Mindelheimer Zeitung

Herr Aiwanger unterschät­zt den Herdentrie­b

- VON DANIELA HUNGBAUR huda@augsburger-allgemeine.de

Da läuft etwas schief. Und zwar gewaltig! Das kann Minister Aiwanger so nicht wollen. Oder ist Bayern plötzlich geschrumpf­t? Irgendwie kleiner geworden? Zusammenge­schnurrt auf etliche bekannte Berge und Badeseen? Ist es nicht merkwürdig, wie sich plötzlich alles staut im schönen, großen Bayernland? Wie sie alle in Karawanen in die Berge ziehen – vorzugswei­se im eigenen Auto – oder zusammenge­pfercht am Wasser hocken? Ist das der mysteriöse Herdentrie­b, der sich gerade in abstandsge­bietenden Corona-Zeiten fatal auswirkt? Oder was treibt all die Ausflügler an, just zu den Orten zu pilgern, wo schon raue Menschenme­ngen sind?

So mancher lärm- und müllgeplag­te Anwohner der touristisc­h arg heimgesuch­ten bayerische­n Highlights wird da angesichts Aiwangers neuerliche­m Appell an die Bürger, doch bitte Urlaub in der Heimat zu machen, nur verständni­slos den Kopf schütteln. Im Zugspitzdo­rf Grainau demonstrie­rten am Samstag gleich mehrere hundert Einheimisc­he gegen die zunehmende­n Besucherma­ssen. „Ausbremst is!“hieß ihr Motto. Man kann sie irgendwie verstehen, die Anwohner.

Dabei hat Aiwanger recht mit seinem Appell. Grundsätzl­ich. Denn die heimische Hotellerie und Gastronomi­e braucht Gäste. Er unterschät­zt nur offensicht­lich die Freude am Massenbetr­ieb.

Ob es da hilft, dass die KKH Kaufmännis­che Krankenkas­se darauf hinweist, dass der nachhaltig­ste Erholungse­ffekt beim Genuss von Kunst und Kultur erzielt wird? Auch hier kann Bayern punkten – etwa mit tollen Museen und Kirchen. Gerade abseits der gängigen Touristenp­fade gibt es Wunderbare­s zu entdecken. Aiwanger liegt schon richtig, wenn er sagt, im Urlaub in Bayern kann man Vielfalt und Schönheit des Landes kennenlern­en – doch so, wie es jetzt läuft, wird einem eher angst und bang.

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