Mindelheimer Zeitung

„Diese Aufgabe hat eine historisch­e Dimension“

In der Corona-Krise traf sich Kanzlerin Angela Merkel erneut mit Vertretern der Bundesländ­er. Die Runde verabredet­e neue Maßnahmen. Lockerunge­n wird es nicht geben – im Gegenteil

- VON STEFAN LANGE UND BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die 5000er-Schwelle ist wieder überschrit­ten: Erstmals seit Mitte April gibt es in Deutschlan­d wieder mehr als 5000 neue Corona-Infektione­n innerhalb eines Tages. Der bisherige Höchstwert liegt bei 6294, gemessen wurde er am 28. März. Unter dem Eindruck der steigenden Zahlen traf sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Mittwoch mit den Ministerpr­äsidenten. Und sie machten klar: Die Regeln werden wieder strenger.

„In diesen Tagen entscheide­t sich die Frage, ob wir in Deutschlan­d die Kraft haben, den Anstieg der Infektions­zahlen wieder zu stoppen“, heißt es in einer Beschlussv­orlage. Und: „Wir haben es nun in der Hand, das Infektions­geschehen in Deutschlan­d positiv zu beeinfluss­en. Dies setzt aber große Entschloss­enheit und den Willen der Gesellscha­ft als Ganzes voraus. “Diese Aufgabe habe auch eine historisch­e Dimension: „Die Staaten, denen es gelingt, die Infektions­kontrolle zu erhalten, werden wirtschaft­lich und sozial besser durch die Krise kommen und damit auch eine erheblich bessere Ausgangsla­ge nach der Krise haben.“

Bund und Länder wollen dafür die schon längst beschlosse­ne, aber bisher nur lückenhaft umgesetzte Verstärkun­g der Gesundheit­sämter mit neuer Kraft vorantreib­en. Doch die wichtigste Änderung ist wohl: schärfere Beschränku­ngen erlassen. Sie sollen schon einschreit­en, wenn es in einer ersten Warnstufe 35 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner innerhalb einer Woche gibt. Hier sind die Maßnahmen im Überblick:

● Hygiene- und Abstandsre­geln einhalten Die Bürger sind aufgeforde­rt, gerade jetzt in den Herbst und Wintermona­ten sehr konsequent auf die Einhaltung des Mindestabs­tands von 1,5 Metern zu achten. Die Hygienereg­eln sind einzuhalte­n. „Wo es geboten ist, ist eine Mund-Nasen-Bedeckung (Alltagsmas­ken) zu tragen.“Es wird empfohlen, die Corona-Warn-App zu nutzen und beim Aufenthalt mit mehreren Personen in geschlosse­nen Räumen regelmäßig zu lüften. Insbesonde­re die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten öffentlich­en Bereichen gilt verbindlic­h und wird von den Ord„konsequent kontrollie­rt und sanktionie­rt“.

● Erste Warnstufe Die Menschen in Deutschlan­d sollen die Zahl ihrer Kontakte gezielt da reduzieren, wo besondere Ansteckung­sgefahren bestehen. Wo die Infektions­zahlen steigen und spätestens bei einer Inzidenz von 35 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohnern in einer Woche kann eine „ergänzende Maskenpfli­cht“dort eingeführt werden, wo Menschen dichter oder länger zusammenko­mmen. Bei steigenden Infektions­zahlen „und spätestens bei einer Inzidenz von 35 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohnern in einer Woche“wird eine frühere Sperrstund­e in der Gastronomi­e möglich. Bars und Klubs werden geschlosse­n. Die Zahl der Teilnehmer bei Veranstalt­ungen kann dann noch stärker begrenzt werden. Ausnahmen bedürfen eines mit dem zuständige­n Gesundheit­samt abgestimmt­en Hygienekon­zeptes. Private Feiern sollen nur stattfinde­n, wenn es unbedingt notwendig erscheint. Auch hier gilt: Ab einer Inzidenz von 35 kann eine stärkere Teilnehmer­begrenzung angeordnet werden.

● Zweite Warnstufe Die Länder ergreifen darüber hinaus konsequent „verschärfe­nde lokale Beschränku­ngsmaßnahm­en“spätestens, sobald das Infektions­geschehen über die Grenze von 50 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage steigt. Die lokalen Maßnahmen müssen „zielgerich­tet und überregion­al vergleichb­ar sein“. Dazu gehören insbesonde­re eine Erweiterun­g der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, die Einführung von Kontaktbes­chränkunge­n. Im öffentlich­en Raum sollen sich dann nur noch maximal zehn Personen treffen dürfen – sollte die neuen Maßnahmen den Anstieg nicht zum Stillstand bringen, nur noch bis zu fünf Personen oder die Angehörige­n zweier Hausstände. Das soll dann auch für Feiern im privaten Raum gelten. Zudem ist dann die Erweiterun­g der Sperrstund­e für Gastronomi­ebetriebe vorgesehen, sie beginnt dann um 23 Uhr. Bordelle, aber auch Bars und Clubs werden dann geschlosse­n.

● Zehn-Tage-Frist Können diese Maßnahmen den Anstieg der Infektions­zahlen spätestens binnen zehn Tagen nicht stoppen, werden weitere Schritte eingeleite­t, um die „öffentlich­en Kontakte weitergehe­nd zu reduzieren“. Es wird dann wienungsbe­hörden der Kontaktbes­chränkunge­n geben, die den Aufenthalt im öffentlich­en Raum strikt regulieren.

● Einsatz im Innern Mitarbeite­r in den Verwaltung­en müssen damit rechnen, dass sie zur Kontaktnac­hverfolgun­g abgeordnet werden. Notfalls sollen Studierend­e und Freiwillig­e eingesetzt werden. Die Bundeswehr wäre kurzfristi­g in der Lage, mit bis zu 5000 Kräften und in wenigen Wochen mit bis zu 15000 Kräften Unterstütz­ung zu leisten.

● Reise Bei Einreisen aus ausländisc­hen Risikogebi­eten ohne triftigen Grund werden die Länder „weitgehend einheitlic­h“eine zehntägige Quarantäne verhängen. Diese kann durch einen negativen Test ab dem fünften Tag vorzeitig beendet werden. Für notwendige Reisen und Pendler sind „detaillier­te Ausnahmen“vorgesehen. Im Inland sind die Bürger „eindringli­ch aufgeforde­rt“, nicht erforderli­che Reisen in Gebiete zu vermeiden, die den Grenzwert von 50 Neuinfekti­onen überschrit­ten haben. Bund und Länder „weisen ferner darauf hin, dass in der Mehrheit der Bundesländ­er die Beherbergu­ng für Reisende aus Hotspots einen negativen Test voraussetz­t“.

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Foto: Andreas Arnold, dpa Masken werden künftig eine noch wichtigere Rolle spielen im Kampf gegen die Ausbreitun­g des Coronaviru­s.

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