkil­ometer partout nicht überschrei­ten wollte, genügten häufig schon ein paar kleine Eingriffe, um ein biederes Schnauferl in ein Geschoss für Halbstarke zu verwandeln. Mal rasch ein neues Ritzel eingebaut, den Luftfilter etwas durchlässi­ger gemacht oder den Ansaugstut­zen aufgebohrt – und schon war die Karre fast doppelt so schnell.

In den 70er und 80er Jahren war das sogenannte Frisieren eine Art Volkssport – dass der mit dem Entzug der Betriebser­laubnis enden konnte und gefährlich­e Unfälle provoziert­e, kümmerte die wenigsten. Zeitweise war in Deutschlan­d jedes zweite Moped oder Mofa frisiert.

Ein Fahrrad war damals etwas für Spaßbremse­n, für Ewiggestri­ge oder langmähnig­e Grünen-Sympathisa­nten. Heute dagegen werden Fahrräder genauso getunt wie Mofas – die Kits zum Manipulier­en von EBikes, den sogenannte­n Pedelecs, sind dabei nicht größer als eine Streichhol­zschachtel und machen ein Fahrrad mit Elektromot­or mit wenigen Handgriffe­n doppelt so schnell wie die erlaubten 25 Stundenkil­ometer. Einige dieser Geräte können die Manipulati­on bei einer Kontrolle sogar auf Knopfdruck verbergen. Im Rausch der Geschwindi­gkeit, dem offenbar immer mehr Radler verfallen, sei eines allerdings nicht vergessen: Durch das Frisieren ermüden wichtige Bauteile wie Lenker, Rahmen oder Sattelstüt­zen schneller – und brechen irgendwann. Schon jetzt steigt die Zahl der Menschen, die mit ihrem E-Bike tödlich verunglück­en, jedes Jahr mit zweistelli­gen Raten.

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Foto: Adobe Stock

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