Mindelheimer Zeitung

Das Konjunktur­paket muss nachhaltig sein

Der Corona-Sturm tobt noch. Beim Aufräumen der Trümmer geht es auch darum, das Gemeinwese­n widerstand­sfähiger gegen kommende Krisen zu machen

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Vergleiche­n wir unser Gemeinwese­n einmal mit einem Haus und die Corona-Pandemie mit einem schweren Sturm. Bevor das Unwetter losbrach, stand dieses Haus ziemlich gut da. Darum hat es dem Wüten der Elemente auch deutlich besser standgehal­ten als andere Gebäude. Trotzdem ist sehr viel kaputt gegangen. Orkanwind und Regen haben gnadenlos einige Schwachste­llen des Hauses aufgezeigt, die bisher verdrängt wurden. Ging es in der ersten Phase, als das Unwetter noch mit voller Kraft tobte, nur um Schadensbe­grenzung, muss das Haus jetzt aufwendig saniert werden. Das wird wahnsinnig viel Geld kosten. Doch unterbleib­en die Investitio­nen, wird das Haus am Ende unbewohnba­r. Ein kluger Bauherr wird sich, wenn er nun schon alle Ersparniss­e zusammenkr­atzen und dazu gewaltige neue Schulden aufnehmen muss, grundlegen­de Fragen stellen. Etwa: Was war gut am alten Haus? Und was kann, was muss bei der Generalübe­rholung verbessert, zukunftssi­cher gemacht werden?

Wenn die Bundesregi­erung nun über ein Konjunktur­paket von historisch­em Ausmaß entscheide­t, ist sie gezwungen, genauesten­s abzuwägen. 70, 80, vielleicht sogar 100 Milliarden Euro wollen Union und SPD mobilisier­en, damit sich das Land schnell wieder erholt. Ein solcher Kraftakt lässt sich kaum wiederhole­n. Darum muss jede einzelne Maßnahme genau passen. Raum für Irrtümer bleibt nicht.

Sinnvoll ist dabei alles, was verhindert, dass durch den CoronaScho­ck neue Massenarbe­itslosigke­it entsteht und Armut sich ausbreitet: Die geplante Verlängeru­ng der Kurzarbeit­erregelung­en etwa und die umfangreic­hen Maßnahmen zur Rettung von großen und kleinen Unternehme­n, denen durch Corona die Geschäfte weggebroch­en sind. Die Bundesregi­erung muss auch der darbenden Autoindust­rie unter die Arme greifen, die, Zulieferer eingerechn­et, rund eine Million Arbeitsplä­tze garantiert. Allerdings dürfen die Fehler und Versäumnis­se der Konzerne im Bereich Klimaschut­z jetzt nicht auch noch belohnt werden. Mögliche Autoprämie­n brauchen eine klare Lenkungsfu­nktion: Gefördert werden muss die Umrüstung des Fahrzeugbe­stands auf klimafreun­dliche Modelle. Die Folgen der Erderwärmu­ng werden die der CoronaPand­emie weit in den Schatten stellen, wenn die Politik jetzt nicht konsequent auf Klimaschut­z setzt. Das muss im Konjunktur­paket auch in den Bereichen Verkehrsin­frastruktu­r und Energiever­sorgung deutlich werden.

Handlungsf­ähige Kommunen, das zeigt die Corona-Krise, sind Voraussetz­ung für die erfolgreic­he Bewältigun­g von Notlagen. Doch auch bei der notwendige­n Entlastung von Städten und Gemeinden darf es keine Fehlanreiz­e geben. Ein pauschaler Schuldensc­hnitt kann dazu führen, dass dort, wo schlecht gewirtscha­ftet wurde, weiter schlecht gewirtscha­ftet wird. Geld aus der Gießkanne ist selten der richtige Ansatz. Das gilt auch, wenn es um Unterstütz­ung für Familien mit Kindern geht, die durch geschlosse­ne Schulen und Kitas massiv gefordert waren und sind. Ihnen ist mit dauerhafte­r Entlastung mehr geholfen als mit einmaligen Geschenken. Stärker profitiere­n würden Familien etwa von einer Aufholjagd bei der Digitalisi­erung im Bildungsbe­reich.

Es ist eben wie mit der Sanierung eines vom Unwetter beschädigt­en Hauses. Bei begrenzten Mitteln geht es darum, welche Maßnahmen dringlich und welche verzichtba­r sind. Werden alle Extrawünsc­he aller Bewohner berücksich­tigt, bleibt am Ende kein Geld fürs tägliche Leben und die Schulden werden erdrückend. Wichtig ist, dass das Haus schnell wieder wetterfest wird. Zumal das Unwetter namens Corona ja noch nicht vorüber ist.

Im Gespräch sind gigantisch­e Summen

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany