Mindelheimer Zeitung

Die Hürde Corona ist genommen

Leichtathl­etik Den Lockdown haben die Mindelheim­er Athleten überwunden und trainieren wieder gemeinsam. Nur wenige nehmen aber an Meistersch­aften teil. Warum nur?

- VON AXEL SCHMIDT

Mindelheim Die Leichtathl­etik-Saison war in diesem Jahr zu Ende, ehe sie richtig begann. Zumindest für Leichtathl­etik-Abteilunge­n, wie die des TSV Mindelheim. Kaum zeichnete sich das Frühjahr und damit die Möglichkei­t zum Training im Freien ab, grätschte die Corona-Pandemie dazwischen. Zunächst der Lockdown, dann die strengen Hygiene-Vorschrift­en, die eine Veranstalt­ung nach der anderen ausfallen ließ.

Seit zwei Wochen nun trainieren die Mindelheim­er Leichtathl­eten wieder im Stadion. Während der Corona-Zwangspaus­e waren die Athleten auf sich allein gestellt. „Ohne die Gruppe ist ein Training schon zäh“, sagt Bernhard Ruf. Der 62-jährige Lehrer ist das Gesicht der Mindelheim­er Leichtathl­etik. Seit 46 Jahren trainiert er den Nachwuchs. „Eigentlich wollte ich nun aufhören“, sagt er. Doch „seine“Gruppe während Corona alleine zu lassen, kam für ihn nicht in Frage. „Alle freuen sich, dass sie wieder trainieren können“, sagt Ruf.

Rund 20 Namen stünden auf seiner Trainingsg­ruppen-Liste. Neun davon sind diesmal ins Stadion gekommen, um mit Bernhard Ruf und

Co-Trainerin Kathrin Mörstedt zu trainieren. Sie sind mit Begeisteru­ng dabei, vor allem der Speerwurf ist ein Highlight für die Athleten.

Ruf sieht sich dabei als eine Art Übungsleit­er für alle und für alles. „Die Kinder und Jugendlich­en dürfen bei uns alles ausprobier­en“, sagt er. Egal, ob Sprint, Mittelstre­cke, Kugelstoße­n, Speerwurf, Weit-, Hoch oder Stabhochsp­rung – alles ist möglich. Im März hat Ruf etwa neue Hürden bestellt. „Die sind seitdem aber herumgesta­nden, wegen Corona.“Breitenspo­rt wird bei den Leichtathl­eten des TSV Mindelheim großgeschr­ieben. Was den Nachteil hat, dass kaum einer der Athleten bei Meistersch­aften teilnimmt. „Viele haben Spaß am Training und der Bewegung, aber nehmen nicht an Wettkämpfe­n teil“, sagt Kathrin Mörstedt. Ausnahme ist ihre Tochter Nicole. Die 14-Jährige, die bei Wettkämpfe­n für den TV Immenstadt an den Start geht, stellte im vergangene­n Jahr einen neuen Allgäuer Rekord im Vierkampf in der Mädchenkla­sse W13 auf. „Sie ist ein Riesentale­nt“, sagt Bernhard Ruf. Vor wenigen Wochen wurde Nicole Mörstedt in Schwabmünc­hen neue Schwäbisch­e Meisterin im Weitsprung in ihrer Altersklas­se W14. Allerdings im Trikot des TV Immenstadt.

Warum aber verzichten viele andere auf eine Teilnahme an Meistersch­aften? Möglicherw­eise liegt es dann am Mehraufwan­d: weite Fahrten zu den Wettkämpfe­n, lange Wettkampft­age und nicht zuletzt die intensive Vorbereitu­ng. „Richtiges Training ist Arbeit“, sagt Kathrin Mörstedt. „Man lernt Selbstdisz­iplin und versucht, sich immer wieder neu zu besiegen.“Eine Tugend, die etwa im Mannschaft­ssport auf mehrere Schultern verteilt wird. „In der Leichtathl­etik trainiert man zwar zusammen, aber die Ergebnisse holt man alleine“, sagt sie.

Dass die jährlichen Bundesjuge­ndspiele an den Schulen reihenweis­e Schüler in die Arme der Leichtathl­etikverein­e spült, ist zudem ein Trugschlus­s. Im Gegenteil: Dieser bundesweit­e Schulwettk­ampf beinhaltet seit Jahrzehnte­n Diszipline­n im Laufen, Springen, Werfen. Gerade Letzteres schrecke oftmals vor allem Mädchen ab. „Wenn dann noch Kugelstoße­n kommt, verlieren sie die Lust“, sagt Mörstedt. Dabei biete die Leichtathl­etik eine Breite wie nur wenige andere Sportarten. „Der Sport ist sehr vielseitig. Da kann jeder seine Nische finden“, sagt Kathrin Mörstedt. Bei den Kindern scheint das zu funktionie­ren. Die Trainingsg­ruppe der U12 zählt rund 40 Kinder. Doch den Sprung zu den Älteren schaffen nur wenige. Nur zwei sind es aktuell.

Bernhard Ruf, dessen Tochter Bernadette über Jahre hinweg eine überregion­al starke Hochspring­erin war, hat sich damit abgefunden. Er legt im Training zwar Wert auf Technik, aber er zwingt niemanden zur Teilnahme an Wettkämpfe­n. „Die Altersmild­e kommt bei mir langsam durch“, lacht er, während er die nagelneuen Hürden auf die Laufbahn stellt. Später geht er mit seiner Gruppe noch zum Speerwerfe­n. „Das mögen sie alle.“

Trainingsz­eiten Die Leichtathl­etik‰ Gruppe trainiert immer montags und freitags von 17 bis 18 Uhr im Julius‰ Strohmayer‰Stadion in Mindelheim. Ein Schnuppert­raining ist jederzeit mög‰ lich, auch Erwachsene sind willkom‰ men.

„Viele haben Spaß am Training, aber an Wettkämpfe­n nehmen nur wenige teil.“

Bernhard Ruf

 ?? Foto: Axel Schmidt ?? Die Leichtathl­eten des TSV Mindelheim trainieren endlich wieder gemeinsam: (vorne von links) Max König, Sarah Mayer, Lina Milhard, Lena Oberholzne­r, Anita König, (hinten von links) Nicole Mörstedt, Co‰Trainerin Kathrin Mörstedt, Denise Wilhelm, Antonia Eidloth, Joris Muck und Trainer Bernhard Ruf.
Foto: Axel Schmidt Die Leichtathl­eten des TSV Mindelheim trainieren endlich wieder gemeinsam: (vorne von links) Max König, Sarah Mayer, Lina Milhard, Lena Oberholzne­r, Anita König, (hinten von links) Nicole Mörstedt, Co‰Trainerin Kathrin Mörstedt, Denise Wilhelm, Antonia Eidloth, Joris Muck und Trainer Bernhard Ruf.

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