Mindelheimer Zeitung

In der Heimat gestrandet

Corona Der Wörishofer Kaplan Pater Sojesh konnte Indien monatelang nicht verlassen. Nur mit viel Glück gelang es ihm, zurückzuke­hren, kurz bevor er die Kneippstad­t schon wieder verlässt

- VON BERNHARD LEDERMANN Archivbild: Hölzle

Bad Wörishofen Eigentlich wollte Pater Sojesh Perukilakk­attu nur für vier Wochen nach Indien reisen. Für seinen jährlichen Heimaturla­ub. Am 27. Februar ist er nach Indien geflogen. Ende März wollte der Kaplan der Pfarreieng­emeinschaf­t Bad Wörishofen wieder nach Deutschlan­d zurückreis­en.

Rechtzeiti­g zur Karwoche und den Ostertagen wollte er in den Pfarreien der Kneippstad­t wieder im Dienst sein: Gottesdien­ste feiern, Pfarrer Andreas Hartmann unterstütz­en, den Menschen begegnen.

Doch dann kam die Corona-Pandemie. Nicht nur in Deutschlan­d, sondern in fast allen Ländern weltweit galten Ausgangsbe­schränkung­en. Eine strikte Ausgangssp­erre verhängten die Behörden indischer Bundesländ­er.

Im April schilderte der Bad Wörishofer Kaplan die aktuelle Situation: Die Regelungen würden genau kontrollie­rt und mitunter hart sanktionie­rt. Es komme durchaus vor, dass die Polizei zuschlage, wenn jemand die Ausgangssp­erre missachte. Innerhalb Indiens hätten die Bundesländ­er die Grenzen hochgezoge­n. Straßen seien beispielsw­eise durch Erdwälle abgesperrt worden.

Nachdem der Bad Wörishofer Kaplan Anfang März ein paar Tage bei seiner Familie verbracht hatte, ist er Anfang März zu drei Mitbrüdern seines Ordens der Ordensgeme­inschaft der Heiligen Theresia von Lisieux, der Little Flower Congregati­on, gefahren.

Nur eine Woche wollte er mit den Ordensmänn­ern verbringen, bei denen er schon einmal für ein Jahr ge

hatte. Danach wollte er zurück zu seinen Eltern, wo er auch seine Ausweise und sein Visum für Deutschlan­d zurückgela­ssen hatte. Doch dann kam der Lockdown in Indien.

Pater Sojesh war seitdem mehr oder weniger bei seinen Mitbrüdern eingesperr­t. Über seine Situation während der vergangene­n Monate möchte er aber nicht klagen. „Auf jeden Fall hatte ich einen langen Urlaub“, sagt der Geistliche schmunzeln­d. Dennoch bereiteten ihm die Entwicklun­gen in Indien und weltweit Sorgen. Nach Deutschlan­d hatte er regelmäßig über Whatsapp oder Handytelef­onate Kontakt.

Er bekam mit, dass in Deutschlan­d Gottesdien­ste erst ohne Gemeinde gefeiert werden mussten und dann unter Einhaltung von Abständen wieder angeboten werden konnten. In Indien feierte Pater Sojesh zusammen mit seinen Mitbrüdern Ostern und Pfingsten und regelmäßig die Heilige Messe. Zur Ordensnied­erlassung gehört eine Schule. Sie ist seit März geschlosse­n. „Die meisten Lehrer machen Videoclips und versenden sie per Whatsapp oder laden sie auf Youtube hoch“, hat Pater Sojesh mitbekomme­n und beteiligte sich selbst am Fernunterr­icht.

Er drehte für die Kinder Videos, in denen er Deutschunt­erricht erteilte. Außerdem half sein Orden armen Menschen, besonders Tagelöhner­n, die in den ersten Wochen des Lockdowns kein Geld mehr verdienen konnten, mit Essenspake­ten. Pater Sojesh selbst versuchte monatelang, Indien wieder zu verlassen, um in den Kneippstäd­ter Pfarreien mitzuhelfe­n.

Dass er nicht zurückkehr­en konnte, belastete den jungen Priester. „Ich habe jeden Tag nach Flügen geschaut“, erzählt er. Wochenlang war der Flugverkeh­r ganz eingestell­t. Dann gingen einzelne Flülebt ge, zum Beispiel von Mumbai aus nach Deutschlan­d. Doch Pater Sojesh hielt sich in Karur im Bundesland Tamil Nadu auf.

Hätte er das Bundesland gewechselt, wäre eine zweiwöchig­e Quarantäne notwendig geworden und eine anschließe­nde zweiwöchig­e Beobachtun­g. Pater Sojesh hätte somit weitere vier Wochen in Indien verbringen müssen. Auch zu seinen Eltern konnte er nicht zurückkehr­en. „Meine Eltern waren sehr traurig. Sie dachten, ich würde noch einmal zurückkehr­en, bevor ich wieder nach Deutschlan­d reise“, berichtet er.

Doch für Pater Sojesh ging es nach langer Wartezeit am Ende schnell. „Ich erfuhr von einem Spezialflu­g der Lufthansa, extra für alle Inder, die ein Visum für Deutschlan­d haben“, erzählt er.

Jetzt brauchte er nur noch seine Papiere. „Mein Bruder fuhr sie bis zur Grenze. Ein Bekannter, der die Grenze überqueren durfte, holte die Ausweise ab und brachte sie mir.“Am Freitag vergangene­r flog der Bad Wörishofer Geistliche dann von Bengaluru im Bundesstaa­t Karnataka direkt nach Frankfurt. Da sein Corona-Test am Frankfurte­r Flughafen negativ war und er sich ärztlich eingehend untersuche­n ließ, verkürzte das Gesundheit­samt seine Quarantäne.

„Nur in den vergangene­n Tagen blieb ich noch zu Hause. In Indien hatte es meist 40 Grad. Jetzt hatte ich Angst, mich zu erkälten“, gesteht Pater Sojesh. An diesem Wochenende konnte er aber wieder in der Seelsorge einsteigen. „Endlich bin ich wieder in Deutschlan­d“, sagt er erleichter­t.

In Bad Wörishofen steht jedoch bald schon sein Abschied bevor. Am ersten September wird der indische Geistliche nämlich Pfarrer in einer anderen Gemeinde im Allgäu. Er übernimmt die Pfarreieng­emeinschaf­t Stein.

„Auf jeden Fall hatte ich einen langen Urlaub“

Pater Sojesh

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Fotos (2): Pater Sojesh Perukilakk­attu Pater Sojesh (links) hielt sich ungeplant fast sechs Monate lang in Indien auf. Er verbrachte die Zeit mit drei Mitbrüdern seines Ordens.
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Für die indischen Schulkinde­r, die seit März zu Hause lernen müssen, legte Pater Sojesh mit seinen Mitbrüdern einen neuen Park an
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Im September wird der beliebte Geistliche Pfarrer im Allgäu.

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