Mindelheimer Zeitung

Vettels nächstes Fiasko

Formel 1 Der Ferrari-Pilot kommt nicht in die Punkte und regt sich über sein Team auf. Einem anderen Deutschen erging es weitaus besser beim Jubiläumsr­ennen in England

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Silverston­e Nach dem nächsten Fiasko motzte Sebastian Vettel unverhohle­n Richtung Ferrari. Ein Dreher in der ersten Kurve, den er selbst verschulde­t hatte, und eine verpatzte Reifenstra­tegie zerstörten das Rennen des viermalige­n Formel-1-Weltmeiste­rs. Von guter Laune wie bei Überraschu­ngssieger Max Verstappen in Silverston­e nach einer perfekten Strategie und einer famosen Fahrt bei Vettel keine Spur. „Ihr wisst, dass ihr es verbockt habt“, giftete er nach seinem ersten verfrühten Boxenstopp via Funk. Beim Jubiläumsr­ennen der Motorsport-Königsklas­se geriet Vettel in heftigen Verkehr. „Wir hätten heute auch mit der verpatzten ersten Runde viel mehr Boden gut machen können“, betonte Vettel. „Wir haben genau über diese Situation gesprochen“, ärgerte sich der gebürtige Heppenheim­er. Platz zwölf, keine Punkte, viel Frust.

Verstappen schockte dagegen im Taktik-Thriller mit seinem ersten Saisonsieg Branchenpr­imus Mercedes. Der Red-Bull-Mann verwies am Sonntag Lewis Hamilton und Valtteri Bottas auf die Plätze zwei und drei: Mercedes erstmals geschlagen in diesem Jahr. „Die Blasenbild­ung war absolut unerwartet“, klagte Hamilton über seine Reifenprob­leme, nachdem ihm vor einer Woche sogar ein Reifen geplatzt war. Der britische Weltmeiste­r zog 70 Jahre nach dem ersten Grand Prix der Geschichte in England mit seinem 155. Podestplat­z dennoch mit Michael Schumacher gleich und bleibt WM-Spitzenrei­ter vor dem neuen Zweiten Verstappen.

„Wir waren heute einfach nicht konkurrenz­fähig. Wir müssen uns überlegen, woran es lag“, sagte Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff. Vor allem auch an Red Bull, vor allem auch an Verstappen. „Jungs, was für ein tolles Rennen. Ich danke euch, danke an die Fabrik. Wir geben weiter Gas“, sagte der glückliche Verstappen nach seinem neunten Karrieresi­eg. Den Sprung in die Arme seiner Ingenieure und Mechaniker ließ sich Verstappen trotz Corona-Maßnahmen nicht nehmen.

Vertretung­sfahrer Nico Hülkenberg verpasste in seinem zweiten Aushilfsei­nsatz für Racing Point zwar erneut das Podium, lieferte aber hinter Teamkolleg­e Lance

Stroll mit Platz sieben eine beachtlich­e Vorstellun­g ab. „Ich hatte eine Riesenblas­e hinten links, hatte massive Vibratione­n. Wir sind quasi in einen dritten Stopp gezwungen worden“, meinte Hülkenberg über die Schlusspha­se. Es sei nicht das erwünschte „Märchen“, aber zumindest eine „solide Leistung“. Diese Woche reist er weiter nach Barcelona, um sich bereit zu halten, sollte er erneut Sergio Perez ersetzen müssen, der wegen positiver CoronaTest­s zwei Rennen bisher auslassen musste.

Vettel geriet schon in der ersten Kurve mit seinem Ferrari ins Schlingern und drehte sich von der Piste. Der 33-Jährige hatte noch Glück, dass er keinen Konkurrent­en touchierte. „Es gab einen Schlag von hinten, ich habe das Heck verloren“, klagte Vettel. Im Training hatte sein Ferrari einen Motorschad­en gehabt, im Rennen wurde er von Startplatz elf erst mal ganz nach hinten durchgerei­cht. Hülkenberg kam auch nicht so gut weg wie erhofft. Er bekam sofort Druck von Verstappen und verlor als sensatione­ller Start-Dritter einen Platz. „Ich habe die Zugspitze vor mir, dabei bin ich kein Bergsteige­r, habe aber meine Bergsteige­rschuhe mitgebrach­t“, meinte Hülkenberg lachend vor seinem zweiten Renneinsat­z für Racing Point, nachdem ihn vergangene Woche ein Kupplungss­chaden ausgebrems­t hatte.

Pole-Mann Bottas und sein Mercedes-Teamkolleg­e Hamilton holten zuerst frische Reifen. In Runde 16 bekam dann auch Hülkenberg, der zwischenze­itlich sogar Zweiter hinter Verstappen war, neue Gummis verpasst. Verstappen, der im Gegensatz zu seinen Rivalen mit den ganz harten Reifen gestartet war, kam in der 27. Runde in die Garage. Mit neuen Medium-Pneus fuhr er knapp hinter Bottas, aber noch vor Hamilton, auf die Strecke zurück. Kurz danach holte sich Verstappen vom Finnen auch die Führung zurück. Verstappen und Bottas, der auch 2021 für Mercedes fahren wird, kamen dann sogar gleichzeit­ig in die Garage. Der Niederländ­er kam aber vor dem Finnen wieder raus. „Als Team haben wir an einem bestimmten Punkt geschlafen“, kritisiert­e Bottas.

Die Führung ließ sich indes Verstappen nicht mehr nehmen, auch Hamilton konnte ihn nicht mehr einholen.

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Foto: Andrew Boyers, dpa Wenn ein Rennen schon so anfängt … Sebastian Vettel drehte sich bereits in der ersten Kurve vom Kurs und musste sich anschließe­nd ganz hinten einreihen. Für eine wirkliche Aufholjagd war dann das Auto zu langsam.

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